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  • AutorenbildWalter Gasperi

Die Filme des Jahres 2022


Drive My Car (Ryusuke Hamaguchi)

Starke Filme gab es 2022 zahlreiche, zunehmendes Problem ist aber ihre mangelnde Sichtbarkeit: Bei einer Überfülle an wöchentlichen Neustart verschwinden die Filme oft allzu rasch wieder aus den Kinos, andere geben Streamingdienste – wenn überhaupt - nur für eine kurze Kinoauswertung frei und wieder andere laufen nur noch auf Festivals: Eine subjektive Liste der Top 25.


Für jeden bot dieses Filmjahr wohl etwas. Ein meisterhaftes Schuld-Sühne-Drama von Paul Schrader gab es mit "The Card Counter" ebenso wie mit "The Batman" einen großartigen düsteren Thriller, einen furiosen Ritt durch unterschiedlichste Parallelwelten, ein packendes Sozialdrama von Stéphane Brizé, eine hinreißende Teenagerkomödie von Paul Thomas Anderson oder ein wunderbar befreiter und verspielter Film aus Georgien. – Den insgesamt stärksten Eindruck hinterließ aber wohl Ryusuke Hamaguchis "Drive My Car", auch wenn man diesen aufgrund seines Starts um die Jahreswende auch zu den besten Filmen des Vorjahres zählen könnte:


1. Drive My Car: Drei Stunden lang und keine Minute zu lang – Ryusuke Hamaguchis meisterhaftes Drama über Trauer, Schuldgefühle, verfehlte Kommunikation und Neubeginn

2. Was sehen wir, wenn wir zum Himmel schauen: Alexandre Koberidze erzählt eine unmögliche Liebesgeschichte in der georgischen Stadt Kutaissi, legt gleichzeitig einen großen Fußballfilm vor und demonstriert vor allem die Möglichkeiten abseits von allen Drehbuchkonventionen völlig befreit zu erzählen.

4. The Card Counter: Paul Schrader legt mit Oscar Isaac in der Hauptrolle ein konzentriertes und dichtes Schuld-Sühne-Drama vor.

5. Passagiere der Nacht – Les passagers de la nuit: Wie hingetupft und federleicht: Mikhaël Hers begleitet eine etwa 50-jährige Frau, die nach der Trennung von ihrem Mann erst langsam einen neuen Lebensweg finden muss, und ihre beiden fast erwachsenen Kinder durch das Paris der 1980er Jahre.


6. The Tragedy of Macbeth: Joel Coens herausragende Adaption von William Shakespeares klassischer Komödie.

7. Everything Everywhere All at Once: Daniel Kwan und Daniel Scheinert jagen Michelle Yeoh in diesem Feurerwerk des Einfallsreichtums durch unterschiedlichste Parallelwelten.

8. Licorice Pizza: Paul Thomas Anderson beschwört in seiner luftig-leichten Komödie über eine Teenagerliebe mitreißend die Stimmung im Kalifornien der 1970er Jahre.

9. The Batman: Matt Reeves inszeniert "Batman" nicht als Superheldenfilm, sondern als packenden und bildgewaltigen Film noir.

10. Vortex: Gaspar Noés unerbittlich realistischer und dokumentarisch genauer Blick auf ein altes Paar, dem durch Krankheit die Beziehung und das Leben langsam abhanden kommen.


11. Unrueh: Cyril Schäublins formal außergewöhnlicher und inhaltlich vielschichtiger historischer Film über eine Zeitenwende in der Uhrenindustrie und in der Gesellschaft.

12. Nope: Jordan Peele verbindet souverän bildmächtiges Spannungskino mit einer kritischen Reflexion über die Gier von Filmbusiness und Publikum nach Spektakel.

13. Bones and All: Luca Guadagnino verknüpft souverän Coming-of-Age-Geschichte, Roadmovie, zärtlichen Liebesfilm und blutigen Body-Horror zu einem bildmächtigen und intensiven Kinoerlebnis.

14. Abteil Nr. 6: Juho Kuosmanens in seiner Einfachheit und Zärtlichkeit beglückender Zugfilm, der vor winterlich kalter und trister Kulisse ganz auf die Dynamik menschlicher Beziehungen fokussiert.

15. Un autre monde: Ein Manager zwischen Firmenleitung, Arbeitern und Familie. - Meisterhaftes Sozialdrama von Stéphane Brizé


16. Un beau matin – An einem schönen Morgen: Ganz alltäglich, aber gerade dadurch bewegend: Mia Hansen-Løves leichthändiges Drama über eine alleinerziehende Mutter zwischen Fürsorge für den pflegebedürftigen Vater, achtjähriger Tochter und neuer, leidenschaftlicher Liebe.

17. Boiling Point: Furioses, in einer Einstellung gedrehtes Drama über die langsam eskalierende Situation in einem Londoner Nobel-Restaurant.

18. Drii Winter: Rauer, aber intensiver Schweizer Heimat- und Liebesfilm: Authentisch, kraftvoll und fern von jedem Kitsch.

19. Les Olympiades – Wo in Paris die Sonne aufgeht: Jacques Audiards visuell betörender und frei dahinfließender Reigen mehrerer Pariser Liebesgeschichten.

20. Corsage: Formal streng und von Vicky Krieps in der Hauptrolle herausragend gespielt: Marie Kreutzer zeichnet ein starkes Bild von Kaiserin Elisabeth fern von Sissi-Kitsch.


21. Alcarrás – Die letzte Ernte: Famoser, bestechend ausgewogener Ensemblefilm um eine spanische Bauernfamilie, deren Pfirsichplantage Solarpaneelen weichen soll.

22. Illusions perdues – Verlorene Illusionen: Xavier Giannoli gelang dank geschickter Akzentuierung der aktuellen Momente von Honoré de Balzacs Roman, prachtvoller Ausstattung, pointierter Inszenierung und glänzender Besetzung eine brillante Gesellschaftssatire.

23. She Said: Maria Schrader gelang ein stark gespielter und gerade durch seine Nüchternheit packender Journalismusthriller um die Anfänge von #metoo.

24. A Chiara: Jonas Carpignano mischt gekonnt Coming-of-Age-, Familien- und Mafiageschichte mit zupackender und authentischer Inszenierung zu einem dichten und engagierten sozialkritischen Kinostück.

25. Guillermo del Toros Pinocchio: Großartige Stop-Motion-Animation und aufregend-düstere Neuinterpretation der klassischen Geschichte um den hölzernen Jungen.

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