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  • AutorenbildWalter Gasperi

Die Filme des Jahres 2021


Titane (Julia Ducournau)

Mehrere Monate waren die Kinos am Anfang des Jahres wegen Corona geschlossen – doch dann ging es rund und ein Highlight jagte das nächste. Die Startverschiebungen aufgrund der Pandemie führten fast schon zu einem Überangebot und selten reich präsentierte sich das Filmjahr 2021: Eine subjektive Liste der Top 20.


Die Vielfalt vom verwegenen Bodyhorror-Film bis zum großen Dokumentarfilm über eine Schulklasse und vom bildmächtigen Ritterfilm bis zum extrem zurückgenommenen Beziehungsfilm erschwert eine Reihung. Problemlos könnte man so zumindest innerhalb der Fünferblöcke auch Verschiebungen vornehmen (und manche wie Ryusuke Hamaguchis hochgelobter, aber erst Ende Dezember gestarteter "Drive My Car" konnten nicht berücksichtigt werden):


1. Titane: Kein anderer Film riskierte in diesem Jahr wohl so viel, war so verwegen und kühn wie Julia Ducournaus ebenso verstörend brutaler wie zärtlicher Cannes-Sieger

2. Das Mädchen und die Spinne: Aus einem Wohnungsumzug machen die Brüder Ramon und Silvan Zürcher ein beglückend unspektakuläres, wunderbar sanftes und genaues filmisches Kleinod.

3. The Green Knight: Ein Ritterfilm näher bei Bressons "Lancelot du Lac" und Tarkowskijs "Andrej Rubljow" als beim Mainstream: David Lowery gelang ein bildgewaltiges und poetisches Meisterwerk abseits aller ausgetretenen Pfade.

4. Herr Bachmann und seine Klasse: 217 Minuten lang und keine Minute Langeweile…. und dabei beschränkt sich Maria Speth darauf einen Lehrer und seine Klasse zu beobachten. – Ein Meisterstück des Dokumentarfilms. (Besprechung folgt)

5. Martin Eden: Pietro Marcellos Jack London-Adaption bietet von allen Konventionen befreites, furios inszeniertes Kino.


6. Nomadland: Ziemlich einzig- und großartig, wie bei Chloé Zhao Dokumentarisches und Fiktives zu einem großen Panorama des Lebens am Rande der US-Gesellschaft zusammenfließen.

7. The Power of the Dog: Jane Campion verhandelt in ihrem langsamen, aber intensiven, großartig gespielten und bildmächtigen Post-Western differenziert Rollen- und Geschlechterbilder.

8. First Cow: Kelly Reichardts Anti-Western bietet von sanftem Humor durchzogenes Kino der Entschleunigung, das auch von den Mechanismen des Kapitalismus erzählt.

9. Fabian oder der Gang vor die Hunde: Dominik Grafs Adaption von Erich Kästners Roman ist keine biedere Literaturverfilmung, sondern ein filmisch vielfältiger großer Wurf, der atmosphärisch dicht die Zeit der späten Weimarer Republik evoziert.

10. Gagarine: Einfach begeisternd, wie Fanny Liatard und Jérémy Trouilh Sozialdrama, zarte Liebesgeschichte und Märchenhaftes zu einem ebenso ungewöhnlichen wie poetischen Film mischen.


11. Petite Maman: Nur gut 70 Minuten lang ist Céline Sciammas Film, aber eine wunderbar zarte und feinfühlige Auseinandersetzung mit Kindheit und Mutter-Tochter-Beziehungen.

12. The French Dispatch: Wes Andersons filmische Wundertüte, lebt nicht nur von stupender Liebe zum Detail, sondern auch und vor allem von schier grenzenlosem Einfallsreichtum und herrlich skurrilen Figuren.

13. Quo vadis, Aida?: Die quasidokumentarische Genauigkeit, mit der Jasmila Zbanic die letzten Stunden vor dem Massaker von Srebrenica nachzeichnet, erschüttert nachhaltig.

14. Große Freiheit: Sebastian Meise erzählt mit den zwei herausragenden Hauptdarstellern Franz Rogowski und Georg Friedrich und klug verschachtelten Episoden bewegend von Liebessehnsucht und staatlicher Repression gegenüber Homosexuellen im Nachkriegsdeutschland.

15. The Father: Florian Zeller schafft irritierendes Kino, indem er das Publikum in die Wahrnehmung eines an Alzheimer leidenden Mannes versetzt.


16. The Last Duel: Ridley Scott verpackt in einen Ritterfilm perfekt aktuelle Fragen und regt mit Perspektivenwechsel zum Nachdenken über die Schwierigkeit der Wahrheitsfindung an.

17. Madres paralelas – Parallele Mütter: Ein weiteres visuell brillantes und großartig gespieltes Drama von Pedro Almódovar um Mutterschaft, Identitäten und Familienkonzepte

18. Nowhere Special: Uberto Pasolinis leise Vater-Sohn-Geschichte besticht durch seine unspektakuläre und unsentimentale Erzählweise und zwei großartige Hauptdarsteller.

19. Hinterland: Die Handlung von Stefan Ruzowitzkys in Wien nach dem Ersten Weltkrieg spielenden Serienkillerfilm mag nicht viel Neues bieten, doch die sich am Expressionismus orientierende visuelle Gestaltung beeindruckt und bleibt haften.

20. Gli anni piu belli – Auf alles, was uns glücklich macht: Gabriele Muccinos sich über 40 Jahre spannende Geschichte von vier Freunden bietet großes und mitreißendes Erzählkino.


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