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78. Locarno Film Festival: Langatmige armenische Spurensuche zur Eröffnung

  • Autorenbild: Walter Gasperi
    Walter Gasperi
  • 7. Aug.
  • 2 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 16. Aug.

78. Locarno Film Festival: Thematisch spannende, aber zähe Eröffnung mit "Le pays d´Arto"
78. Locarno Film Festival: Thematisch spannende, aber zähe Eröffnung mit "Le pays d´Arto"

Tamara Stepanyan schickt in ihrem Spielfilmdebüt "Le pays d´Arto" eine Französin nach Armenien, um der Geschichte ihres verstorbenen Mannes nachzuspüren: So spannend der Blick auf das im Westen kaum beachtete Land sein könnte, so einförmig und langatmig ist die Erzählweise dieses Roadmovies.


Jedes große Filmfestival will als Eröffnungsfilm eine Weltpremiere zeigen, gleichzeitig besteht dabei freilich die Gefahr, dass man sich mit einem mittelmäßigen Film zufrieden geben muss, denn die wirklich großen Highlights sichern sich zumeist die ganz großen Festivals wie Cannes, Venedig oder Toronto. Dieses Problem zeigt sich auch bei Tamara Stepanyans "Le pays d´Arto", mit dem auf der rund 7000 Zuschauer:innen fassenden Piazza Grande das 78. Locarno Film Festival eröffnet wurde.


Mit einer Zugfahrt der Französin Céline (Camille Cottin) durch Armenien werden die Zuschauer:innen schon in der ersten Szene auf die Perspektive des Films eingeschworen. Mit den Augen dieser Ausländerin blickt man auf Land und Leute und taucht auch zunehmend in die Probleme des vom Krieg mit Aserbeidschan gezeichneten Landes ein.


Céline will nur die Geburtsurkunde ihres verstorbenen Mannes bestätigen lassen, damit ihre beiden Kinder auch die armenische Staatsbürgerschaft annehmen können. Doch auf der Behörde muss sie erfahren, dass es einen Mann mit dem angegebenen Namen nicht gibt. Als unter einem anderen Namen doch jemand entdeckt wird, hinter dem sich wohl ihr Mann verbirgt, ist Célines Interesse geweckt und sie will Näheres erfahren.


Wie bei einer Schnitzeljagd wird sie nun von einer möglichen Informationsquelle zur nächsten verwiesen und erfährt nicht nur sukzessive mehr über die Aktivitäten ihres Mannes 1993 im ersten Krieg um Bergkarabach, sondern taucht auch in die aktuellen Spannungen und Traumatisierungen des durch den Krieg ebenso wie die durch die Zerstörungen durch das Erdbeben von 1988 erschütterten Landes ein.


Als klassisches Roadmovie ist das inszeniert und die Bilder der prächtigen, weitgehend unberührten Berglandschaft stehen in scharfem Kontrast zur bedrückenden Situation der Menschen. Durchaus spannend ist "Le pays d´Arto" zwar einerseits im Blick auf ein Land, über das man im Westen nur wenig hört und kaum etwas weiß, bleibt dabei aber letztlich oberflächlich und vermittelt kein komplexes und atmosphärisch dichtes Bild.


Kaum echtes Profil gewinnen die Figuren, auch die Protagonistin hat einzig die Funktion die Geschichte zu transportieren, entwickelt sich aber nicht zum starken Charakter, der fesseln könnte. Zu offensiv trägt Tamara Stepanyan zudem ihr Anliegen vor, das Schicksal Armeniens und der Armenier:innen sichtbar zu machen.


Gut gemeint ist so das Spielfilmdebüt der 1982 in Armenien geborenen und 1994 mit ihren Eltern in den Libanon ausgewanderten Regisseurin zweifellos, doch mit der einförmigen und zähen Erzählweise, bei der Céline von Begegnung zu Begegnung nicht nur tiefer in die armenischen Verhältnisse, sondern auch geographisch schließlich in die Konfliktregion Bergkarabach kommt, stellt sich bei den Zuschauer:innen doch zunehmend Ermüdung ein.



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