Viennale 2025: Spannende Vielfalt – Eine Vorschau
- Walter Gasperi

- 8. Okt.
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 27. Okt.

Die 63. Viennale (16.10. – 28.10. 2025) bietet wieder ein dicht bepacktes Programm mit heurigen Festival-Hits, filmhistorischen Schwerpunkten und Premieren vor allem neuer österreichischer Filme. – Der Kartenvorverkauf startet am Samstag, dem 11.10.
Nach der Alge "delesseria lancifolia" im letzten Jahr ziert das Plakat der heurigen Viennale mit einem Fuchs, der sich totstellt, um einen Vogel anzulocken ein Sujet aus einer französischen Ausgabe des "Physiologus" aus dem 13. Jahrhundert. Die vielfältigen Assoziationen, die dieses Bild wecken kann und soll, verweisen schon auf die Vielfalt des Programms.
Dass beim Wiener Filmfestival die Großen des aktuellen Weltkinos eine zentrale Rolle spielen, macht aber auch schon der Trailer deutlich, für dessen Gestaltung man heuer die britische Regisseurin Joanna Hogg gewinnen konnte. Weil die Viennale kein klassisches Premierenfestival mit großem Wettbewerb ist, kann man auch bei der Filmauswahl die Perlen von anderen Festivals herauspicken.
Passend zur Ernennung von Christian Petzold zum Viennale-Präsidenten im Mai wird mit "Miroirs No. 3" der neue Film des 65-jährigen Deutschen das heurige Festival eröffnen. Für einen weiteren Höhepunkt wird sicherlich auch Mascha Schilinskis grandioses Frauendrama "In die Sonne schauen" sorgen. Aber auch Jafar Panahis Cannes-Siegerfilm "It´s Just an Accident" und Joachim Triers fein gewobenes Familiendrama "Sentimental Value" werden ihre Österreich-Premiere feiern.
Jim Jarmuschs Venedig-Sieger "Father Mother Sister Brother" wird ebenso geboten wie Park Chan-woks schwarzhumorige Satire "No Other Choice" oder Alexandre Koberidzes entschleunigtes Roadmovie "Dry Leaf". Richard Linklater ist sowohl mit "Nouvelle Vague" vertreten, der sich der Entstehung von Jean-Luc Godards "Außer Atem widmet, als auch mit dem großartigen Kammerspiel "Blue Moon".
Den japanischen Locarno-Sieger "Tabi to Hibi" ("Two Seasons, Two Strangers") kann man ebenso entdecken wie Derek Cianfrances Krimi "Roofman", Luca Guadagninos Thriller "After the Hunt", François Ozons Neuverfilmung von Albert Camus "Der Fremde" ("L´étranger") oder Yorgos Lanthimos´ Komödien-Horror-Science-Fiction-Mix "Bugonia". Nur eine kleine Auswahl an Festival-Hits im Viennale-Programm ist das.
Da diese Filme großer Regisseur:innen zum großen Teil in den nächsten Monaten sowieso in die Kinos kommen werden, kann es bei der Viennale aber durchaus reizvoll sein, den Blick auf kleinere Filme zu richten, die vermutlich nur bei Festivals zu sehen sein werden.
Hochgelobt wird beispielsweise Mark Jenkins "Rose of Nevada", einen starken Eindruck hinterließ bei der Berlinale Urška Djukićs Coming-of-Age-Drama "Kaj ti je Deklica" ("Little Trouble Girls"), auch vielversprechende Dokumentarfilme fehlen mit Lucrecia Martels "Nuestra Tierra" ("Landmarks") und Gianfranco Rosis "Sotto le nuvole" ("Below the Clouds") nicht. Neues gibt es mit "Magalhaes" ("Magellan") auch vom Philippino Lav Diaz und mit "Gavagai" von Ulrich Köhler und kontrovers wurde in Cannes Bi Gans "Kuang ye shi dai" ("Resurrection") aufgenommen.
Großes Vergnügen bereitet Julian Radlmaiers "Sehnsucht in Sangerhausen", stark ist auch Radu Judes Auseinandersetzung mit seinem Heimatland Rumänien in "Kontinental ´25", während sein fast dreistündiger "Dracula" eine trashige Provokation ist, die die Geduld der meisten Zuschauer:innen mächtig strapazieren dürfte.
Stark präsent ist im Programm auch der Gaza-Krieg. Der Bogen spannt sich hier von Nadav Lapids satirischem "Yes" bis zu Kaouther Ben Hanias zwischen Dokumentar- und Spielfilm changierendem "The Voice of Hind Rajab". Nochmals gezeigt wird Avi Mograbis 2021 entstandener Dokumentarfilm "The First 54 Years - An Abbreviated Manual for Military Occupation", der bissig die Geschichte der israelischen Okkupation Palästinas nachzeichnet, während Abbas Fahdel in "Tales of the Wounded Land" die Folgen der israelischen Bombenangriffe auf den Südlibanon im Jahr 1924 erschütternd, aber auch redundant dokumentiert. Auch Entbehrliches fehlt hier mit dem dürftigen Dokumentarfilm "With Hasan in Gaza" nicht, in dem mit altem Filmmaterial Einblick in das Leben in Gaza in den frühen 2000er Jahren geboten wird.
Wie gewohnt bietet die Viennale aber heuer wieder dem österreichischen Film eine große Bühne. Johanna Moders Thrillerdrama "Mother´s Baby" wird ebenso seine Österreich-Premiere feiern wie Elsa Kremsers und Levin Peters in Locarno preisgekröntes Spielfilmdebüt "White Snails". Dazu kommen Weltpremieren unter anderem von "Elements of(f) Balance", in dem Othmar Schmiderer möglichen Ansätzen den aktuellen ökologischen Herausforderungen zu begegnen nachspürt, und Nikolaus Geyrhalters "Schnee"-Dokumentarfilm "Melt".
Dazu kommen Kurzfilme und ausgiebig gepflegt wird auch wieder die Filmgeschichte. In der Sparte "Monografie" wird nicht nur das Werk der niederländischen Filmemacherin Digna Sinke und das des italienischen Regieduos Massimo D´Anolfi & Martina Parenti vorgestellt, sondern auch die Filme der Österreicherin Angela Summereder werden in restaurierten Fassungen präsentiert.
Schwerpunkte widmen sich auch János Xantus, der die ungarische Gegenkultur der 1980er Jahre filmisch begleitete und befeuerte, und dem mexikanischen Multi-Media-Künstler Carlos Morales sowie dem Farbfilmverfahren Gasparcolor, das der direkte Vorläufer von Technicolor war. Und schließlich gibt es in Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Filmmuseum auch heuer wieder eine große Retrospektive, die heuer dem französischen Filmemacher, Kritiker und Theoretiker Jean Epstein (1897 – 1953) gewidmet ist.
Aber auch ein umfangreiches Rahmenprogramm mit Gesprächen und Diskussionen mit Filmemacher:innen sowie zwei Club Nights, bei denen unter anderem Lars Eidinger und Lefto Early Birds als DJs auflegen, fehlen nicht.
Weitere Viennale-Berichte:
Weitere Informationen und das Programm finden Sie hier.
Trailer der 63. Viennale - Vienna International Film Festival



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