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AutorenbildWalter Gasperi

18. Zurich Film Festival (22.9. – 2.10. 2022): Eine Vorschau


Vom 22.9 bis 2.10 steht Zürich wieder im Zeichen des Films: Stars wie Sir Ben Kingsley, Charlotte Gainsbourg und Diane Krüger werden zur Eröffnung erwartet, 146 Filme, davon 38 als Weltpremieren werden präsentiert. – Der Kartenvorverkauf startet am Montag, den 12. September.


Skeptisch wurde die Gründung des Zurich Film Festival vor nunmehr 18 Jahren betrachtet, doch inzwischen hat sich das ZFF zu einer Veranstaltung entwickelt, in der man einen starken Gegenpol zum Locarno Film Festival sehen kann.


Sicher nicht zuletzt dank besserer Anbindung ans Flugnetz ist der Starauflauf in Zürich größer als in Locarno und statt auf Weltpremieren kleinerer Filme setzt man unter anderem auf Festivalhits, die in den folgenden Monaten in die Kinos kommen. Dazu kommen Wettbewerbe für Newcomer, bei denen man freier als das Tessiner A-Festival programmieren kann: Dürfen dort nur Filme gezeigt werden, die noch nicht auf anderen Festivals liefen, gelten diese Beschränkungen für Zürich, da es sich dabei um kein A-Festival handelt, nicht.


Eröffnet wird das Festival heuer mit der Europa-Premiere von Sally El Hosainis Drama "The Swimmer". Die walisisch-ägyptische Regisseurin erzählt darin die auf Tatsachen beruhende Geschichte zweier jungen Schwestern, die sich als Kriegsflüchtlinge aus Syrien zu den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro aufmachten.


Publikumsmagnet sind beim ZFF vor allem die "Galapremieren", für die der künstlerische Leiter Christian Jungen wieder zahlreiche Highlights des heurigen Jahres gewinnen konnte. Ruben Östlunds Cannes-Sieger "The Triangle of Sadness" wird so an der Limmat ebenso seine Schweizpremiere feiern wie Martin McDonaghs soeben in Venedig gefeierte schwarze Komödie "The Banshees of Inisherin" oder das argentinische Gerichtsdrama "Argentina, 1985", in dem ein junges Anwaltsteam für Gerechtigkeit für die Opfer der Militärjunta kämpft.


Gespannt sein darf man auch auf Neil Jordans Neo-Noir "Marlowe" sowie auf Luca Guadagninos Kannibalen-Film "Bones and All". Begleitet wird diese Vorführung von der Verleihung des "A Tribute to…Award" an den italienischen Regisseur. Der britische Oscar-Preisträger Eddie Redmayne, der in Tobias Lindholms "The Good Nurse" einen Krankenpfleger spielt, der für seine Patienten zur tödlichen Gefahr wird, erhält dagegen ein Golden Eye. – Golden Eyes gibt es aber auch für Sir Ben Kingsley und Charlotte Gainsbourg.


Europa-Premiere wird Ed Bergers Neuverfilmung von Erich Maria Remarques Antikriegsroman "Im Westen nichts Neues" feiern, die Deutschland für die Oscars eingereicht hat. Dazu kommen die Weltpremieren von Sönke Wortmanns "Der Nachname" und Barbara Kulcsars "Die Goldenen Jahre", in dem das Leben eines frisch pensionierten Paares durch den plötzlichen Tod einer Freundin erschüttert wird.


Highlight reiht sich bei den Galapremieren praktisch an Highlight und der Bogen spannt sich von Marie Kreutzers kitschfreiem Sissi-Film "Corsage" über Hirokazu Kore-edas "Broker" bis zu Jafar Panahis "No Bears". Aber nicht nur Arthouse-Filme werden hier präsentiert, sondern auch Gina Prince-Bythewoods im Westafrika des 19. Jahrhunderts spielendes Action-Drama "The Woman King" und Nicholas Stollers romantische Komödie "Bros" feiern in diesem Rahmen ihre Europapremiere oder zumindest ihre Europäische Festivalpremiere.


Raum für Entdeckungen bieten dagegen die drei Wettbewerbe, in denen jeweils 14 Filme um das mit 25.000 Schweizer Franken dotierte Golden Eye konkurrieren. Immerhin liefen in diesem Rahmen im letzten Jahr so starke Filme wie der fulminante "Boiling Point", Jonas Carpignanos packender "A Chiara", der verstörende isländische Genre-Mix "Lamb" oder das starke Sozialdrama "Petite nature".


Highlights lassen sich hier vorab freilich kaum ausmachen, handelt es sich doch ausschließlich um erste, zweite oder dritte Filme. Acht Debüts finden sich so im "Spielfilm Wettbewerb", in dem laut Festival viele Filme in Familiengeschichten die Probleme einer Gesellschaft im Umbruch spiegeln. Der Bogen spannt sich dabei von der dänischen Komödie "The Cake Dynasty", in der der Besitzer einer Kuchenfabrik zum Islam konvertiert, bis zu "Valeria is Getting Married", in dem sich ukrainische Frauen via Partnerportal als Ehefrauen für jüdische Männer in Israel vermitteln lassen. Mit Produktionen von Südkorea bis Spanien und vom Iran bis zu den USA ist hier der Bogen auch geographisch weit gespannt.


Im Gegensatz zu diesem internationalen Wettbewerb laufen im "Fokus Wettbewerb" ausschließlich Spiel- und Dokumentarfilme aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Zehn der vierzehn Filme sind dabei Erstlingswerke, darunter auch David Wagners soeben in Venedig uraufgeführter Spielfilm "Eismayer", in dem es um den Umgang mit Homosexualität im österreichischen Bundesheer geht. Laura Kaehr fokussiert im Dokumentarfilm "Becoming Giulia" dagegen auf einer Balletttänzerin, die nach dem Mutterschaftsurlaub wieder Fuß fassen möchte. Spannende Momentaufnahmen der Alpenregion zwischen Tradition und Moderne bietet Robert Schabus´ Dokumentarfilm "Alpenland" und mit Leni Lauritschs "Rubikon" fehlt auch ein österreichischer Science-Fiction-Thriller nicht.


Auch im "Dokumentarfilm Wettbewerb" ist der Anteil der Debüts mit acht von vierzehn Filmen sehr hoch. Der Bogen spannt sich hier von der Rekonstruktion eines Mordes an einem Journalisten in "The Killing of a Journalist" bis zum Kampf von Tierschutz-Aktivisten gegen den Walfang auf den Färöer-Inseln in "A Taste of Whale".


In der neuen Sektion "Sounds" zeigt das Festival acht Musikfilme. Die Weltpremiere von "The Magig Flute – Das Vermächtnis der Zauberflöte", in der ein 17-Jähriger durch eine Zeitreise in die Welt von Mozarts "Zauberflöte" eintaucht, findet sich hier ebenso wie mit "Nothing Compares" ein Dokumentarfilm über die irische Sängerin Siinéad O´Connor und mit "Taurus" ein semi-autobiographisches Drama über den Rapper Machine Gun Kelly.


In der Sparte # My Religion wiederum werden acht Filme zur Rolle von Religionen in verschiedenen Regionen der Welt gezeigt und in der Sektion "Neue Welt Sicht" wird schließlich das Filmland Spanien vorgestellt. Neben der Schweizer Vorpremiere des Berlinale-Siegers "Alcàrras – Die letzte Ernte" bietet sich hier die Möglichkeit elf weitere brandneue Produktionen von der iberischen Halbinsel zu entdecken.


Aber auch für Kinder und Jugendliche von 4 bis 14 Jahren wird mit zehn Filmen etwas geboten. Realfilme wie eine Neuverfilmung von "Der Räuber Hotzenplotz" oder der polnische Abenteuerfilm "Detective Bruno" finden sich hier ebenso wie die Animationsfilme "Ikarus und der Minotaurus" und "Journey to Yourland". Und auch auf die Schweizer Premiere von "Der junge Häuptling Winnetou", der in Deutschland heftige Diskussionen auslöste, will Christian Jungen nicht verzichten.


Dazu kommen Diskussionen mit den Preisträgern Charlotte Gainsbourg, Sir Ben Kingsley, Eddie Redmayne und Luca Guadagnino sowie Til Schweiger, der 10. Internationale Filmmusikwettbewerb, bei dem drei aufstrebende Komponisten um das Goldene Auge für die "Beste Internationale Filmmusik 2022" konkurrieren sowie Film-Workshops für Kinder. – Spannenden und vielfältigen zehn Tagen sollte damit nichts im Wege stehen.



Weitere Informationen zum Festival sowie das detaillierte Programm finden Sie hier.


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