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  • AutorenbildWalter Gasperi

Vom Teeniestar zur Charakterdarstellerin: Kristen Stewart


Personal Shopper (Olivier Assayas, 2016)

Mit der weiblichen Hauptrolle in der "Twilight"-Saga stieg Kristen Stewart als noch nicht einmal 20-Jährige zum Teeniestar auf. Mit Rollen unter der Regie von Olivier Assayas, Kelly Reichardt und Pablo Larrain entwickelte sie sich zur viel beachteten Charakterdarstellerin. Das Kinok St. Gallen widmet der Amerikanerin, die derzeit für ihre Darstellung Lady Dianas in "Spencer" gefeiert wird, im Februar eine Filmreihe.


Erst 31 ist die am 9. April 1990 in Los Angeles geborene Kristen Stewart, doch die International Movie Data Base (IMDB) listet unter ihrem Namen schon beachtliche 56 Titel auf. In die Wiege gelegt war ihr das Filmbusiness quasi. Sie wuchs nämlich nicht nur in unmittelbarer Nähe von Hollywood auf, sondern ihr Vater arbeitet auch als Fernsehproduzent ebenso in der Filmindustrie wie ihre aus Australien stammende Mutter als Script Supervisor.


Schon als Neunjährige erhielt sie eine kleine Rolle im Disney-TV-Film "Das dreizehnte Jahr" (1999). International beachtet wurde sie erstmals in David Finchers Thriller "The Panic Room" (2002). Zusammen mit der von Jodie Foster gespielten Mutter muss sie hier als zuckerkranke Tochter, zurückgezogen in den Sicherheitsraum eines Einfamilienhauses, gegen drei Einbrecher kämpfen.


Nebenrollen spielte sie in der Folge unter anderem auch in Sean Penns "Into the Wild" (2007). Zu beeindrucken verstand sie in Mary Stuart Mastersons "The Cake Eaters" (2007), in dem sie eine 15-Jährige spielt, die an einer unheilbaren Nervenkrankheit leidet, aber dennoch das Leben genießen und Liebeserfahrungen machen möchte.


Mit der Rolle der hübschen Bella Swan in der Verfilmung von Stephanie Meyers "Twilight Saga" stieg Stewart zum Teeniestar auf. Fünfmal spielte sie bis 2012 diese Highschool-Schülerin, die sich in einen Vampir verliebt. Begleitet wurde der Hype von der realen Beziehung zwischen ihr und dem Vampir-Darsteller Robert Pattinson.


Doch auf das Klischee des "netten Mädchens von nebenan" wollte sich Stewart schon damals nicht festlegen lassen und setzte mit Rollen in Jake Scotts "Welcome to the Rileys" (2010) und Walter Salles´ "On the Road" (2012) gezielt Kontrapunkte zu ihrem Image. Während sie in ersterem eine junge Prostituierte spielt, die bei einem in Trauer über den Tod seiner Tochter erstarrten Mann Beschützerinstinkte weckt, gab ihr Salles in seiner Verfilmung von Jack Kerouacs legendärem Roman über die Beatnik-Generation die Rolle einer lasziven jungen Frau.


Als ihr der Medienrummel um "Twilight" zu viel wurde, zog sich die 22-Jährige nach dem Schneewittchen-Film "Snow White and the Huntsman" (2012) für zwei Jahre vom Filmgeschäft zurück. Vom US-Kino weitete sie danach ihren Fokus aufs internationale Arthouse-Kino, bei dem vor allem der Franzose Olivier Assayas ihre Karriere nicht nur entscheidend förderte, sondern auch für eine Entwicklung in eine neue Richtung sorgte. War ihre Assistentin einer von Juliette Binoche gespielten berühmten Schauspielerin in "Sils Maria" (2014), für die sie als bislang einzige Amerikanerin mit dem französischen Filmpreis César als beste Nebendarstellerin ausgezeichnet wurde, noch eine Nebenrolle, so war "Personal Shopper" (2016) ganz auf sie zugeschnitten.


In beinahe jeder Szene ist Stewart in diesem Mix aus Geister- und Krimigeschichte präsent, immer wieder fokussiert die Kamera auf ihrem Gesicht und der Zuschauer ist stets nur auf dem Wissensstand der von ihr gespielten jungen Amerikanerin. Mit großer physischer Präsenz und beeindruckend vielschichtig verkörpert sie diese Frau, die nach dem Tod ihres Zwillingsbruders verunsichert nach ihrer Identität sucht.


Während Woody Allen in "Café Society" (2016), einer Hommage an die US-Film- und High-Society-Welt der 1930er Jahre, mit ihrer Star-Aura spielte, konnte sie in Kelly Reichardts Episodenfilm "Certain Women" (2016) als Aushilfslehrerin mit zurückhaltendem Spiel eindrücklich ihre schauspielerische Stärke demonstrieren.


Aufs Arthouse-Kino lässt sich Stewart aber dennoch nicht festschreiben, wie ihre Hauptrolle im Blockbuster "Charlie´s Angel" (2019) zeigt. Vor allem beeindruckte sie in den letzten Jahren aber mit ihrer Verkörperung realer Figuren. Mag es Benedict Andrews Biopic "Jean Seberg – Against all Enemies" (2019) auch an klarer inhaltlicher Fokussierung fehlen, so gelingt es Stewart doch eindringlich zu vermitteln, wie die Nouvelle Vague-Ikone langsam an der Diffamierung durch das FBI zerbricht.


Dass dahinter immer großer Einsatz und umfangreiche Vorbereitung stehen, zeigt sich bei Pablo Larrains "Spencer" (2021). Stewart sichtete für diese Rolle nicht nur monatelang Video- und Tonaufnahmen Lady Dianas, um deren Gestik und Mimik zu verinnerlichen, sondern lernte mit einem Dialekt-Coach auch den britischen Dialekt. Perfekt schlüpft sie so in die Rolle der Princess of Wales, doch irgendwie wirkt diese Mimikry angesichts der Vertrautheit mit der realen Person und ihrem Auftreten doch auch gekünstelt.


Wie sich Stewart, die seit 2013 Botschafterin des Modelabels Chanel ist, in kein Rollenfach pressen lässt, so bewahrt sie auch bei öffentlichen Auftritten ihre Individualität. So protestierte sie 2016 bei ihrem Auftritt in Cannes gegen die Kleidervorschriften, die Frauen benachteiligen, indem sie auf dem roten Teppich die unbequemen High Heels auszog und barfuß die Treppe hinaufstieg. Und 2021 sorgte sie beim Filmfestival von Venedig beim Fototermin mit besonders kurzen Hot-Pants für Aufsehen.


Doch auf die Schauspielerei will sich die 31-Jährige nicht festlegen lassen: Nach einem eigenen Kurzfilm über den Lockdown arbeitet sie an der Verfilmung von Lidia Yuknavitchs "The Chronology of Water", der ihr Langfilmdebüt als Regisseurin werden soll. - Gespannt sein darf man also, wie es mit der Karriere der US-Amerikanerin weiter gehen wird.


Detailinformationen zu den Filmen und Spieldaten finden Sie auf kinok.ch


Trailer zu "Welcome to the Rileys"



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