Venedig 2025: Hochkarätig besetzte Löwenjagd
- Walter Gasperi

- 23. Juli
- 3 Min. Lesezeit

Das Line-up des 82. Filmfestivals von Venedig (27.8. – 6.9. 2025) ist voll gepackt mit großen Namen von Paolo Sorrentino über Park Chan-wook bis zu Jim Jarmusch, doch auch mit Spannung erwartete jüngere Regisseur:innen und Newcomer fehlen nicht.
Eröffnet werden die 82. Filmfestspiele von Venedig – wie schon länger bekannt – mit Paolo Sorrentinos "La Grazia". Zu hoffen ist, dass der Neapolitaner mit diesem Liebesfilm, der vor den letzten Tagen einer fiktiven italienischen Präsidentschaft angesiedelt sein soll, nach den schwächeren "The Hand of God" (2021) und "Parthenope" (2023) wieder an die Qualität von "Il Divo" (2008) oder "La grande bellezza" (2013) anknüpfen kann.
Waren die großen Filmfestivals in früheren Jahren weitgehend ein Treffen von Altmeistern, so lässt sich doch feststellen, dass Cannes und Venedig in den letzten Jahren nicht nur vermehrt Frauen, sondern auch noch (relativ) unbekannten Regisseur:innen in ihren Wettbewerben eine Plattform bieten.
Auf Schwergewichte, die für mediale Aufmerksamkeit sorgen, will man selbstverständlich dennoch nicht verzichten. So finden sich in den 21 Filmen, die um den Goldenen Löwen konkurrieren, mit Yorgos Lanthimos´ "Bugonia", Guillermo del Toros "Frankenstein" und dem schwarzweißen Dokumentarfilm "Sotto le nuvole", in dem Gianfranco Rosi das Leben in und um Neapel erkundet, neue Filme von drei früheren Venedig-Siegern.
Zu den Altmeistern zählt auch US-Indie-Ikone Jim Jarmusch, dessen mit Cate Blanchett, Charlotte Rampling, Tom Waits, Vicky Krieps und Adam Driver hochkarätig besetztes komödiantisches Drama "Father Mother Sister Brother" in Cannes abgelehnt, in Venedig aber nun eingeladen wurde. Gespannt sein darf man auch auf den neuen Film des großen südkoreanischen Stilisten Park Chan-wook ("No Other Choice") sowie Kathryn Bigelows Thriller "A House of Dynamite" und Olivier Assayas´ Bestsellerverfilmung "The Wizard of the Kremlin", in dem ein junger Filmemacher zum Berater Vladimir Putins wird.
Stark vertreten sind im Wettbewerb wie gewohnt die US-Amerikaner, fungieren die Herbstfestivals von Venedig und Toronto doch vielfach als Startbasis für die Award-Season. So feiert Noah Baumbachs "Jay Kelly" und Benny Safdies Ringer- und Mixed-Martial-Arts-Drama "The Smashing Machine", von dem der künstlerische Leiter Alberto Barbera angeblich in höchsten Tönen schwärmt, in Venedig ihre Premiere. Aber auch das im England des 18. Jahrhunderts spielende, historische Musicaldrama "The Testament of Ann Lee", zu dem die Norwegerin Mona Fastvold gemeinsam mit ihrem Lebenspartner Brady Corbet das Drehbuch schrieb, könnte für eine Überraschung sorgen.
Auffallend ist, dass abgesehen von den US-Amerikaner:innen die Europäer:innen den Ton angeben, Lateinamerika im Wettbewerb dagegen völlig fehlt und auch aus den anderen Kontinenten nur wenige Filme eingeladen wurden. So ist Afrika nur mit dem neuen Film der Tunesierin Kaouther Ben Hania vertreten, die nach dem Frauendrama "Olfas Töchter" in "The Voice of Hind Rajab" die realen Ereignisse um ein fünfjähriges palästinensisches Mädchen rekonstruiert, das bei der israelischen Militäraktion im Gazastreifen Anfang 2024 ums Leben kam.
Auch Asien ist nur mit zwei Filmen, mit dem Regiedebüt der taiwanesischen Schauspielerin Shu Qi ("Nühai – Girl") und "The Sun Rises on Us All" des Chinesen Cai Shangiun vertreten. Dafür schickt Ungarn mit Ildikó Eneyedis "Silent Friend" und László Nemes´ "Orphan" gleich zwei Filme ins Löwenrennen.
Zahlenmäßig gewohnt stark vertreten sind am Lido die italienischen Filmemacher:innen. Der Bogen spannt sich hier von "Duse" des "Martin Eden"-Regisseurs Pietro Marcello über Leonardo di Constanzos "Elisa" bis zu Franco Marescos "Un film fatto per bene" sowie dem schon erwähnten neuen Dokumentarfilm von Gianfranco Rosi. – Aber auch Francois Ozon könnte mit seiner Verfilmung von Albert Camus´ "L´étranger" den Wettbewerb aufmischen.
Große Namen fehlen aber auch außerhalb des Wettbewerbs nicht. Luca Guadagnino zeigt hier seinen neuen Film "After the Hunt", Gus Van Sant meldet sich sieben Jahre nach "Don´t Worry – Weglaufen geht nicht" mit "Dead Man´s Wire" ebenso zurück wie Julian Schnabel mit "In the Hand of Dante". Großes Kino kann aber auch Mamoru Hosodas neuer Animé "Scarlet" bieten und der Däne Anders Thomas Jensen soll mit "The Last Viking", in dem ein weiteres Mal Mads Mikkelsen eine Hauptrolle spielt, seiner Vorliebe für schwarze Komödien treu bleiben.
Dazu kommen Dokumentarfilme unter anderem von Werner Herzog ("Ghost Elephants"), Sofia Coppola ("Marc by Sofia"), Lucrecia Martel ("Nuestra tierra") und Laura Poitras ("Cover-Up") sowie vorwiegend Newcomer in den Programmschienen "Orizzonti" und "Giornate degli Autori".
Spannend ist aber auch, welche Filme im Line-up für Venedig erwartet wurden, sich jetzt aber doch nicht darin finden. Der Bogen spannt sich hier beispielsweise von Edward Bergers "Ballad of a Small Player" über Chloé Zhaos “Hamnet,” bis zu Arnaud Desplechins "Two Pianos", die in Toronto ihre Premiere feiern werden.



Kommentare