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  • AutorenbildWalter Gasperi

Sozial engagiertes und künstlerisch spannendes Programm: 33. Weltfilmtage Thusis


Mit knapp 40 Filmen laden die 33. Weltfilmtage im graubündischen Thusis (31. 10. – 5.11. 2023) zu einer Reise in die Länder des Südens und Ostens ein. Auch Filmemacher:innen wie die renommierte Jeanine Meerapfel, von der zwei Filme gezeigt werden, werden persönlich anwesend sein. - Der Kartenvorverkauf beginnt am 20. Oktober.


Wie gewohnt setzen die Weltfilmtage Thusis auf ein handverlesenes Programm. Auf große US- und europäische Produktionen wird konsequent verzichtet, den kleinen Filmen, die sonst vielfach übersehen werden, soll hier Platz geboten werden. Weltpremieren darf man in Thusis nicht erwarten, unbekümmert mischt man vielmehr Filme, die in der Schweiz schon angelaufen sind, mit Vorpremieren von demnächst startenden Filmen.


Einen starken Einblick in die patriarchale pakistanische Gesellschaft bietet so "Joyland", während in "Nezouh" vor dem Hintergrund des zerbombten Damaskus von einem Coming-of-Age und einer weiblichen Selbstermächtigung erzählt wird. Vom bitteren Los italienischer Wanderarbeiter vom Ende des 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts erzählt dagegen der hinreißende Stop-Motion-Animationsfilm "Für Hunde und Italiener verboten".


Der japanische Spielfilm "Plan 75" wiederum zeigt berührend die Folgen einer staatlich geförderten Euthanasie auf, während "The Happiest Man in the World" die immer noch schwelenden Traumata des Jugoslawien-Kriegs thematisiert. Cannes-Sieger Cristian Mungiu gelang dagegen mit "R.M.N." ein beklemmend dichtes Drama über den grassierenden Rassismus im ländlichen Rumänien und Maryam Touzani erzählt in "Le Bleu du Caftan" mit größtem Feingefühl von einer ungewöhnlichen Dreiecksbeziehung in Marokko.


Auch schon in den Kinos gelaufen ist Park Chan-wooks virtuoser Thriller "Decision to Leave", doch angesichts der komplex konstruierten Handlung und der visuellen Brillanz lohnt sich eine zweite Sichtung hier allemal. Ebenso packend wie engagiert ist der chilenische Thriller "1976", der anhand der Geschichte einer Arztgattin eindrücklich das ständige Gefühl der Bedrohung und Überwachung während der Pinochet-Diktatur erfahrbar macht.


Jeanine Meerapfel erinnert sich in dem Essayfilm "Una Mujer – Eine Frau" an ihre Mutter, die mit einem deutsch-jüdischen Handelsvertreter vor den Nazis nach Argentinien floh, wo er sie mit ihren zwei Kindern sitzen ließ. Im Gegensatz zu diesem dokumentarischen Film lässt Meerapfel in "Annas Sommer" eine fiktive Fotografin, die in London zur Welt kam, in Spanien aufwuchs und in Berlin verheiratet war, sich während eines Griechenlandurlaubs an ihre Lebens- und Familiengeschichte erinnern.


Mit der deutschen Regisseurin wird es im Anschluss an die Vorführung von "Una Mujer – Eine Frau" ebenso ein Filmgespräch geben wie mit Amine Diare und Wanja Gwerder nach dem Dokumentarfilm "Amine – Held auf Bewährung", in dem Dani Heusser die Geschichte Amine Diares nachzeichnet, der als 15-Jähriger aus seiner Heimat Guinea nach Europa floh.


Weitere Filmgespräche gibt es unter anderem mit David Syz zu "Globalisierung in der Krise 2", mit Soudade Kaadan zu "Nezouh" und mit Francois de Saint Georges zum Dokumentarfilm "ZUT", der von belgischen Landwirten handelt, die gegen den Einsatz von Pestiziden kämpfen.


Gespannt sein darf man auf die Vorpremiere des beim Sundance Filmfestival ausgezeichneten und von Estland für den Oscar eingereichten Dokumentarfilms "Smoke Sauna Sisterhood", in dem Anna Hint Frauen unterschiedlichen Alters und gesellschaftlichen Standes begleitet, die sich beim gemeinsamen Saunieren über Ängste und leidvolle Erfahrungen austauschen. Zu den weiteren vielversprechenden Vorpremieren zählt auch das senegalesische Debüt "Banel e Adama", das den Sprung in den Wettbewerb von Cannes schaffte.


Mitreißendes sozialrealistisches Kino bietet aber auch immer noch Brillante Mendozas 2009 entstandener "Lola", in dem eine Großmutter verzweifelt versucht, Geld für das Begräbnis ihres von einem Handy-Dieb getöteten Enkels aufzutreiben. Cem Kaya erzählt dagegen in seinem Dokumentarfilm "Liebe, D-Mark und Tod" die Geschichte der weitgehend unbekannten Musikkultur der Einwanderer aus der Türkei sowie ihrer Kinder und Enkelkinder. – So sollten die inhaltliche Bandbreite, aber auch das hohe künstlerische Niveau der Filme für sechs ebenso anregende wie spannende Festivaltage sorgen.


Weitere Informationen und das detaillierte Programm finden Sie hier.

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