Yakuza (1974)
- Walter Gasperi
- vor 6 Stunden
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Ein ehemaliger US-amerikanischer Privatdetektiv reist zur Lösung eines Entführungsfalls nach Japan, wird dort aber rasch mit dem strengen Moralkodex der Yakuza konfrontiert. – Bei Plaion Pictures ist Sydney Pollacks 1974 gedrehter, bildstarker Gangsterfilm, der ein eindrückliches Bild von der kulturellen Kluft zwischen dem Westen und Japan zeichnet, in einem Mediabook auf DVD und Blu-ray erschienen.
Fokussierten die US-Thriller der 1970er Jahre meist auf der Verunsicherung der US-Gesellschaft und beschäftigte sich auch Sydney Pollack in Filmen wie "They Shoot Horses, Don´t They?" ("Nur Pferden gibt man den Gnadenschuss", 1969), "Jeremiah Johnson" (1972), "The Three Days of the Condor" (1975) oder "The Electric Horseman" (1979) immer wieder mit der amerikanischen Vergangenheit und Gegenwart, so entführt der 2008 verstorbene Regisseur in "Yakuza" nach Japan.
Nach einer Erzählung von Leonard Schrader verfasste dessen Bruder Paul Schrader, dessen Affinität zu Japan sich auch in seinem rund ein Jahrzehnt später entstandenen, eigenen Spielfilm "Mishima – Ein Leben in vier Kapiteln" (1985) zeigte, das Drehbuch. Dieses wurde dann auf Bitte Pollacks aber nochmals von Robert Towne, der zu den höchstbezahlten Drehbuchautoren der 1970er Jahre zählte, überarbeitet.
Im Mittelpunkt steht der ehemalige US-Privatdetektiv Harry Kilmer (Robert Mitchum). Dieser kennt Japan aus seiner Zeit als Militärpolizist nach dem Zweiten Weltkrieg und kehrt 20 Jahre später auf Bitten seines Kriegskameraden und Freundes George Tanner (Brian Keith) in das Land der aufgehenden Sonne zurück. Mittels seiner alten Kontakte soll Kilmer dort im Fall von Tanners von einem japanischen Clan entführten Tochter vermitteln.
In Japan begegnet der abgehalfterte, auf die 60 zugehende Privatdetektiv aber nicht nur wieder seiner einstigen Geliebten Eiko (Keiko Kishi) und deren Tochter, denen er nach dem Krieg das Leben gerettet hat, sondern sieht sich bald auch mit dem von Begriffen wie Treue, Verpflichtung, Ehre, Familie und Dankbarkeit bestimmten rigiden Moralkodex der Welt der Yakuza-Gangster konfrontiert.
Geschickt führt Pollack mit dem von der alternden Hollywood-Legende Robert Mitchum gespielten Kilmer in diese fremde Welt ein. Mit der Vergangenheit, die Kilmer mit dieser Reise einholen, wird gleichzeitig an den Film noir Klassiker "Out of the Past" angeknüpft, in dem Mitchum auch nicht der Vergangenheit entkommen konnte. Immer wieder evoziert so auch die Musik von Dave Grusin bei den Spaziergängen durch die nächtlichen Straßen eine tiefmelancholische Stimmung.
Weniger Neo-noir als vielmehr Gangsterfilm ist aber der zu 90 Prozent in Japan spielende und mit einem japanischen Cast und dem japanischen Kameramann Kōzō Okazaki gedrehte Film. Die für den Film noir typische Femme fatale fehlt ebenso wie die Ausweglosigkeit, die diese Stilrichtung kennzeichnet. Langsam werden freilich Intrigen und Beziehungen aufgedeckt, die nach ruhigem Beginn die Gewalt eskalieren lassen.
Pollack inszeniert diese Geschichte zurückhaltend und ohne zu werten. Allein schon der Gegensatz zwischen den Schusswaffen der Amerikaner und der Schwertkampftechnik der Japaner vermittelt den Culture Clash. Gleichzeitig wird dabei sichtbar, wie bei diesem auf strengen Regeln beruhenden Moralkodex jede Tat beim Gegenüber wiederum eine Verpflichtung auslöst.
So kann auch Kilmer Eikos ihm ablehnend gegenüberstehenden Bruder Ken Tanaka (Ken Takakura), der einst Yakuza war, jetzt aber zurückgezogen als Kendo-Lehrer lebt, als Helfer gewinnen, da er ihm einen Gefallen schuldet. Ein klassisches Western- und Krimimotiv wird so bedient, wenn dieser ehemalige Gangster, der der Gewalt abgeschworen hat, doch wieder zur Waffe greift.
Gleichzeitig erzählt Pollack auch dicht von der Entwicklung der Beziehung dieser Männer aus gegensätzlichen Kulturen, die sich langsam näher kommen, weil sich Kilmer auch zunehmend die japanische Kultur und Denkweise aneignet. So packend und effektvoll das in den Action-Szenen aber auch inszeniert ist, so ist doch nicht zu übersehen, dass sich der Blick auf die fremde japanische Kultur auf die für die Story wichtige Oberfläche beschränkt und letztlich nicht in die Tiefe dringt.
An Sprachversionen bieten die bei Plaion Pictures in einem Mediabook erschienene Blu-ray und DVD die englische Original- und die deutsche Synchronfassung sowie englische und deutsche Untertitel. Die Extras umfassen neben einer Bildergalerie, dem englischen Trailer sowie dem 30-minütigen Feature "Promises to Keep", das Einblick in die Dreharbeiten und die Handlung des Films sowie das Thema der Fremdheit der japanischen Kultur bietet, einen nicht untertitelten, aber gut verständlichen englischsprachigen Audiokommentar von Sydney Pollack, der vielfältige Hintergrundinformationen zum Film und seiner Entstehung liefert.
Trailer zu "Yakuza"
