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  • AutorenbildWalter Gasperi

Vorschau auf das 29. Internationale Film Festival Innsbruck


Corona-bedingt musste das IFFI, das in der Regel immer Ende Mai stattfindet, in den November (3. – 8.11.) verschoben werden. Gleich geblieben ist aber natürlich die programmatische Ausrichtung, mit der Filmen aus Ländern, die in unseren Kinos unterrepräsentiert sind, eine Plattform geboten werden soll.


Selten nur finden Filme aus Lateinamerika, Asien und Afrika den Weg in die heimischen Kinos, ausgiebig werden diese aber alljährlich beim IFFI präsentiert. Aus Brasilien kommt so der 2019 in Locarno preisgekrönte "A Febre", in dem ein indigener Wachmann, der die Verbindung zu seinem Dorf gekappt hat, zunehmend erkrankt. Die Peruanerin Melina León bietet dagegen in ihrem Debüt "Cancion sin nombre" in brillanten Schwarzbildern einen Eindruck von den Spannungen und der Ausbeutung der indigenen Bevölkerung im Peru der 1990er Jahre.


Allein anhand von Archivmaterial des Schweizer Afrika-Kenners René Gardi vermittelt Mischa Hedinger einen Eindruck von kolonialistisch-arroganten Afrika-Bild, das in den 1950er und 1960er Jahren wohl nicht nur in der Schweiz mit Filmen und Fernsehsendungen transportiert und geprägt wurde. Leise, aber in bestechender Bildsprache erzählt dagegen Maryam Touzani in "Adam" von der Beziehung, die sich in der Altstadt von Casablanca zwischen einer jungen schwangeren Frau und einer Bäckerin entwickelt.


Mit den Mitteln des magischen Realismus erinnert Beatriz Seigner in "Los Silencios" wiederum an die blutigen Konflikte, die Kolumbien über Jahrzehnte erschütterten, während Martin Saxer, Daler Kaziev und Marlen Elders in "Murghab" den Alltag in der 3600 Meter hoch gelegenen gleichnamigen tadschikischen Grenzstadt dokumentieren.


Ins südliche Thailand entführen Ben Rivers, Anocha Suwichakornpong in ihrem essayistischen Film "Krabi, 2562", Camila Freitas dagegen begleitete für "Chao" ("Landless") vier Jahre lang eine Gruppe der Bewegung der brasilianischen Landlosen bei ihren Aktionen gegen soziale und ökologische Ungerechtigkeiten in ländlichen Räumen. Pedro Costa führt dagegen in seinem 2019 in Locarno mit dem Goldenen Leoparden ausgezeichneten "Vitalina Varela" in großartigen Bildern, die in ihrem Chiaroscuro an Gemälde Caravaggios erinnern, in die Elendsviertel von Lissabon, in die eine Frau von den Kapverden ihrem Ehemann folgt, aber erst eintrifft, als dieser schon gestorben ist.


Aber nicht nur neue Filme werden in Innsbruck gezeigt, sondern auch die Filmgeschichte wird gepflegt. Von Jorge Sanjines wird "La nación clandestina" (1989) präsentiert, in dem der Bolivianer Einblick in die Welt der von den Spaniern über Jahrhunderte ausgebeuteten indigenen Aymara bietet. Auch ein Klassiker des afrikanischen Kinos fehlt mit Ousmane Sembènes Langfilmdebüt "La noire de…" (1966) nicht. Erzählt wird darin von einer jungen Senegalesin, die nach Frankreich emigriert, dort aber nur als "das schwarze Mädchen" wahrgenommen wird.


Auch der erste Teil von Fernando Solanas legendärer, dreiteiliger und insgesamt vierstündiger Abrechnung mit Neokolonialismus, Imperialismus und Kapitalismus "La Hora de los Hornos" (1968) kann in Innsbruck neu oder wieder entdeckt werden. – Einem spannenden und vielfältigen Festival steht somit - abgesehen von Corona - also nichts im Wege.


Weitere Infos finden Sie unter www.iffi.at

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