Am Mittwoch (28.8.) startet das 81. Filmfestival von Venedig (28.8. – 7.9. 2024): Ein Mix neuer Filme renommierter Starregisseure wie Pedro Almodóvar und Luca Guadagnino und noch eher unbekannter Filmemacher:innen wie Brady Corbet und Dea Kulumbegaschvili verspricht ein spannendes Programm. – Große Hollywoodfilme werden wiederum für Starauflauf am Lido sorgen.
Eröffnet werden die 81. Filmfestspiele von Venedig – wie schon länger bekannt – durch Tim Burtons "Bettlejuice Bettlecuice", mit dem der Amerikaner dem Vernehmen nach an seine 1988 gedrehte Horrorkomödie "Bettlejuice" anknüpft. Läuft dieser Film außer Konkurrenz, so konkurrieren 21 Filme um den Goldenen Löwen.
Fünf Jahre nach seinem Löwen-Sieger "Joker" präsentiert hier Todd Phillips mit "Joker: Folie à Deux" ebenfalls eine Fortsetzung, in der an der Seite von Joaquin Phoenix Lady Gaga die weibliche Hauptrolle spielt. Seinen ersten englischsprachigen Film legt dagegen der Spanier Pedro Almodóvar mit "The Room Next Door" vor. Nur kurz nach seinem Tennis-Film "Challengers" legt Luca Guadagnino mit "Queer" nach.
Der Brasilianer Walter Salles meldet sich dagegen zwölf Jahre nach seinem Jack Kerouac-Film "On the Road" (2012) mit dem portugiesischsprachigen "I´m Still Here" zurück, in dem sich die Gattin eines Politikers während der brasilianischen Militärdiktatur der 1970er Jahre auf die Suche nach ihrem entführten Mann begibt.
Während Pablo Larrain nach dem Jackie Kennedy-Film "Jackie" und dem Lady Diana-Film "Spencer" mit dem Maria Callas-Film "Maria" seine Porträts berühmter, verstorbener Frauen fortsetzt, wurde der Australier Justin Kürzel mit seinem Thriller "The Order" eingeladen. Darin versetzt eine Bande in den 1980er Jahren mit Banküberfällen und Geldfälschungen den Nordwesten der USA in Schrecken.
Mit Spannung erwartet werden aber vor allem mit "April" der zweite Film der Georgierin Dea Kulumbegashvili, die nach ihrem grandiosen und vielfach preisgekrönten Debüt "Beginning", das aber aufgrund der Corona-Pandemie kaum breite Beachtung fand, sowie Brady Corbets ("Vox Lux") "The Brutalist", in dem in dreieinhalb Stunden die Geschichte eines ungarischen Holocaust-Überlebenden, der in den USA als Architekt Karriere machen möchte, erzählt wird.
Ein echter Coup könnte dem Chinesen Wang Bing gelingen, der zunächst mit "Hard Times" im Wettbewerb von Locarno vertreten ist, und schon wenige Wochen darauf mit "Youth – Homecoming" seinen nächsten Film ins Löwenrennen schickt.
Während Venedig in den letzten Jahren immer eine Startrampe für große Netflix-Produktionen war, fehlen diese heuer im Wettbewerb. Hoch ist dagegen die Frauenquote und auch die geographische Bandbreite ist groß. Die für ihre eigenwilligen Filme bekannte Griechin Athina Rachel Tsangari wurde so ebenso mit ihrem im England des 16. Jahrhunderts spielenden "Harvest" eingeladen wie die Niederländerin Halina Reijn mit ihrem mit Nicole Kidman, Antonio Banderas und Jean Reno hochkarätig besetzten Erotikthriller "Babygirl".
Aus Frankreich wurde neben "Trois amies" von Emmanuel Mouret" "The Quiet Son" eingeladen, in dem die Schwestern Delphine und Muriel Coulin eine Familiengeschichte um einen Vater und seine zwei Söhne, von denen der eine in die rechtsextreme Bewegung abgleitet, erzählt. Ein weiteres Geschwisterpaar findet sich mit Ludovic und Zoran Boukherma im Wettbewerb. Die 32-jährigen französischen Zwillingsbrüder präsentieren die Verfilmung des preisgekrönten Romans "Leurs enfants après eux".
Während Lateinamerika neben Walter Salles auch mit dem Argentinier Luis Ortega, der in "Kill the Jockey" von einem Jockey erzählt, dessen Ruhm verblasst, im Wettbewerb vertreten ist, fehlen Afrika und – abgesehen von Dea Kulumbegashvili – Osteuropa ebenso wie die deutschsprachigen Länder.
Dafür wurde der Singapurer Yeo Siew Hua nach seinem Locarno-Sieg mit "A Land Imagined" (2018) mit dem Thriller "Stranger Eyes", in dem ein Paar seine vermisste Tochter sucht, ebenso eingeladen wie der Norweger Dag Johan Daugerud, der in "Love" von der Beziehung zwischen einer pragmatischen Ärztin und einem schwulen Krankenpfleger erzählen soll.
Stark vertreten sind in Venedig wie gewohnt die Italiener:innen, die mit vier Filmen Chancen auf den Goldenen Löwen haben. Der Bogen spannt sich hier vom Altmeister Gianni Amelio, der in "Campo di Battaglia" in den Ersten Weltkrieg versetzt, über "Diva Futura", in dem Giulia Louise Steigerwalt vom titelgebenden pornographischen Filmstudio und dessen Gründer erzählt, und Maura Delperos im gleichnamigen italienischen Bergdorf spielende Schwesterngeschichte "Vermiglio" bis zu Fabio Grassadonias und Antonia Piazzas Mafiafilm "Iddus – Sicilian Letters".
Aber auch außerhalb des Wettbewerbs dürfte die Biennale Einiges zu bieten haben. Die Premiere von Jon Watts Thriller "Wolfs" wird die beiden Hauptdarsteller Brad Pitt und George Clooney an den Lido führen. Wildes Kino darf man immer wieder von Harmony Korine erwarten, der "Baby Invasion" präsentiert, und auch der frühere Venedig-Sieger Takeshi Kitano meldet sich mit "Broken Rage" auf der internationalen Bühne zurück.
Dazu kommen Dokumentarfilme unter anderem von Kevin Macdonald und Sam Rice-Edwards über Yoko Ono und John Lennon ("One to One: John & Yoko") über den Ukrainekrieg von Anastasia Trofimova ("Russians at War"), über die Ursachen für Kriege an sich ("Why War" von Amos Gitai) oder über die Trennung von Eltern und Kindern an der mexikanisch-us-amerikanischen Grenze ("Separated" von Errol Morris). Besonders spannend aus deutschsprachiger Perspektive klingt hier Andres Veiels Dokumentarfilm "Riefenstahl".
Aber auch der zweite Wettbewerb "Horizons" könnte mit neuen Filmen unter anderem von Alex Ross Perry, Carine Tardieu oder Peter Kerekes für spannende Entdeckungen sorgen und auch Einblicke in neue TV-Serien unter anderem von Alfonso Cuaron ("Disclaimer), Thomas Vinterberg ("Families Like Ours") und Joe Wright ("M – Il Figlio del Secolo") werden geboten.
Interessant ist aber auch, auf welche Filme Venedig-Chef Alberto Barbera verzichtet hat. So wird beispielsweise Mike Leighs "Hard Truths" in Toronto seine Uraufführung feiern, Audrey Diwans mit Spannung erwartete "Emmanuelle" wird das Filmfestival von San Sebastian und Steve McQueens "Blitz" das London Film Festival eröffnen.
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