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Tout s´est bien passé - Alles ist gut gegangen

Autorenbild: Walter GasperiWalter Gasperi

Nach einem Schlaganfall steht für den 85-jährigen André fest, dass er so nicht weiterleben will. Er bittet seine Tochter ihm zu helfen, sein Leben zu beenden: Trotz des ernsten Themas gelang Francois Ozon ein zwar berührendes, aber gleichwohl leichtes und unsentimentales Drama, das von Sophie Marceau und André Dussollier in den Hauptrollen getragen wird.


Über 20 Filme hat Francois Ozon ("Été 85 - Sommer 85") in den letzten 25 Jahren gedreht und dennoch erfindet sich der Franzose beinahe mit jedem Film neu. Fragen um Geschlechteridentität und Homosexualität sind wiederkehrende Themen und letztere spielt auch in dieses Sterbehilfedrama herein. Als Basis diente Ozon dabei ein autobiographischer Roman der 2017 verstorbenen Emmanuèle Bernheim, die schon bei "Sous le sable – Unter dem Sand" (2000), "Swimming Pool" (2003) und "5 x 2 – Fünf mal zwei" (2004) als Drehbuchautorin mit Ozon zusammengearbeitet hatte.


Nach der Aufarbeitung der Missbrauchsfälle in der Katholischen Kirche Frankreichs in "Grâce à Dieu – Gelobt sei Gott" (2018) hat der 55-jährige Franzose mit der Sterbehilfe erneut ein gesellschaftlich brennend aktuelles Thema aufgegriffen. Wie dort bestimmt auch hier vom musiklosen Vorspann mit weißen Titeln auf schwarzem Grund bis zum Ende eine bewusst unspektakuläre und schmucklose Inszenierung den ganzen Film. Die Regie stellt sich ganz in den Dienst der Geschichte und der Schauspieler*innen, setzt allenfalls mit einer Parallelmontage von zwei Polizeiverhören Akzente.


Mit Zeitinserts spannt Ozon den Bogen von September bis April. Direkt ist der Einstieg mit einem Anruf, bei dem die Schriftstellerin Emmanuèle (Sophie Marceau) informiert wird, dass ihr 85-jähriger Vater (André Dussollier) nach einem Schlaganfall im Krankenhaus liege. Bald steht für den weitgehend bewegungsunfähigen Mann, der einst Industrieller und Kunstsammler war, fest, dass er so nicht weiterleben will. Weil er nicht mehr das tun kann, was für ihn das Leben ausmacht, bittet er Emmanuèle, sie möge sein Leben beenden.


Reagiert sie zuerst wütend und diskutiert den Wunsch des Vaters mit ihrer Schwester, so beginnt sie bald doch über Sterbehilfe zu recherchieren. Da diese in Frankreich verboten ist, knüpft sie Kontakt zu einer Schweizer Organisation, mit deren Vertreterin (Hanna Schygulla) sie sich bald trifft.


Obwohl sich der Vater sukzessive etwas erholt, scheint er an seinem Entschluss festzuhalten, auch wenn ein passender Termin für die entscheidende Reise in die Schweiz gar nicht so leicht zu finden ist.


Dichte entwickelt der Film durch die Konzentration auf die Vater-Tochter-Beziehung und das engste Umfeld sowie den Umgang mit dem Sterbewunsch als einziges Thema. So ernst dieses Thema aber auch ist, so wird Ozons Film dennoch nie rührselig, sondern je näher das selbstbestimmte Sterben rückt zunehmend leichter, ja teilweise sogar komödiantisch, wenn Krankenhauspersonal und Polizei schließlich getäuscht werden müssen.

Leichtfertig geht der Franzose dennoch nicht mit dem Thema um, sondern schildert feinfühlig und differenziert die schwierige Situation und innerliche Zerrissenheit Emmanuèles, die mehrfach von kurzen Erinnerungen an die schwierige Kindheit mit dem schroffen Vater heimgesucht wird. Aber auch die zahlreichen bürokratischen Hürden spart Ozon nicht aus und plädiert unaufdringlich, aber klar für die Selbstbestimmung eines Menschen, der im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte eine entschlossen eine Entscheidung getroffen hat: Gerade weil er das Leben liebt, wolle er laut Ozon sterben und mit diesem Paradoxon spielt auch der Titel, der keine gelungene Operation, sondern den finalen Akt bezeichnet.


Eine große Rolle bietet "Tout s´est bien passé dabei nicht nur André Dussollier als Vater, der es Emmanuèle alles andere als leicht macht, sondern vor allem dem einstigen Teenie-Star Sophie Marceau ("La Boum – Die Fete", 1980; "La Boum 2 – Die Fete geht weiter", 1982), die man nur selten in Kinorollen sieht. Ihr Altern macht einem so auch das eigene Altern bewusst.


Aber auch stark besetzte Nebenrollen bleiben haften. So brilliert Charlotte Rampling, die schon mehrfach in Filmen Ozons mitgewirkt hat ("Sous le sable", Swimming Pool", "Angel"), als auf einen Stock angewiesene, an Parkinson leidende verbitterte Ex-Gattin des Protagonisten, und auch Hanna Schygulla hat als Schweizer Sterbehelferin einige kurze, aber einprägsame Auftritte.


Tout s´est bien passé - Alles ist gut gegangen Frankreich 2021 Regie: François Ozon mit: Sophie Marceau, André Dussollier, Géraldine Pailhas, Hanna Schygulla, Charlotte Rampling Länge: 113 min.


Läuft derzeit in den Kinos, z.B. im Cinema Dornbirn, Kinok St. Gallen und Skino Schaan.


Trailer zu "Tout s´est bien passé - Alles ist gut gegangen"




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