
Ein kleiner Streifzug durch das vielfältige und reichhaltige März-Angebot der Arthouse-Streaming-Plattformen Mubi und Filmingo.
Filmingo startet in den März mit dem italienischen Spielfilm "Favolacce", in dem die Brüder Damiano und Fabio D´Innocenzo einen an die Filme Ulrich Seidls erinnernden bitteren Blick auf eine Reihenhaussiedlung am Stadtrand Roms werfen. Mit Bettina Oberlis Komödie "Die Herbstzeitlosen", in der einige Pensionistinnen aus dem dahindümpelnden Gemischtwarenladen eines Schweizer Dorfs eine schmucke Dessous-Boutique machen, wird ein Schweizer Publikumshit ebenso angeboten wie mit Nagisa Oshimas "Im Reich der Sinne" ein Film, der in den 1970er Jahren wegen seiner expliziten Sexszenen zum Skandal wurde und juristische Auseinandersetzungen nach sich zog, inzwischen aber zu den Klassikern der Filmgeschichte zählt.
Starke Frauenporträts bieten "Figlia mia", in dem Laura Bispuri sich mit roher, aber gerade dadurch eindringlicher Bildsprache mit der Frage nach der Rolle biologischer und sozialer Mutterschaft auseinandersetzt, sowie Cecilia Atán und Valeria Pivatos "La novia desierto", in dem eine introvertierte Mittfünfzigerin durch eine Reise durch die argentinische Wüste und eine Begegnung neue Lebensfreude findet.
Malik Bendjelloul wiederum dokumentiert in seinem mit dem Oscar ausgezeichneten Dokumentarfilm "Searching for Sugar Man" packend die Suche nach dem im Südafrika der 1970er Jahre sehr populären, aber vom Apartheid-Regime totgeschwiegenen Musiker Sixto Rodriguez, während Denis Villeneuve mit "Incendies - Die Frau, die singt" nach Wajdi Mouawads Drama "Verbrennungen" ein ebenso großartiges wie aufwühlendes Drama über eine tragische Familiengeschichte vor dem Hintergrund eines Bürgerkriegs in einem nicht näher bestimmten Land im Nahen Osten gelang.
Auch einen prächtigen Kunstkrimi gibt es bei filmingo mit Dorota Kobielas "Loving Vincent", in dem mit nachgemalten Ölgemälden Vincent van Goghs dem Geheimnis um den Tod des Künstlers nachgespürt wird. Ein spannender historischer Film fehlt mit Stefan Haupts "Zwingli" im Angebot ebenso wenig wie mit dem Dokumentarfilm "Mon cousin anglais" eine exklusive Premiere, in der Karim Sayad von seinem Cousin erzählt, der 2001 nach Großbritannien kam, 17 Jahre später aber vor der Frage steht, ob er nun in seine algerische Heimat zurückkehren soll.
Sehen lassen kann sich aber auch wieder das Angebot von Mubi mit einem Mix aus exklusiven Veröffentlichungen und älteren Filmen. Exklusiv startet so der Dokumentarfilm "Space Dogs", in dem Elsa Kremser und Levin Peter zwei Straßenhunde durch Moskau begleiten. Als "Mubi Release" werden auch die Kurzdokumentation "Citadel", die John Smith während des Lockdowns in London aus seinem Fenster filmte, sowie "Hey There!" angeboten, den Reha Erdem vor dem Hintergrund des Lockdowns in Istanbul drehte. Ebenfalls als "Mubi Release" wird das kanadische Coming-of-Age-Drama "A Colony - Une Colonie" angekündigt, das in der Schweiz allerdings schon letztes Jahr gestreamt werden konnte.
Reichhaltig ist freilich auch wieder das Angebot an schon bekannten Filmen und Klassikern. Ein Schwerpunkt gilt dem italienischen Dokumentarfilmer Gianfranco Rosi, von dem neben "Sacro Gra", in dem Rosi auf das Leben an der römischen Stadtautobahn fokussiert, auch "Tanti Futuri Possibili" (2012), "Boatman" (1993), "Unter dem Meeresspiegel" (2008) und "El sicario: Room 164" (2010) angeboten werden.
Mit Pablo Traperos "El Clan", in dem eine argentinische Familie nach der Zeit der Militärdiktatur durch Entführungen zu Reichtum kommt, und David Finchers kultigem "Fight Club" finden sich auch starke Thriller im Programm. Mitreißendes Kino bietet Damien Szifrons Episodenfilm "Wild Tales", großes Drama Julian Schnabels "Schmetterling und Taucherglocke", in dessen Mittelpunkt der Chefredakteur der französischen "Elle" steht, der nach einem Schlaganfall nahezu vollständig gelähmt ist und nur über Bewegungen mit dem linken Augenlid kommunizieren kann.
Ein betörend schöner Trip durch die USA gelang Wong Kar-wai mit "My Blueberry Nights", während in Bruno Podalydès Komödie "Nur Fliegen ist schöner" ein Designer mit einem Kajak aus seinem eingerosteten Alltag ausbricht.
Und wer in die ungarische Filmgeschichte eintauchen will, bekommt dazu Gelegenheit mit zwei frühen Filmen der großen Marta Mészáros, die heuer ihren 90. Geburtstag gefeiert hätte. – Doch dies sind nur einige der rund 40 Neuerscheinungen, die Mubi im März neben dem umfangreichen Repertoire zum Streamen anbietet.
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