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Springsteen: Deliver Me From Nowhere

  • Autorenbild: Walter Gasperi
    Walter Gasperi
  • vor 6 Stunden
  • 3 Min. Lesezeit
"Springsteen: Deliver Me From Nowhere": Die Entstehung von Bruce Springsteens Album "Nebraska"
"Springsteen: Deliver Me From Nowhere": Die Entstehung von Bruce Springsteens Album "Nebraska"

Scott Cooper legt kein klassisches Biopic über "The Boss" Bruce Springsteen vor, sondern konzentriert sich auf die Entstehung des Albums "Nebraska" (1982): Stark gespielt von Jeremy Allen White in der Titelrolle und rund inszeniert, doch die persönliche Krise des Weltstars, die hinter den schwermütigen Songs steckt, bleibt diffus.


Schon mit seinem Spielfilmdebüt "Crazy Heart" (2009) widmete sich Scott Cooper mit dem Country-Sänger Hank Thompson einem Musiker. Nach unter anderem dem atmosphärisch dichten und stark gespielten Arbeiter- und Rachefilm "Out of the Furnace" ("Auge um Auge", 2013) und dem eindrücklichen Western "Hostiles" ("Feinde – Hostiles", 2017) kehrt der 55-jährige Amerikaner zu dieser Thematik zurück, rückt mit der Verfilmung des 2023 geschriebenen Buchs "Deliver Me From Nowhere: The Making Of Bruce Springsteen’s Nebraska" des Musikjournalisten Warren Zane aber einen Weltstar in den Mittelpunkt.


Im Gegensatz zu zahlreichen Musikerbiopics vom Queen-Film "Bohemian Rhapsody" (2018) über das Amy Winehouse-Biopic "Back to Black" (2024) bis zu "Better Man – Die Robbie Williams Story" (2024) zeichnet Cooper dabei keine Geschichte von Aufstieg und Absturz durch Drogenexzesse und fallweise großartigem Comeback nach, sondern fokussiert mit der Entstehung des Albums "Nebraska" in den Jahren 1981/82 auf einem kurzen Zeitabschnitt und einem Ereignis.


Statt in eine häppchenweise Aneinanderreihung von Episoden abzugleiten, kann Cooper so eine geschlossene Geschichte erzählen, die ganz auf Springsteen (Jeremy Allen White) zugeschnitten ist. Ein zentrales Thema wird dabei schon mit dem Einstieg angeschnitten, wenn auf eine schwarzweiße Kindheitsszene der Abschluss der "The River"-Tournee folgt, der mit "Baby, We Were Born to Run" auf die angeschlagene psychische Situation Springsteens verwiesen wird, der vor seinen Traumata und Ängsten wegrennt.


Diesen stellt er sich zwar nach dem Rückzug in sein abgelegenes Haus in Colts Neck, New Jersey, doch wirklich greifbar wird seine psychische Krise nicht. Rückblenden bieten zwar Einblick in eine angstvolle Kindheit mit einem alkoholsüchtigen und cholerischen Vater, doch offen bleibt, wieso gut 20 Jahre später Springsteens Mutter immer noch mit diesem Mann zusammenlebt und er selbst eine innige Beziehung zu ihm hat.


Völlig unklar bleibt auch, wieso ihn Terrence Malicks Film "Badlands" (1973) und der diesem zugrunde liegende Massenmörder Charles Starkweather so in den Bann zog, dass er sein neues Album zunächst nicht "Nebraska", sondern "Starkweather" nennen wollte. Auch die Begeisterung für die depressive Musik der New Yorker Avantgarde-Band Suicide bleibt mehr Behauptung als wirklich nachvollziehbar zu werden.


Andererseits verweigert sich der Film in diesem Verzicht auf Erklärungen einer Küchenpsychologie, die für alles konkrete Gründe findet, und beschränkt sich darauf die Einflüsse dieser Erfahrungen und Quellen auf die Songs zu vermitteln.


Unaufgeregt erzählt Cooper so und baut auch eine fiktive Liebesgeschichte mit der alleinerziehenden und in einem Diner arbeitenden Mutter Faye (Odessa Young) ein, mit der die für Springsteens Songs wichtige Arbeiterschicht ins Spiel kommt. Scheint sich am Beginn noch ein Konflikt mit dem Musikproduzenten anzubahnen, der möglichst bald ein neues Album des Stars herausbringen möchte, so rudert "Deliver Me From Nowhere" auch hier zurück, wenn der Produzent schließlich schwer schluckend, aber ohne großen Widerspruch Springsteens Wunsch akzeptiert, das Album "Nebraska" ganz ohne Werbung herauszubringen und den schon fertigen, hitverdächtigen Song "Born in the USA" auf später aufzuschieben.


Keine negative Figur und keinen Gegenspieler des Protagonisten gibt es hier, sondern alle vom als Automechaniker arbeitenden Jugendfreund über die Tontechniker bis zu seinem Manager und Freund Jon Landau (Jeremy Strong) stehen hinter ihm und lassen ihm freie Hand. Klassischer Geniekult wird hier in der Schilderung eines Künstlers betrieben, der unbeirrbar seinen Weg geht. Ausführlich widmet sich Cooper so nicht nur der Entstehung der Songtexte aus Springsteens persönlichen Erfahrungen heraus, sondern auch der langwierigen Suche nach dem gerade in seiner Unvollkommenheit perfekten Sound. Denn statt im Studio die Songs nochmals aufzunehmen, will Springsteen, dass seine zuhause mit einem Tonbandgerät gemachten Aufnahmen eins zu eins auf Platte übertragen werden.


Wirkliche Spannung kann im Verzicht auf dramatische Szenen kaum aufkommen, dennoch folgt man der Handlung dank der runden Erzählweise, der stimmungsvollen Bilder von Kameramann Masanobu Takayanagi, die die Geschichte in der Zeit und im Milieu verankern, und einer starken Besetzung durchgehend mit Interesse. Neben Jeremy Allen White, der in gewohnter Manier solcher Filme, Gang, Gestik und Mimik des Porträtierten verinnerlicht hat, brilliert vor allem Jeremy Strong als sein Manager, der spürt, dass es seinem Schützling nicht gut geht, ihm aber nicht helfen kann und ihm schließlich professionelle Hilfe empfehlen wird. Getragen wird "Springsteen: Deliver Me From Nowhere" letztlich aber natürlich von den zahlreichen Songs, die von White selbst mit spürbarer Leidenschaft gesungen werden.



Springsteen: Deliver Me From Nowhere

USA 2025

Regie: Scott Cooper

mit: Jeremy Allen White, Jeremy Strong, Paul Walter Hauser, Stephen Graham, Odessa Young

Länge: 120 min.



Läuft derzeit in den Kinos, z.B. im Cineplexx Hohenems und im Kino Bludenz.


Trailer zu "Springsteen: Deliver Me From Nowhere"


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