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Franz K.

  • Autorenbild: Walter Gasperi
    Walter Gasperi
  • vor 8 Minuten
  • 3 Min. Lesezeit
"Franz K.": Mutiges, aber überambitioniertes Biopic über Franz Kafka
"Franz K.": Mutiges, aber überambitioniertes Biopic über Franz Kafka

Agnieszka Holland zeichnet nicht linear Franz Kafkas Leben nach, sondern versucht mit einem assoziativen Fluss von fragmentierten Szenen Einblick in Leben, Werk und Rezeption des berühmten Schriftstellers zu bieten: Ein mutiges, aber auch überambitioniertes Patchwork, das kaum über Infotainment hinauskommt.


Nachdem im Jahr 2024, in dem der 100. Todestag Franz Kafkas begangen wurde, Georg Maas im melancholischen "Die Herrlichkeit des Lebens" sehr stimmig von der letzten Liebe des Prager Schriftstellers erzählt hatte, schwebte Agnieszka Holland ("Green Border") offensichtlich Größeres vor.


Die Polin, die schon 1981 "Der Prozess" fürs Fernsehen adaptiert hat, will nicht nur Einblick in Leben und Werk Kafkas bieten, sondern auch in das weitere Schicksal seiner Familie und dessen heutige Präsenz. Fließend wechselt sie dabei in assoziativer Erzählweise nicht nur zwischen Szenen aus Kindheit und Erwachsenalter, sondern lässt auch eine heutige Museumsführerin Tourist:innen über Kafka informieren.


Auch stilistisch wagt Holland dabei kühne Wechsel, wenn konventionell erzählten Familienszenen Momente gegenüberstehen, in denen Bekannte Kafkas die vierte Wand durchbrechen und direkt ans Publikum gerichtet ihre Gedanken zum Porträtierten äußern oder bei einer Lesung die Erzählung "In der Strafkolonie" als Kurzspielfilm visualisiert wird.


Eindrücklich lässt Idan Weiss mit seinem abgemagerten Körper zwar die Fragilität und Unsicherheit Kafkas spüren, doch viel neues erfährt man über ihn nicht. Allzu bekannt ist doch der Konflikt mit dem übermächtigen Vater, dessen Dominanz hier schon durch den massigen Körper Peter Kurths vermittelt wird.


Zerrissen ist Kafka zwischen den Forderungen dieses emotional kalten Mannes, der nur an das Familienunternehmen denkt und kein Verständnis für die schriftstellerischen Interessen seines Sohnes hat, und seinen eigenen Träumen und auch die Tätigkeit als Angestellter der Arbeiter-Unfallversicherungs-Anstalt für das Königreich Böhmen in Prag erfüllt ihn nicht.


Neu sind auch nicht Kafkas Zweifel an seinem schriftstellerischen Werk, das nur erhalten blieb, weil sein Freund Max Brod gegen Kafkas Willen dessen Verbrennung verhinderte, und auch über die Liebe zu Felice Bauer und deren Freundin Grete Bloch erfährt man kaum mehr als im Wikipedia-Artikel zu Kafka.


Im kaleidoskopartigen Wechsel der Szenen kommt nicht nur nie ein Erzählfluss auf, sondern es kann auch kaum ein Moment Tiefe und Intensität und abgesehen von Kafka selbst und seinem Vater kaum eine Figur markantes Profil entwickeln. So bleibt "Franz K." in der oberflächlichen Bebilderung von Lebenssituationen stecken, und auch die wiederholten Sprünge in die Gegenwart zur Museumsführung bieten kaum mehr als Infotainment.


Dass sich hier auch Asiat:innen für den tschechischen Autor interessieren ist dabei eine ebenso banale Information wie der Blick auf Kafkas Kommerzialisierung mit speziellen Burgern und weiteren Artikel. Haften bleibt hier wohl einzig die eindrückliche Gegenüberstellung von Kafkas schmalem Werk und Literatur über ihn, beträgt doch das Verhältnis eins zu zehn Millionen.


Einblick in sein Schaffen bieten wiederum, abgesehen von der Visualisierung von "In die Strafkolonie" vor allem mehrere kurze Lesungen vor Max Brod oder im Freundeskreis, während an die berühmte Novelle "Die Verwandlung" nicht durch Textpassagen, sondern durch die wiederholte Präsenz von Käfern erinnert wird.


So bleibt auch dieser Blick aufs Werk sehr bruchstückhaft und auch die kurzen Szenen zum weiteren Schicksal von Max Brod, der 1939 vor dem NS-Regime nach Palästina floh, und Kafkas Schwester Ottilie „Ottla“, die 1943 im KZ Auschwitz ermordet wurde, beschränken sich auf Informationsvermittlung, können aber schon allein aufgrund der Kürze keine erzählerische Kraft entwickeln.


So funktioniert "Franz K." zwar als schnelle und unterhaltsame Einführung für Kafka-Anfänger, scheitert als Film aber an seinem überambitionierten Ansatz, möglichst viele Informationen über den Jahrhundertschriftsteller in 127 Minuten zu verpacken. Franz K. Tschechien / Polen / Deutschland / Frankreich / Türkei 2025 Regie: Agnieszka Holland mit: Idan Weiss, Peter Kurth, Carol Schuler, Katharina Stark, Sebastian Schwarz, Sandra Korzeniak Länge: 127 min.



Läuft jetzt in den deutschen und österreichischen Kinos, z.B. im Cinema Dornbirn. - Ab 6.11. in den Schweizer Kinos, z.B. im Kinok St. Gallen.

Spielboden Dornbirn: Di 18.11. + Fr 5.12. - jeweils 19.30 Uhr



Trailer zu "Franz K."



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