Fort Apache – Bis zum letzten Mann (1948)
- Walter Gasperi

- 3. Sept.
- 4 Min. Lesezeit

Ein verbitterter und selbstherrlicher Offizier, der an einen Außenposten im Südwesten der USA versetzt wird, provoziert durch seine Sturheit und Arroganz eine Schlacht mit den Apachen, die für die US-Kavallerie vernichtend endet: Bei Filmjuwelen ist John Fords vielschichtiger erster Teil seiner Kavallerie-Trilogie mit zahlreichen Extras auf DVD und Blu-ray erschienen.
Mit einer rasenden Fahrt einer Kutsche durch die weite Landschaft des Monument Valley wird der Schauplatz eingeführt. Während der Schnitt von Jack Murray Dynamik erzeugt, fangen die Schwarzweißbilder der Kameramänner Archie Stout und William H. Clothier großartig die Halbwüste mit den berühmten Felszacken ein.
In der Kutsche befindet sich Oberst Thursday (Henry Fonda) mit seiner Tochter Philadelphia (Shirley Temple). Er soll in dieser Einöde das Kommando über ein Fort übernehmen, denkt aber schon an seine Rückkehr in die Zivilisation. Offen lässt John Ford, was zu seiner Versetzung und Degradierung führte, denn während der Zeit des Amerikanischen Bürgerkriegs war Thursday noch General.
Sichtlich verbittert hat ihn diese Entwicklung. Mit Arroganz und Härte tritt er gegenüber den anderen Soldaten auf. Während die Truppe einen kameradschaftlichen Umgang pflegt, legt Thursday Wert auf korrektes Salutieren, Ansprache mit Dienstgrad und Morgenappell.
In Opposition steht er damit vor allem zum erfahrenen, aber ihm unterstellten Hauptmann York (John Wayne). Bemüht sich York um eine Kalmierung der drohenden Konfrontation mit den Apachen, die unter ihrem Häuptling Cochise aus dem Reservat ausgebrochen sind, legt es Thursday schließlich auf eine Schlacht an, die mit der Vernichtung der Truppe enden wird.
Grundlage für den ersten Teil von John Fords sogenannter Kavallerie-Trilogie, die mit "She Wore a Yellow Ribbon - Der Teufelshauptmann" (1948) und "Rio Grande" (1950) fortgesetzt wurde, bildete die Kurzgeschichte "Massacre" des rechten Western-Autors James Warner Bellah. Ford ließ seinen Drehbuchautor Frank S. Nugent diese Vorlage aber überarbeiten und die rassistischen Töne beseitigen. Im Grunde wird so im Film frei die Geschichte der Niederlage General Custers am Little Bighorn im Jahr 1876 erzählt.
Aus Custer wird bei Ford Thursday und die Handlung verlegt der Starregisseur von Montana nach Arizona. Rücken in der um über 30 Minuten gekürzten deutschen Kinofassung die kriegerischen Auseinandersetzungen ins Zentrum, so liegt der Fokus im 126-minütigen Original vor allem in der ersten Hälfte auf dem Alltag im Fort und der Interaktion zwischen den Figuren.
So ist schon während der Ankunft Thursdays eine Feier mit Tanz im Gange, kräftig wird immer wieder getrunken und viel Raum nimmt auch die Liebesgeschichte zwischen Thursdays Tochter und dem jungen Leutnant O´Rourke (John Agar) ein. Diese dient auch dazu das überholte Klassen- und Standesdenken Thursdays herauszuarbeiten. Dieser stellt sich nämlich gegen die Beziehung seiner Tochter, denn er hält den aus einfachen Verhältnissen stammenden Leutnant für keinen standesgemäßen Partner.
Dazu kommt die prägnante Zeichnung von Nebenfiguren wie O´Rourkes Vater (Ward Bond) oder von Captain Collingwood (George O´Brien), der auf die Nachricht über seine Versetzung zum Ausbildner nach Westpoint wartet. Spannend ist hier auch das Verhältnis von Collingwood zu Thursday, denn sie kennen sich offensichtlich von früher und ein Konflikt wird angedeutet, aber nicht ausformuliert.
Starke Rollen gibt Ford aber auch den Ehefrauen von O´Rourke und Collingwood, die ihren Männern gleichberechtigt gegenüberstehen. Wie antike Statuen werden sie inszeniert, wenn sie beim Aufbruch der Männer aus Untersicht vor den Wolkenformationen gefilmt werden.
Rund 50 Minuten geht es so, bis erstmals von einem Angriff der Apachen gesprochen wird. Doch nicht die Native Americans werden verteufelt, sondern als wahrer Verbrecher erscheint ein weißer Händler, der ihnen billigen Whisky und Gewehre verkauft. Gleichzeitig wird aber auch die Eroberung des Westens durch die Weißen und die Verdrängung der indigenen Bevölkerung nie kritisiert.
Mehr als die Konfrontation zwischen weißen Eroberern und Apachen steht aber der sukzessiv sich steigernde Konflikt zwischen Thursday und dem pragmatischen Hauptmann York im Zentrum. Doch auch wenn der Kommandant mit seinem Angriff den Tod zahlreicher Soldaten verschuldet, wird York in einer den Film beschließenden Pressekonferenz das Handeln Thursdays sichtlich gegen seine eigene Überzeugung zu einer Heldentat umdeuten.
Kein Makel darf über das Heer kommen, sondern zumindest nach Außen muss der Anschein richtigen Handelns gewahrt bleiben. Was Ford 14 Jahre später in "The Man Who Shot Liberty Valance" (1962) mit den Worten "Wenn die Legende zur Wahrheit geworden ist, druckt die Legende" verbalisiert, das wird hier schon in der Erzählung demonstriert.
Gleichzeitig schlüpft York nach dem Tod Thursdays, dem Ford durchaus Tapferkeit attestiert, in die Rolle des Verstorbenen, wenn er nicht nur nun dessen Kommando übernimmt, sondern jetzt auch dessen Hut mit Sonnenschutz trägt. – So sind es neben der souveränen Entwicklung der Handlung und den visuellen Qualitäten vor allem die vielschichtige Figurenzeichnung und die Ambivalenzen durch die "Fort Apache" auch 77 Jahre nach seiner Uraufführung nichts von seiner Stärke eingebüßt hat.
An Sprachversionen bieten die bei Film- und Fernsehjuwelen erschienene DVD und Blu-ray die englische Original- und die deutsche Synchronfassung sowie deutsche und französische Untertitel und englische Untertitel für Hörgeschädigte. Die Extras umfassen neben dem originalen Kinotrailer und dem deutschen Kinotrailer den deutschen Vorspann sowie die um 30 Minuten gekürzte deutsche Kinofassung.
Dazu kommen ein 15-minütiges Feature über das Monument Valley und dessen Entwicklung zum Filmset sowie ein Audiokommentar von Rolf Giesen, der eine Fülle von Hintergrundinformationen zum Amerikanischen Westen und dem Western, John Ford, dem rechten Autor James Warner Bellah und zu den Hauptdarsteller:innen ebenso wie zu wenig bekannten Nebendarstellern wie Hank Worden, Ray Corrigan oder John Fords Bruder Francis bietet, aber – wie gewohnt – nur selten konkret auf Filmszenen eingeht.
Per QR-Code können auch zwei Booklets heruntergeladen werden, die einerseits einen ausführlichen Text von Roland Mörchen zu "Fort Apache" bieten, andererseits eine kurz gehaltene Chronik des amerikanischen Westens und des Western von Rolf Giesen, der den Bogen von 1734 bis zur Premiere von Kevin Costners "Horizon" im Mai 2024 beim Filmfestival von Cannes spannt. Schließlich gibt es auch noch eine Trailershow weiterer bei Filmjuwelen erschienener Filme.
Trailer zu "Fort Apache - Bis zum letzten Mann"




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