Ein Abhörspezialist entwickelt Gewissensbisse und glaubt zunehmend selbst abgehört zu werden. Bei Studiocanal ist Francis Ford Coppolas Meisterwerk anlässlich seines 50. Geburtstags mit zahlreichen Extras in 4K-Restaurierung auf Blu-ray und auf 4K Ultra HD erschienen.
Schon Mitte der 1960er Jahre hat Francis Ford Coppola eine erste Fassung des Drehbuchs entwickelt, doch erst der Erfolg von "The Godfather" ("Der Pate", 1971) ermöglichte ihm die Realisierung des Films. Gegen die Zusage "The Godfather 2" ("Der Pate 2", 1974) zu drehen, produzierte Paramount "The Conversation" ("Der Dialog", 1974), der in Cannes mit der Goldenen Palme ausgezeichnet wurde.
Aus der Vogelperspektive blickt die Kamera von Bill Butler auf den zur Mittagszeit belebten Union Square in San Francisco, erfasst einen Straßenclown und Passanten, ehe sie langsam hinunterzoomt und zunehmend auf ein Pärchen fokussiert.
Über drei Minuten dauert diese erste Einstellung und vermittelt mit dem Gewirr an Stimmen und Tönen schon einen Eindruck von der meisterhaften Arbeit des Toningenieurs und Editors Walter Murch, die eine zentrale Rolle in diesem Schlüsselfilm der 1970er Jahre spielt.
Mit einem Schnitt springt Coppola zum Abhörspezialisten Harry Caul (Gene Hackman), der in einem Lieferwagen sitzt und mit an verschiedenen Orten positionierten Mikrofonen zusammen mit seinem Team das Paar abhört. In seinem in einer Lagerhalle eingerichteten Arbeitsraum filtert Caul anschließend mit selbst entwickelten Techniken aus dem Gespräch des Mannes und der Frau, die offensichtlich ein Liebespaar sind, Stör- und Nebengeräusche heraus, um seinem Auftraggeber eine möglichst klare und vollständige Fassung des Dialogs zu liefern.
Je öfter er aber die Bänder abhört, desto klarer stellt sich bei Harry der Verdacht ein, dass ein Mordanschlag auf das Paar geplant wird, und er entwickelt Gewissensbisse und Schuldgefühle, da schon Jahre zuvor eine Familie aufgrund seiner Abhörtätigkeit getötet wurde.
Unübersehbar von Michelangelo Antonionis "Blow Up" (1966) ist "The Conversation" beeinflusst. Dem dortigen Fotografen, der in Fotos nach Spuren eines Mordes sucht, steht hier der Abhörspezialist gegenüber. Aber auch Hermann Hesses Roman "Der Steppenwolf" nennt Coppola als Vorbild und gleichzeitig spiegelt der Film die Zeitstimmung der von der Watergate-Affäre, bei der 1972 versucht wurde, im Hauptquartier der Demokratischen Partei im Watergate-Gebäudekomplex Abhörwanzen zu installieren.
Ganz auf seinen Protagonisten Harry Caul fokussiert Coppola, folgt ihm auf Schritt und Tritt. Stets auf dem Wissensstand dieses von Gene Hackman mit großer Zurückhaltung gespielten Mannes bleiben die Zuschauer:innen. Einen Einblick in seinen Katholizismus, der die Schuldgefühle verstärkt, bekommt man so ebenso wie in seine Einsamkeit und Verlorenheit, die immer wieder visuell durch seine Isolation im Raum vermittelt wird.
Nichts gibt dieser Mann von sich preis und ist so auch zu keiner echten privaten Beziehung fähig. Er erzählt auch seiner Geliebten nichts über sein Leben und seinen Beruf, sondern hört vielmehr deren Telefon ab. Auch seine Vermieterin soll nichts von ihm erfahren und er greift sie scharf an, als er entdeckt, dass sie seine Post öffnet. Einsam sitzt er immer wieder in seiner Wohnung, die er mit mehreren Schlössern sichert, und spielt allein auf seinem Saxophon.
Über seinen Auftrag hinaus stellt er Nachforschungen über das observierte Paar an, das er glaubt beschützen zu müssen, muss aber schließlich erkennen, dass er die Informationen völlig falsch eingeschätzt hat und nun auch selbst überwacht wird. Wie er, der alle Möglichkeiten der Überwachung kennt, schließlich in seiner zerstörten Wohnung sitzt, in der er erfolglos hinter den Tapeten und unter dem Parkett nach Abhörwanzen gesucht hat, ist ein beeindruckendes und lange nachwirkendes Bild der Einsamkeit und Verlorenheit, aber auch der Ausgeliefertheit.
Über diese meisterhafte intime Charakterstudie spiegelt sich in Harry Caul aber auch die Verunsicherung der US-Bevölkerung der 1970er Jahre, die auch in weiteren Paranoia-Thrillern wie Alan J. Pakulas "The Parallex View" ("Zeuge einer Verschwörung", 1974) oder Sidney Pollacks "Three Days of the Condor" (1975) zum Ausdruck kam.
An Sprachversionen verfügen die bei Studiocanal in 4K-Restaurierung erschienene Blu-ray und 4K Ultra HD über die englische Original- und - in drei Tonvarianten - die deutsche Synchronfassung. Dazu gibt es deutsche Untertitel sowie englische Untertitel für Hörgeschädigte.
Die durchgehend deutsch untertitelten Extras umfassen spannende Audiokommentare von Francis Ford Coppola und des Toningenieurs Walter Murch, ein informatives 45-minütiges Q&A mit Murch, Interviews mit Gene Hackman und dem Filmmusikkomponisten David Shire sowie Screentests mit Cindy Williams und Harrison Ford.
Dazu kommen ein achtminütiger Bericht von den Dreharbeiten, ein Vergleich der Drehorte zwischen einst und jetzt, ein Vergleich von Drehbuchseiten mit der filmischen Umsetzung und Coppolas frühen Kurzfilm "No Cigar" (1956), dessen Protagonist schon auf Harry Caul vorverweist, sowie der originale Kinotrailer, der neue Trailer zur 4K-Restaurierung und eine Bildergalerie.
Trailer zu "Der Dialog - The Conversation"
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