top of page

Das gestohlene Luftschiff (1966)

  • Autorenbild: Walter Gasperi
    Walter Gasperi
  • 20. Aug.
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 17. Sept.

"Das gestohlene Luftschiff": Einfallsreicher, von Jules Verne inspirierter Abenteuerfilm, in dem spielerisch leicht Real- und Animationsszenen kombiniert werden
"Das gestohlene Luftschiff": Einfallsreicher, von Jules Verne inspirierter Abenteuerfilm, in dem spielerisch leicht Real- und Animationsszenen kombiniert werden

Karel Zeman verbindet in seiner sehr freien Verfilmung von Jules Vernes Roman "Zwei Jahre Ferien" verspielt Animations- und Realszenen zu einem vor Einfallsreichtum sprühenden Abenteuerfilm: Bei Filmjuwelen ist der 1966 entstandene Klassiker mit vielfältigem Bonusmaterial auf DVD und Blu-ray erschienen.


Karel Zeman (1910 – 1989) zählt zu den Begründern des tschechischen Animationsfilms. Schon 1955 gelang ihm mit dem von Jules Vernes Roman "Reise zum Mittelpunkt der Erde" inspirierten Abenteuerfilm "Reise in die Urzeit" ein vielfach preisgekrönter Klassiker. Drei Jahre später folgte mit "Die Erfindung des Verderbens" (1957/58) eine weitere Jules-Verne-Verfilmung.


Wie in "Reise in die Urzeit" verband Zeman auch elf Jahre später bei "Das gestohlene Luftschiff" Animations- und Realszenen und verwendete mit "Zwei Jahre Ferien" wieder einen 1888 in zwei Bänden erschienenen Roman von Verne als Vorlage. Während beim französischen Autor freilich 14 Jugendliche nach einem Sturm auf einer einsamen Insel stranden, stehlen bei Zeman im Prag des ausgehenden 19. Jahrhunderts fünf Buben bei einer Luftfahrtausstellung ein Luftschiff.


Die Reise der fünf Kinder, die sie nach einem mächtigen Gewitter schließlich auf eine einsame Insel führt, verbindet "Das gestohlene Luftschiff" wiederum mit "Reise in die Urzeit". Verknüpft werden diese Abenteuer mit der Suche der Erwachsenen nach den Ausreißern.


Denn während gegen die Eltern ein Prozess wegen des Diebstahls stattfindet, recherchiert ein Reporter über den Verbleib des Luftschiffs. Der Erfinder des Luftschiffs wiederum versucht über das mediale Interesse seine Erfindung gut zu vermarkten, während gleichzeitig ein Agent im Auftrag einer ausländischen Macht versucht, das Geheimnis um das angeblich nicht brennbare Gas, mit dem das Luftschiff angetrieben wird, zu lüften.


Übervoll an Handlung ist so "Das gestohlene Luftschiff", aber leichthändig spielt Zeman mit diesen Versatzstücken. Verweise auf andere Romane von Jules Verne von "In 80 Tagen um die Welt" bis zu "Kapitän Nemo", auf dessen U-Boot Nautilus die Jugendlichen auf der Insel stoßen, baut der Tscheche ebenso ein wie – ganz im Sinne seines Vorbilds Verne – das Spiel mit vielfältigen technischen Errungenschaften.


Denn da gibt es nicht nur das Luftschiff, sondern auch andere Flugmaschinen, ein U-Boot und ein schwer gepanzertes Kriegsschiff bis hin zu einem Zug. Im Gegensatz zu diesen futuristischen Momenten wird aber gleichzeitig mit einem Schiff, auf dem Piraten die Macht an sich reißen, ein klassisches Abenteuermotiv bedient.


Leichthändig kombiniert Zeman dabei Animations- und Realszenen und evoziert mit den, abgesehen von einzelnen markanten Farbtupfern, ganz in Sepiatöne getauchten Bildern die Stimmung von alten Magazinen und des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Ein spielerisches Bild dieser Zeit vermittelt der Film dabei nicht nur mit der Fülle technologischer Erfindungen, sondern auch mit der aufkommenden Bedeutung der Presse, den kapitalistischen Interessen des Erfinders und den schon auf den Ersten Weltkrieg vorverweisenden Spionagetätigkeiten der Großmächte.


Im Gegensatz zu heutigen computergenerierten Animationsfilmen wirkt diese handgemachte Produktion dabei nie berechnend und kalt, sondern in jeder Szene spürbar ist Zemans Liebe zum Detail und zu seinem großen Vorbild Jules Verne. Vieles wirkt hier sehr kindlich und Witz sowie Lust an absurden Szenen sind wichtiger als Spannung, aber mit seinem Einfallsreichtum kann dieser ebenso aus der Zeit gefallene wie zeitlose Abenteuerfilm immer noch großes Vergnügen bereiten.


An Sprachversionen bieten die bei Film- und Fernsehjuwelen erschienene DVD und Blu-ray die tschechische Original- und die deutsche Synchronfassung sowie deutsche, englische und französische Untertitel. Die Extras umfassen neben einem Audiokommentar von Rolf Giesen, der zwar kaum konkret auf den Film eingeht, aber ausführlich über die Geschichte der Luftschiffe, die Unterschiede zwischen Jules Vernes Roman "Zwei Jahre Ferien" und Karel Zemans Verfilmung, die Romane von Jules Verne und dessen zahlreiche Verfilmungen in Hollywood und anderen Ländern sowie über den tschechischen Science-Fiktion-Autor Karel Čapek erzählt, mehrere jeweils deutsch untertitelte Features.


Während das 15-minütige Feature "Die fabelhafte Welt des Karel Zeman" Einblick in Tricktechnik und Vorbilder des tschechischen Regisseurs bietet, wird in einem zwölfminütigen Feature Einblick in die Bedeutung Zemans geboten. Das fünfminütige Featurette "Die Entstehung einer Filmlegende" zeichnet wiederum Zemans Entwicklung zum Filmemacher nach und im dreiminütigen "Die Legende geht weiter" äußern sich dessen Tochter und Sohn zu den Themen der Filme ihres Vaters sowie zu dessen größerer Wertschätzung im Ausland als in seiner tschechoslowakischen Heimat.


Dazu kommen ein digital abrufbares Booklet mit detaillierten Credits zum Film, einem Text von Rolf Giesen über Jules Verne und einer ausführlichen Bio-Filmografie zum französischen Autor sowie der tschechische, englische und deutsche Kinotrailer. Nicht fehlen dürfen freilich auch Trailer zu weiteren Filmen dieses Labels.



Trailer zu "Das gestohlene Luftschiff"


 

Kommentare


bottom of page