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Willkommen in den Bergen – Versetzung mit Aussicht (Un mondo a parte)

Autorenbild: Walter GasperiWalter Gasperi
In Italien ein großer Publikumserfolg: Die Komödie "Willkommen in den Bergen"
In Italien ein großer Publikumserfolg: Die Komödie "Willkommen in den Bergen"

Ein römischer Grundschullehrer lässt sich in die Berglandschaft der Abruzzen versetzen, wo er bald um den Erhalt der unter Schüler:innenmangel leidenden Schule kämpfen muss: Riccardo Milanis Sozialkomödie unterhält mit sympathischen Figuren, schöner Landschaft und viel Situationskomik, bleibt aber sehr harmlos und bieder.


Mit über einer Million Besucher:innen war "Willkommen in den Bergen" in Italien 2024 der größte Publikumserfolg. Die Gründe dafür liegen auf der Hand, denn einerseits werden mit den Problemen von kleinen Dörfern aktuelle Probleme angesprochen, andererseits wird mit der warmherzigen Erzählweise und dem Gespür für Situationskomik Unterhaltung geboten, die niemandem wehtut.


Im Mittelpunkt steht der Lehrer Michele (Antonio Albanese). Seit 35 Jahren unterrichtet er an einer Grundschule in der Peripherie von Rom, doch das Desinteresse und die Respektlosigkeit der Schüler:innen hat ihn bewogen um Versetzung anzusuchen. Kritik an der Bürokratie schwingt mit, wenn dieses Ansuchen über ein Jahr liegen blieb und jetzt zu Micheles eigener Überraschung plötzlich genehmigt wird.


Nicht ganz kohärent ist Riccardo Milanis Komödie dabei, wenn im Gegensatz dazu später Behördenanträge mit sensationeller Geschwindigkeit schon am nächsten Tag erledigt werden. Michele jedenfalls bricht mit seinem Wagen in das 364 Einwohner:innen zählende Bergdorf Rupe auf.


Heftiger Schneefall, Wölfe und ein Rudel Hirsche stimmen auf eine Welt ein, in der der Städter ein Fremdkörper ist. Auch mit seinen Reden über Klimawandel und drohendem Weltuntergang kommt er bei den Schüler:innen in der jahrgangsübergreifenden Kleinklasse nicht an.


Die Kolleg:innen glauben, dass er bald aufgibt, doch zu aller Überraschung lebt sich Michele ein, lernt sich nicht nur auf das Wetter einzustellen, sondern auch den speziellen Gruß der Einheimischen und gewinnt mit seiner Offenheit auch das Herz der Kinder.


Nicht glauben will man freilich, dass diese zwischen sechs und zehn Jahren alt sein sollen, sind doch alle etwa gleich groß, und seltsam altklug wirken sie auch in ihrem Reden und Handeln. Auch der fast permanente Schneefall verleiht "Willkommen in den Bergen" einen märchenhaften Charakter, während mit wiederholten Blicken auf das pittoreske Dorf und die Berglandschaft die Schönheit der abgelegenen Region gefeiert wird.


Klug war die Entscheidung professionelle Schauspieler:innen mit Laien aus den Dörfern zu mischen, denn speziell die Laien verleihen dem Film einen authentischen Anstrich. Zu viele Themen und Problemfelder packt Milani allerdings hinein, wenn der Klima- und Umweltaktivismus des Lehrers zwar bald in den Hintergrund tritt, dafür Kritik an ländlicher Intoleranz ins Spiel kommt, wenn ein lesbischer Teenager von ihren Eltern abgelehnt wird und auch der Wunsch eines jungen Mannes im Dorf eine Landwirtschaft aufzubauen, bei den Eltern auf Widerstand stößt. Wenn die Rettungsszene, zu der es im Laufe des Films kommt, in Zeitlupe inszeniert wird, gleitet "Willkommen in den Bergen" zudem in puren Kitsch ab.


Wirklich entwickelt werden die verschiedenen Themen allerdings nicht, sondern bleiben im Hintergrund, während im Mittelpunkt die Schule steht. Diese hat nämlich mit Schüler:innenmangel zu kämpfen, sodass eine Schließung durch die Behörde droht. Milani behandelt damit ein Problem, von dem zuletzt schon der französische Film "Es sind die kleinen Dinge" erzählte.


Organisierte man dort Kinder aus den Nachbardörfern, so bietet hier die Ankunft ukrainischer Flüchtlinge sowie eine Gruppe nicht integrierter Nordafrikaner:innen die Gelegenheit, neue Schüler:innen zu rekrutieren. Bedenklich ist allerdings, wie diese ukrainischen Kinder ebenso wie die Nordafrikaner:innen einzig auf ihre Bedeutung für die Schule reduziert werden, in deren Flüchtlingssituation aber mit keiner Szene Einblick geboten wird. Fast schon an einen Sklavenmarkt erinnert, wie Michele und seine Vizedirektorin Agnese (Virginia Raffaele) diese Schüler:innen zusammensammeln.


Mit der drohenden Schließung werden wiederum Geburtenrückgang und Landflucht thematisiert und als Schreckgespenst geistert der Begriff "Sperone" durch den Film. Mit diesem Dorf, dessen Schule vor Jahren geschlossen wurde und das inzwischen nur noch aus Ruinen besteht, wird eine mögliche Zukunft vor Augen geführt, die für Rupe unbedingt verhindert werden muss.


So muss auch mit Chuzpe und nicht ganz legalen Mittel dem Erfolg nachgeholfen werden, um einen fiesen Gegner zu übertölpeln, und neben dem Handlungsreichtum sorgen Running Gags wie der seltsame Gruß der Bewohner:innen oder die wiederholte Nennung des gesamten Namens der Schule für Witz. Nicht fehlen darf aber auch eine langsam aufkeimende Liebesgeschichte.


Mit der Realität hat diese einfach erzählte Komödie, in der am Ende dann auch noch die sommerlichen Schönheiten der Abruzzen gefeiert werden, nur hinsichtlich der Themen, aber kaum in der Handlungsführung etwas zu tun. Aber gerade dadurch bietet dieser Publikumserfolg warmherzige Unterhaltung, die schmunzeln und lachen lässt und niemandem wehtut – aber auch niemanden aufrüttelt oder länger nachwirkt.

 

Willkommen in den Bergen – Versetzung mit Aussicht (Un mondo a parte)

Italien 2024 Regie: Riccardo Milani mit: Antonio Albanese, Virginia Raffaele, Alessandra Barbonetti, Franca Di Cicco, Elisa Di Eusanio, Donatella La Cesa Länge: 113 min.



Läuft derzeit in den österreichischen Kinos, z.B. im Cinema Dornbirn.

Kinothek extra in der Kinothek Lustenau: Mi 23.4., 18 Uhr + Mo 28.4., 19.30 Uhr (Ital. O.m.U.)



Trailer zu "Willkommen in den Bergen - Versetzung mit Aussicht (Un monde a parte)


 

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