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  • AutorenbildWalter Gasperi

Venedig 2020: Vielversprechender Mix


Erstmals nach dem Corona-Lockdown soll mit dem 77. Filmfestival von Venedig (2. -12. 9. 2020) wieder ein großes Filmfestival real und nicht nur virtuell stattfinden. Große US-Filme fehlen zwar, aber das Line-up mit einem Mix aus Altmeistern und aufstrebenden jüngeren RegisseurInnen ist vielversprechend.


Weniger Filme als in den vergangenen Jahren werden zwar beim 77. Filmfestival von Venedig gezeigt und auch der große Starauflauf wird am Lido ausbleiben, vielleicht gerade deswegen könnte es aber eine sehr spannende Veranstaltung werden.


Zum ersten Mal seit rund zehn Jahren darf mit Daniele Luchettis "Lacci" ein italienischer Film das Festival eröffnen. Während diese Produktion außer Konkurrenz läuft, konkurrieren 18 Filme um den Goldenen Löwen, über dessen Vergabe die von Cate Blanchett geleitete Jury entscheiden wird. Anspruchsvolles Arthouse-Kino dürfte dabei große Preischancen haben, sitzen doch in der Jury neben Blanchett, der Schauspielerin Ludivine Sagnier und dem Schriftsteller Nicola Lagioia mit Christian Petzold, Joanna Hogg, Veronika Franz und Cristi Puiu vier RegisseurInnen, die kaum als Vertreter des Mainstreams gelten.


Im Wettbewerb treffen echte Altmeister wie der 83-jährige Russe Andrei Konchalovsky, der "Dear Comrades" zeigt, der Israeli Amos Gitai, dessen "Laila in Haifa" eingeladen wurde, und der Iraner Majid Majidi, um den es nach "Die Kinder des Himmels" und "Die Farben des Paradieses" seit der Jahrtausendwende sehr ruhig wurde, der jetzt aber mit "Sun Children" einen neuen Film präsentiert, auf junge Regisseurinnen, die mit ihren ersten Filmen für Aufsehen sorgten.


Gespannt sein darf man so auf "Nomadland", mit dem die in den USA arbeitende Chinesin Chloe Zhao ihren Nachfolgefilm zum großartigen Neo-Western "The Rider" vorlegt. Auch der Italienerin Susanna Nicchiarelli ist zuletzt mit "Nico, 1988" ein Film gelungen, der gespannt auf ihr neues Werk "Miss Marx" blicken lässt.


Mit Gianfranco Rosi, der seinen in den kurdischen Grenzgebieten gedrehten Dokumentarfilm "Notturno" präsentiert, ist ein früherer Venedig-Sieger ("Sacro GRA – Das andere Rom") ebenso vertreten wie mit der Bosnierin Jasmila Zbanic, die in "Quo vadis, Aida?" von einer Dolmetscherin erzählt, die während des Bosnien-Kriegs für die UNO arbeitet, eine Berlinale-Siegerin ("Grbavica"). Immer wieder zu überraschen verstehen aber auch die Polin Malgorzata Szumowska, die mit "Never Gonna Snow Again" (Co-Regie: Michal Englert) eingeladen wurde, sowie der Ungar Kornel Mundruczo, der mit "Pieces of a Woman" seinen ersten englischsprachigen Film zeigt.


Zu den renommierten Regisseuren zählt der Japaner Kiyoshi Kurosawa, der "Wife of a Spy" präsentiert, während die Norwegerin Mona Fastvold schon aufgrund ihrer Drehbücher zu den von ihrem Partner Brady Corbet inszenierten "The Childhood of a Leader" und "Vox Lux" Interesse für ihren zweiten Spielfilm "The World to Come" weckt.


Abgerundet wird die mit acht Regisseurinnen unter den 18 Filmen starke weibliche Präsenz durch die deutsche Julia von Heinz, die sich in "Und morgen die ganze Welt" mit dem erstarkenden Rechtsextremismus in Deutschland auseinandersetzt.


Aber auch außer Konkurrenz wartet das Line-up mit "Mantibules" des für seine hinreißend absurden Filme bekannten Quentin Dupieux, "Love After Love" der Chinesin Ann Hui, die ebenso wie Tilda Swinton mit einem Ehrenlöwen für ihr Lebenswerk ausgezeichnet wird, und Pedro Almodovars dreißigminütiger Adaption von Jean Cocteaus "La voix humaine" mit spannenden Spielfilmen auf.


Dazu kommen neben einer Doku über Greta Thunberg auch neue Dokumentarfilme unter anderem von Frederic Wiseman, Abel Ferrara, Alex Gibney und Luca Guadagnino. Und auch die Sektion "Orizzonti" weckt nicht nur mit "Genus Pan" des Philippino Lav Diaz und "Nowhere Special", mit dem Uberto Pasolini sieben Jahre nach der Perle "Still Life" einen neuen Film vorlegt, Interesse.

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