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Saint-Exupéry – Die Geschichte vor dem kleinen Prinzen

  • Autorenbild: Walter Gasperi
    Walter Gasperi
  • vor 3 Tagen
  • 3 Min. Lesezeit
"Saint-Exupéry": Die Erlebnisse des Autors von "Der kleine Prinz als Postflieger im Argentinien des Jahres 1930
"Saint-Exupéry": Die Erlebnisse des Autors von "Der kleine Prinz als Postflieger im Argentinien des Jahres 1930

Der Argentinier Pablo Agüero erzählt nicht das Leben von Antoine de Saint-Exupéry, sondern fokussiert ganz auf dessen Tätigkeit als Postflieger im Argentinien des Jahres 1930: Ein Abenteuerfilm über Freundschaft, heldenhaften Mut und bedingungslosen Einsatz, der aber nach realistischem Beginn zunehmend die Bodenhaftung verliert.


Jean-Jacques Annaud hat schon 1995 im 40-minütigen "Wings of Courage" von Antoine de Saint-Exupérys Erlebnissen als Postflieger in Argentinien erzählt und Howard Hawks gelang schon 1938 mit dem ebenfalls in den Anden spielenden Postflieger-Film "Only Angels Have Wings" ("S.O.S. – Feuer an Bord") ein Meisterwerk des Abenteuerfilms.


Mit einer dramatischen Szene setzt auch Pablo Agüeros Film ein, wenn der Postflieger Saint-Ex (Louis Garrel), wie ihn seine Kollegen nennen, in eine Gewitterwolke gerät und sein Motor abstirbt, als er versucht höher zu steigen. Nur eine Notwasserung bleibt ihm schließlich übrig, doch durch Angaben zu einer nahen Insel, kann er seinen Freund und Kollegen Henri Guillaumet (Vincent Cassel) herbeilotsen. Während das Flugzeug im Meer versinkt, kann Henri Antoine – und wichtiger noch den Postsack, den die Fluggesellschaft "Aeropostale" über das Leben ihrer Mitarbeiter:innen stellt – in letzter Sekunde retten.


Überstanden ist die Gefahr damit aber noch nicht, denn durch den Zeitverlust müssen die beiden Freunde nun bei Nacht das heimatliche Flugfeld ansteuern. Doch auch hier findet sich ein Weg, um sich in der Dunkelheit zu orientieren.


So dramatisch dieser Auftakt ist und so großartig die Wolken- und Meerbilder von Kamerafrau Claire Mathon ("Portät einer jungen Frau in Flammen") sind, so stört doch eine gewisse Künstlichkeit dieser Bilder. So glatt poliert und steril wirken sie, dass dadurch das Gefühl von Echtheit gestört und die Spannung beeinträchtigt wird. Ein Gegenbeispiel ist hier die spektakuläre Actionsequenz in dem freilich ungleich aufwändiger produzierten Blockbuster "Mission Impossible: The Final Reckoning", die handgemacht wirkt.


Trotz der Rettungsaktion steht die Postfluglinie aber vor dem Aus, da sie mit den auch nachts fahrenden Zügen nicht mithalten kann. Dazu kommt, dass die Flugzeuge die bis zu 7000 Meter hohen Andengipfel nicht überfliegen können, sondern einen Umweg wählen müssen.


Durch Umbau des Motors glaubt Antoine, dessen "Ich habe eine Idee" ein wiederkehrender Standardsatz des Films ist, aber, größere Höhen erreichen zu können Als sein Freund Henri aber vom Versuch die Anden zu überfliegen – mit Insert ist die Aktion auf den 13. Juni 1930 datiert – nicht zurückkehrt, macht sich Antoine, unterstützt von Henris Frau (Diane Krüger) aus die Suche nach seinem Freund.


Wenn Antoine dabei auf ein französisches Mädchen stößt, bei deren Farm Henri mehrfach notgelandet sei, oder auf einen Schäfer, bei dem der Flieger ebenfalls Zuflucht gesucht habe, entfernt sich der Film zunehmend von der Realität und versucht mit den Begegnungen und Gesprächen sichtlich Elemente von Saint-Exupérys 1943 erschienenem "Der kleine Prinz" einzubauen.


Dies stört freilich den Spannungsaufbau ebenso wie irreale Flugszenen, bei denen Saint-Exupéry mit offenem Cockpit ohne Atemprobleme in Höhen von 6000 Metern fliegen soll. Noch störender als am Beginn wirkt aber die visuelle Gestaltung. Denn so bildmächtig die verschneiten Andengipfel auch sind, so synthetisch und am Computer zumindest nachbearbeitet wirken diese an Werbeprospekte erinnernden Hochglanzbilder und lassen keine Atmosphäre aufkommen.


So bewegt sich "Saint-Exupéry" unentschlossen in einem Zwischenraum zwischen einem realistischen Abenteuerfilm und einer märchenhaft-metaphorischen Ebene. Zu wenig Raum erhalten aber auch Vincent Cassel, Louis Garrel und Diane Krüger, um ihren Figuren eine Komplexität zu verleihen, die um sie wirklich zittern ließe. Nicht wirklich zu fesseln vermag so diese Feier von Freundschaft, heldenhaftem Mut und bedingungslosem Einsatz für seine Arbeit ebenso wie für die Freunde.


Wenig entwickelt wird nämlich auch der traumatische Tod von Saint-Exupérys Bruder während seiner Kindheit, der in zwei Rückblenden angeschnitten wird. Und ausgespart wird auch seine schon zuvor mit der Novelle "L´aviateur" ("Der Flieger", 1926) und dem Roman "Courrier Sud" ("Südkurier", 1928) begonnene schriftstellerische Karriere.


Mehr notdürftig angehängt als schlüssig aus der Handlung entwickelt wirkt auch der Epilog, der plötzlich den Kampf von Guillaumet und Saint-Exupéry als Flieger gegen den Faschismus ins Spiel bringt und kurz ihren Tod resümiert, aber beispielsweise nicht erwähnt, dass der Autor von "Der kleine Prinz" die Erlebnisse in Argentinien in seinen Romanen "Vol de nuit" ("Nachtflug", 1930) und "Terre des hommes" ("Wind, Sand und Sterne", 1939) verarbeitete.


So funktioniert dieser Spielfilm letztlich weder als spannender Abenteuerfilm noch als aufschlussreiches Porträt des legendären Schriftstellers, nach dem auch ein Gipfel in Patagonien benannt ist, sondern lässt insgesamt ziemlich unbefriedigt zurück.



Saint-Exupéry – Die Geschichte vor dem kleinen Prinzen

Frankreich 2024

Regie: Pablo Agüero

mit: Louis Garrel, Diane Kruger, Vincent Cassel, Benoît Magimel, Yseult, Gabin Malherbe

Länge: 98 min.



Läuft derzeit in den deutschen und österreichischen Kinos, z.B. im Cinema Dornbirn und im Cineplexx Hohenems.



Trailer zu "Saint-Exupéry – Die Geschichte vor dem kleinen Prinzen"





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