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  • AutorenbildWalter Gasperi

Ruben Brandt, Collector


Weil ein Psychotherapeut in Alpträumen sich von weltberühmten Gemälden verfolgt fühlt, lässt er diese von vier seiner Patienten stehlen. – Milorad Krstić verbindet in seinem furiosen Animationsfilm Liebeserklärung an die Kunst und ans Kino mit rasantem Krimi.


Mal fühlt sich der Psychotherapeut Ruben Brandt im Traum von Andy Warhols "Der doppelte Elvis" zum Revolverduell herausgefordert, mal eröffnet einer von Edward Hoppers "Nighthawks" aus dem Diner das Feuer auf ihn. Bald träumt er, dass ihn Vincent van Goghs "Briefträger Roulin" über Arles aus einem Flugzeug wirft, dann zieht ihn wieder Botticellis "Venus" mit ihren Haaren in die Tiefen des Meeres oder die schwarze Katze von Manets "Olympia" zerkratzt ihm das Gesicht.


Selbst zu einem Psychotherapeuten sollte dieser Mann wohl, doch er versucht sich in seiner futuristischen, an einem See vor Bergkulisse gelegenen Klinik selbst zu kurieren. Eine Stuntfrau, die ihn als Kleptomanin um Hilfe gebeten hat, soll dazu für ihn zusammen mit drei weiteren Patienten die 13 Gemälde, die ihn verfolgen, stehlen. Der Weg führt dabei vom Pariser Louvre und dem Musée d'Orsay über die Uffizien in Florenz und die Eremitage in St. Petersburg bis zu einer Ausstellung in Tokio.


Während einerseits immer wieder die Träume Ruben Brandts mit der Wirklichkeit verschwimmen, heften sich andererseits nicht nur ein Detektiv, sondern auch Mafiosi, die auf die gewaltige Belohnung aus sind, an die Fersen der Kunstdiebe. Für furiose Actionszenen, mit denen James-Bond- oder "Mission Impossible"-Filme ebenso wie Sam Peckinpahs "Convoy" zitiert werden, ist dabei ebenso gesorgt, wie für eine Überfülle an kunsthistorischen Zitaten.


Auf das Zitieren beschränkt sich der 68-jährige, in Ungarn lebende Slowene Milorad Krstić, der mit "Ruben Brandt" seinen ersten abendfüllenden Film drehte, dabei aber nicht, sondern lässt die Kunstwerke gleich auch noch in seinen Film einfließen. An kubistische Gemälde Picassos erinnert so die Gestaltung der Figuren, die manchmal nur ein, manchmal drei Augen haben, während andererseits über Brandts Träume die Gemälde immer wieder lebendig und in die Filmhandlung integriert werden.


Bei der Malerei bleibt es dabei aber nicht, sondern auch an filmhistorischen Anspielungen ist dieser mit stupender Liebe zum Detail gestaltete Animationsfilm überreich. Plakate aus deutschen Stummfilmklassikern von "Der Student von Prag" über "Das Cabinet des Doktor Caligari" und "Dr. Mabuse" bis zu "Die Dreigroschenoper" hängen so in Brandts Elternhaus, eine Sammlung von Messern aus Filmen wie Roman Polanskis "Das Messer im Wasser", Brian De Palmas "The Untouchables" oder Clint Eastwoods "High Plains Drifter" ("Ein Fremder ohne Namen") nennt dagegen der Detektiv Kowalski sein eigen.


Gleichwertig stehen hier sogenannte Hochkultur und Popkultur nebeneinander. Nebenbei wird kurz auf Eadward Muybridges "Galoppierende Pferde" angespielt, Kasimir Malewitschs "Weißes Quadrat" taucht auf einem T-Shirt auf, auch Tarantinos "Pulp Fiction" darf nicht fehlen und an Alfred Hitchcock wird als Eiswürfel in einem Whiskyglas erinnert. Wenn der Detektiv gegen Ende langsam die Ursachen von Brandts Trauma entdeckt, kommt zusätzlich nicht nur eine düstere Familiengeschichte ins Spiel, sondern es werden auch noch Michael Powells Klassiker "Peeping Tom" oder auch die Filmmanipulationen in David Finchers "Fight Club" als Vorbilder sichtbar.


Unmöglich ist es die Fülle der Anspielungen beim ersten Sehen zu erfassen, steigern wird sich so der Genuss noch bei einer zweiten Sichtung. Doch trotz der Fülle bleibt dieses visuelle Feuerwerk, das auch durch den variantenreichen Soundtrack, bei dem auf Mozart und Schubert ebenso wie auf Britney Spears zurückgegriffen wird, begeistert, stets federleicht, wird nie zu schwerem Kunstkino, sondern bietet vor allem mitreißende, temporeiche und ungemein einfallsreiche Unterhaltung.


Läuft derzeit im Kinok in St. Gallen


Trailer zu "Ruben Brandt, Collector"



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