Nur für einen Tag - Partir un jour
- Walter Gasperi
- 5. Okt.
- 3 Min. Lesezeit

Eine Gourmetköchin kehrt aus familiären Gründen aus Paris in die heimatliche Provinz zurück, wo sie ihrer Jugendliebe begegnet: Inhaltlich bietet Amélie Bonnins Langfilmdebüt, das das heurige Filmfestival von Cannes eröffnete, nichts Neues, ist aber mit so viel Leichtigkeit, Charme und Feingefühl inszeniert, dass es verzaubern kann.
2023 hat Amélie Bonnin mit ihrem Kurzfilm "Raus aus der Provinz" den César für den besten Kurzfilm gewonnen. Diesen hat die 40-jährige Französisn nun zu einem Langfilm ausgebaut und die Hauptrollen wiederum mit Juliette Armanet und Bastien Boillon besetzt.
Inhaltlich bietet diese Tragikomödie mit der Gourmetköchin Cécile (Julitette Armanet), die nach einem Herzinfarkt ihres Vaters (François Rollin) für ein paar Tage in die heimatliche Provinz zurückkehrt und dort ihrer einstigen Jugendliebe (Bastien Bouillon) wiederbegegnet, wirklich nichts Neues. Wie aber die Debütantin ihre kleine Geschichte erzählt, macht "Nur für einen Tag – Partir un jour" zu einer beglückenden kleinen Perle.
Mit klassischen Mustern arbeitet die Französin, wenn sie dem kurz vor der Eröffnung stehenden Gourmet-Restaurant in Paris die elterliche Fernfahrerkneipe in der Provinz gegenüberstellt und damit Haute Cuisine auf einfache und schnell zubereitete Gerichte treffen lässt. Doch schon in einer der ersten Szenen schlägt Bonnin einen eigenen Ton an, wenn die Protagonist:innen vom Dialog in Gesang wechseln, um ihre Gefühle auszudrücken.
Ans amerikanische Musical wird damit ebenso angeknüpft wie an Jacques Demys Klassiker "Les parapluies de Cherbourg". Was in realistischem Dialog unweigerlich kitschig klingen würde, wird so auf eine Ebene gehoben, die die Gefühle echt wirken lassen. Wie diese Songs ganz selbstverständlich und organisch in die Handlung integriert sind, so setzen gegen Ende auch ein Home-Video, das an die Kindheit Céciles erinnert, und eine Szene in einer Eishalle, in der Cécile im wahrsten Sinne des Wortes in ihre Jugend eintaucht, ganz eigene Akzente.
Nie wirkt das gezwungen, sondern leichthändig und verspielt ist die Erzählweise und auch die Natürlichkeit der - noch – unbekannten und unverbrauchten Schauspieler:innen trägt zum Gelingen von "Nur für einen Tag – Partir un jour" bei. Charme versprüht diese Mischung aus Komödie, Familiendrama und Musical aber auch, weil stets die Leidenschaft und das persönliche Engagement der Regisseurin spürbar sind und trotz der wenig originellen Geschichte nichts verbraucht oder retortenhaft wirkt.
So leicht aber auch der Erzählton ist, so schneidet der Film doch auch ernste Themen an. Berührend wird nämlich auch von der Schwierigkeit einer Schwangeren erzählt, die ihr Kind nicht behalten will, sich aber nicht traut, mit ihrem Lebenspartner (Tewfik Jallab) darüber zu sprechen. Verschüttete Lebensträume werden sichtbar, wenn sich Céciles Mutter (Dominique Blanc) in ein Wohnmobil zurückzieht, mit dem sie schon lange gerne einmal nach Italien gefahren wäre, ihren Mann aber nie für diese Reise gewinnen konnte.
Melancholie kommt schließlich am Ende mit dem Titelsong "Partir un jour" ins Spiel, denn im Gegensatz zum deutschen Titel "Nur für einen Tag" erzählt dieser davon, was mit dem Verlassen der Orte der Kindheit und Jugend verloren geht, wie langsam eine Liebe und die Erinnerungen verblassen und sich auflösen.
Genau, aber immer liebevoll und durchzogen von feinem Humor ist der Blick Bonnins auf die von den alltäglichen Problemen und Erfahrungen belasteten Figuren und auf die Provinz, in der Cécile nicht nur ihren Eltern, sondern auch Jugendfreunden wiederbegegnet. Nicht ausbleiben darf hier die Rivalität zwischen ihrer Jugendliebe Raphaël (Bastien Bouillon) und ihrem Partner Soufiane, aber auch einer verpassten Chance trauert Cécile hier nach.
Nie wird dieses Debüt, das am Ende stimmig den Kreis zum Anfang schließt, aber schwergewichtig, sondern bewahrt eine typisch französische Leichtigkeit. Denn Bonnin deckt zwar familiäre Konflikte auf und führt ihre Protagonistin in eine Krise, lässt sie durch die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit aber auch einen neuen Weg in die Zukunft finden. Nur für einen Tag – Partir un jour Frankreich 2025 Regie: Amélie Bonnin mit: Juliette Armanet, Bastien Bouillon, François Rollin, Tewfik Jallab, Dominique Blanc Länge: 98 min.
Läuft derzeit in den Kinos, z.B. im Cinema Dornbirn und im Kinok St. Gallen.
Filmforum Bregenz im Parktheater Lindau: Do 23.10., 19.30 Uhr
Trailer zu "Nur für einen Tag - Partir un jour"
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