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AutorenbildWalter Gasperi

Lauren Bacall: Kühle Schönheit, moderner Frauentyp

Mit ihrer ersten Rolle in Howard Hawks´ "To Have and Have Not" wurde Lauren Bacall 1944 zum Star. Ihre Glanzzeit war die des Film noir, doch bis zu Lars von Triers "Dogville" drückte sie mit ihrer Präsenz und herben Schönheit Filmen immer wieder den Stempel auf. Aus Anlass ihres 100. Geburtstags widmen das Berner Kino Rex und das Stadtkino Basel dem am 12. August 2014 verstorbenen Hollywoodstar eine Filmreihe.


Die finanzielle Unterstützung eines Onkels ermöglichte es der am 16. September 1924 als einziges Kind der jüdischen Immigranten William Perske und Natalie Weinstein geborenen Betty Joan Perske eine private Mädchenschule zu besuchen, an der sie ihre Leidenschaft fürs Theater entdeckte. Aufgewachsen war sie nach der Scheidung ihrer Eltern bei ihrer Mutter, die ihren Namen mit Bacal in die rumänische Version ihres Geburtsnamens Weinstein änderte. – Um die Aussprache zu erleichtern, wurde später daraus Bacall und auch den Vornamen änderte sie mit Beginn ihrer Karriere von Betty in Lauren ab.


Schon während ihrer High School-Zeit arbeitete sie als Model und sammelte Bühnenerfahrungen in Off-Broadway-Produktionen. Entscheidend für ihren Durchbruch war ein Treffen mit der Moderedakteurin Diana Vreeland, die Bacall im März 1943 aufs Cover von Harper´s Bazaar brachte.


Die Frau von Howard Hawks entdeckte die 19-Jährige hier und Hawks holte sie für die Hemingway-Verfilmung "To Have and Have Not" (1944) nach Hollywood. Um ihrer Stimme Rauheit zu verleihen, soll Hawks sie gezwungen haben, jeden Tag zwei Schachteln Zigaretten zu rauchen oder sechs Monate lang in einen Canyon hineinzuschreien.


Schon während der Dreharbeiten verliebten sich Bacall und der 25 Jahre ältere Humphrey Bogart. Spürbar ist im Film, wie es zwischen ihnen knistert, wenn sie ihn um Feuer bittet ("Anybody got a match?") oder ihn auffordert zu pfeifen („You know how to whistle, don’t you Steve? You just put your lips together and … blow“).


Trotz des Altersunterschieds war sie kein Love-Interest, sondern eine selbstbewusste Frau, die dem Abenteurer auf Augenhöhe begegnet – eine klassische Hawksian Woman, die körperlich sogar größer als ihr Filmpartner Bogart war, sodass dieser bei Kussszenen auf einen Hocker stehen musste.


Kein Wunder war so, dass Hawks Bacall und Bogart, die nach Bogarts Scheidung von Maya Methot 1945 heirateten, auch in der Chandler-Verfilmung "The Big Sleep" (1946) besetzte. Auch hier ist ihre Vivian Sternwood eine überlegene Frau, der Bogarts Philip Marlowe hoffnungslos ausgeliefert ist.


Ein früher Höhepunkt ihrer Karriere war diese Zeit des Film noir, in der sie an der Seite von Bogart auch in Delmer Daves´ "Dark Passage" (1947) und John Hustons "Key Largo" (1948) spielte. Neben Barbara Stanwyck und Veronika Lake zählte Lauren Bacall zu den Idealbesetzungen dieses neuen Frauentypus, den der Film noir hervorbrachte.


Das Selbstbewusstsein und Entschlossene, das ihre Rollen kennzeichnete, legte sie aber auch im realen Leben an den Tag. Vom mächtigen Studioboss Jack Warner ließ sie sich so nicht einschüchtern, sondern lehnte auch Rollen ab, wenn ihr das Drehbuch nicht gefiel und nahm dafür eine Suspendierung in Kauf. Aber auch politisch bekannte sie Farbe, als sie mit Bogart sich gegen die Kommunistenjagd des Senators McCarthy engagierte.


Dass sie auch komödiantisches Talent besaß, bewies sie an der Seite von Marilyn Monroe und Betty Grable in "How to Marry a Millionaire?" (Jean Negulesco, 1953), die bedeutendste Rolle in den 1950er Jahre gab ihr aber wohl Douglas Sirk im großen Melodram "Written on the Wind" (1956), in der sie die Ehefrau eines von Robert Stack gespielten alkoholkranken Ölmagnaten spielte.


Ein schwerer Schlag war der Krebstod ihres Ehemanns Humphrey Bogart 1957, der die 32-Jährige zur Witwe und alleinerziehenden Mutter von zwei Kindern machte. Nach einer kurzen Affäre mit Frank Sinatra und einigen wenigen weiteren Filmrollen zog sie sich nach New York zurück, wo sie sich dem Theater widmete und beispielsweise die Hauptrolle im Broadway-Stück "Cactus Flower" und dem Broadway-Musical "Applause" spielte, das ihr eine Emmy-Nominierung einbrachte.


Eher glücklos war die Ehe mit dem alkoholkranken Schauspielerkollegen Jason Robards, die acht Jahre hielt und 1969 geschieden wurde. Dafür gelangen ihr in den 1970er Jahren einige markante Filmauftritte. In Sidney Lumets Agatha Christie-Verfilmung "Murder on the Orient Express" (1974) stach sie aus dem All-Star-Cast heraus und in Don Siegels Spätwestern "The Shootist" (1976) brillierte sie als Witwe, die in ihrer Pension einen von John Wayne gespielten krebskranken Scharfschützen aufnimmt.


Obwohl hier mit der überzeugten Demokratin Bacall und dem reaktionären Republikaner Wayne politische Gegensätze aufeinandertrafen, sorgte der Respekt gegenüber der Karriere und Professionalität des jeweils anderen dafür, dass sie blendend harmonierten.


Während Bacall für ihre Leistung in "The Shootist" als beste Nebendarstellerin für den British Film Academy Award nominiert wurde, und für eine Rolle in einer Doppelfolge der TV-Serie "The Rockford Files" ("Detectiv Rockford – Anruf genügt") nach "Applause" ihre zweite Emmy-Nominierung erhielt, brachte ihr einzig ihre Rolle in Barbra Streisands Liebeskomödie "The Mirror Has to Faces" ("Liebe hat zwei Gesichter", 1996) eine Oscar-Nominierung ein. – Erst 2009 sollte sie, nachdem sie schon 1993 den Cecil B. deMille Award für ihr Lebenswerk und 1996 den französischen César als Ehrenpreis erhalten hatte, von der Academy mit einem Ehrenoscar für ihr Lebenswerk gewürdigt werden.


Trotz fortschreitenden Alters arbeitete sie auch in den 2000er Jahren weiter und erklärte noch 2007 bei ihrem Berlinale-Besuch: "Arbeit hält mich lebendig. Deshalb werde ich so lange weiterarbeiten, wie ich kann."


Nun entdeckten sie auch die Autorenfilmer der Gegenwart. So spielte sie auch unter der Regie von Lars von Trier in dessen radikal reduziertem "Dogville" (2003), in dem es nur mit Kreide auf den Boden gezeichnete Kulissen gibt, ebenso wie in von Triers Sklaverei-Drama "Manderlay" (2005). Jonathan Glazer gewann sie für sein Melodram "Birth" (2004) und Paul Schrader für seine "American Gigolo" ("Ein Mann für gewisse Stunden")-Fortsetzung "The Walker" (2007).


Sogar mit 89 war sie 2014 noch in der TV-Serie "Family Guy" zumindest als Stimme präsent, ehe sie am 12. August 2014 in ihrer Wohnung in New York, wo sie seit 1961 im Dakota Building am Central Park lebte, an den Folgen eines Schlaganfalls starb.


Weitere Informationen und Spieltermine zur Filmreihe im Stadtkino Basel finden Sie hier und zum Berner Kino Rex hier.


Ein Streifzug durch Lauren Bacalls Leben und Karriere (3 Minuten)



 

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