top of page

Crossing Europe 2025: Familiengeschichten

  • Autorenbild: Walter Gasperi
    Walter Gasperi
  • vor 1 Tag
  • 3 Min. Lesezeit
Crossing Europe 2025: "Three Days of Fish" von Peter Hoogendoorn und "Good Children" von Filip Peruzović im Spielfilmwettbewerb
Crossing Europe 2025: "Three Days of Fish" von Peter Hoogendoorn und "Good Children" von Filip Peruzović im Spielfilmwettbewerb

Während in Peter Hoogendoorns "Three Days of Fish" ("Drie Dagen vis") ein Vater und sein erwachsener Sohn drei Tage durch Rotterdam streifen, müssen in Filip Peruzovićs "Good Children" ("Dobra Djeca") zwei Geschwister das Haus der verstorbenen Mutter ausräumen: Beiden Filmen gemeinsam ist, dass sich die Familienmitglieder sehr schwer tun miteinander zu kommunizieren.


In Peter Hoogendoorns von seiner persönlichen Beziehung zu seinem Vater inspiriertem "Three Days of Fish" kehrt Gerrie für wenige Tage aus seiner Wahlheimat Portugal nach Rotterdam zurück, um sich einer medizinischen Untersuchung zu unterziehen. Er hofft auch auf eine Aussprache mit seinem exzentrischen Sohn Dick, doch obwohl die Männer viel Zeit miteinander verbringen, sprechen sie nur wenig.


Die Tage verstreichen mit dem Besuch des Arztes und eines Zahnarztes, mit einem Treffen mit Dicks neuer Freundin und dem Besuch Gerries in seiner ehemaligen Arbeitsstätte, wo er erfahren muss, dass ein Arbeitskollege inzwischen verstorben ist. Auch das Grab der verstorbenen Ehefrau bzw. Mutter wollen sie besuchen, müssen aber erfahren, dass dieses aufgelassen wurde.


Keine stringente Handlung entwickelt Hoogendoorn, sondern reiht vielmehr einzelne Szenen aneinander, die vielfach auch auf Endlichkeit und Sterben verweisen. So sehr vor diesem Hintergrund eine Aussöhnung und ein gemeinsames Genießen dieser Tage, die vielleicht die letzten gemeinsamen sein werden, angebracht scheinen, so wenig kommen sich Vater und Sohn doch näher, stehen sich auch beim Abschied sprachlos gegenüber.


Wunderbar undramatisch erzählt Hoogendoorn diese in bestechenden Schwarzweißbildern (Kamera: Gregg Telussa) gefilmte Vater-Sohn-Geschichte. Getragen aber wird "Three Days of Fish", dessen Titel sich auf das niederländische Sprichwort bezieht, dass Gäste nach mehrtägigem Besuch ungenießbar werden wie alter Fisch, von Ton Klas als Vater und Guido Pollemans als Sohn. Sie harmonieren großartig, machen in ihrem Gang und ihrer Körpersprache spürbar, wie ähnlich sich diese beiden Männer im Grunde sind, vermitteln aber auch deren Schwierigkeit sich zu öffnen und miteinander zu reden.


Ungleich strengere Kost als dieses von sanftem Witz durchzogene, bittersüße Buddy-Movie bietet der kroatische Spielfilm "Good Children" ("Dobra Djeca"). Ganz auf ein auf einer Anhöhe etwas außerhalb einer Stadt liegendes Haus konzentriert sich Filip Peruzovic. Hierher sind Nikola und seine etwas jüngere Schwester Saša zurückgekehrt, um das Haus nach dem Tod der Mutter zu entrümpeln. Der Abfolge von Ansichten der mit Büchern, Möbeln und Porzellanfiguren vollgestopften Zimmer stehen so am Ende Ansichten der leeren Zimmer gegenüber.


Für einen starken visuellen Kontrast sorgt durchgängig der Gegensatz von wuchernder Natur, Tiergeräuschen und Sommerstimmung um das Haus auf der einen Seite und das mit Möbeln und Tapeten auf die 1970er oder 1980er Jahre verweisende Innere des Hauses. Hier scheint nicht nur die Zeit drinnen stillgestanden zu sein, sondern der Leblosigkeit im Innern steht auch das Leben draußen gegenüber.


Während Saša alles wegwerfen will, packt Nikola immer wieder Dinge aus, um sie aufzubewahren. Nur wenig wird gesprochen. Eher am Rande erfährt man, dass Nikola sich um die Mutter gekümmert hat, während Saša mit Mann und Tochter in Kanada lebt. Ihrer latenten Aggressivität steht seine Passivität gegenüber. Bald fallen sie in kindliche Verhaltensweisen zurück, wenn Nikola auf der Gitarre "Ihr Kinderlein kommet" spielt, sie wieder Tischtennis oder auf den Platten der Terrasse ein Hüpfspiel spielen.


In der Wortlosigkeit, im Verzicht auf Filmmusik und den teilweise endlos langen statischen Einstellungen wird die Erstarrung und Kommunikationslosigkeit spürbar. Auch der Besuch eines Nachbarn, der vorgibt kondolieren zu wollen und auch einen Kuchen mitbringt, aber letztlich vor allem auf die Rückgabe eines vor Monaten ausgeliehenen Rasentrimmers aus ist, bringt keine Bewegung in die Beziehung, sondern beschränkt sich auf Smalltalk.


In seiner Ereignislosigkeit stellt dieses minimalistische Kammerspiel so zwar Anforderungen an die Geduld der Zuschauer:innen, andererseits entwickelt "Good Children", wenn man sich darauf einlässt, in seiner formalen Konsequenz auch eine Intensität, die dafür sorgt, dass sich dieser Film nachhaltig einprägt.


Comments


bottom of page