Gefährlicher Urlaub - The Man Between (1953)
- Walter Gasperi
- vor 21 Stunden
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Vier Jahre nach "Der dritte Mann" versuchte Carol Reed 1953 mit einem im zerstörten Nachkriegs-Berlin spielenden Thriller an seinen Welterfolg anzuknüpfen. – Bei Pidax Film ist der mit James Mason und Hildegard Knef prominent besetzte Spielfilm auf DVD erschienen.
Das Vorbild von "Der dritte Mann" (1949) ist bei Carol Reeds Verfilmung von Walter Eberts Zeitungsroman "Susanne in Berlin" unübersehbar: Wie dort der Amerikaner Holly Martins ins vom Krieg zerstörte Nachkriegs-Wien kommt und langsam erkennen muss, dass sein früherer Freund ein übler Schieber ist, kommt hier eine junge Britin nach Berlin und verliebt sich in einen Deutschen mit Geheimnissen und dunkler Vergangenheit.
Noch stärker als in "Der dritte Mann" spielt hier freilich die Teilung der Stadt in westliche und einen sowjetischen Sektor herein. Wesentlich treffender als der nichtssagende deutsche Titel "Gefährlicher Urlaub" ist so auch der Originaltitel "The Man Between", denn der von James Mason gespielte Ivo Kern steht eben nicht nur zwischen seiner Vergangenheit und der Gegenwart, sondern auch zwischen Ost und West.
Aus der Perspektive der jungen Britin Susanne (Claire Bloom) erzählt Reed, wenn er mit ihrer Landung auf dem Flughafen Tempelhof seinen Thriller einsetzen lässt. Abgeholt wird sie von Bettina, der deutschen Frau (Hildegard Knef) ihres Bruders (Geoffrey Toone), der in Berlin als Militärarzt arbeitet.
Spannung baut Reed dadurch auf, dass die Zuschauer:innen weitgehend auf dem Wissensstand der Protagonistin sind. Geheimnisse werden aufgebaut, wenn Susanne und mit ihr das Publikum bald erkennt, dass Bettina offensichtlich etwas verheimlicht, und auch ein Junge mit Fahrrad, der immer wieder auftaucht, weckt Interesse.
Über Bettina lernt Susanne während eines Ausflugs in den sowjetischen Sektor auch den Deutschen Ivo Kern kennen, der nicht nur nichts über seine Vergangenheit preisgibt, sondern auch in zwielichtige Geschäfte verwickelt ist. So entwickelt sich eine ziemlich unglaubwürdige Agentengeschichte zwischen Ost und West, die in eine lange Flucht und Verfolgung mündet.
Ganz im Gegensatz zu Orson Welles´ diabolischem Harry Lime in "Der dritte Mann" spielt James Mason Ivo Kern als zerrissenen Mann, dessen Gegenwart von seiner Vergangenheit schwer belastet wird. Blass bleibt dagegen Claire Bloom als unschuldige und unerfahrene Susanne, während ihr Bruder eine völlige Randfigur bleibt und die von Hildegard Knef gespielte undurchsichtige Bettina leider bald weitgehend aus dem Film verschwindet. Im Übrigen wird Knef in den Credits des Films als Neff geführt, da dieser Name im Englischen leichter auszusprechen ist.
Während "Der dritte Mann" wesentlich von der Atmosphäre des Nachkriegs-Wien lebt, will diese in "Gefährlicher Urlaub" nicht wirklich aufkommen. Die Handlung wird zwar mit Außenaufnahmen vom Flughafen Tempelhof, dem Brandenburger Tor, der Gedächtniskirche, einem S-Bahnhof und einer Szene im Neuen Ballhaus Resi in Berlin verankert, doch viele Szenen wirken dennoch studiohaft. Auch die Kameraarbeit von Desmond Dickinson ist zwar solide, doch erreicht sie nie die Qualität der düsteren, immer wieder expressionistisch gekippten Schwarzweißbilder von Robert Krasker in "Der dritte Mann".
Problem ist aber auch die Sprachführung. Unbedingt sollte man zwar die zweisprachige Originalfassung ansehen, dennoch ist unglaubwürdig, wie deutsche Figuren zwar kurz in ihrer Muttersprache sprechen, dann aber auch bei Gesprächen mit Landsleuten ins Englische wechseln.
Nach spannendem Beginn verflacht so die Spannung auch aufgrund wenig plastischer Figuren und hanebüchener Wendungen, ehe sie bei der langen finalen Flucht und Verfolgung doch wieder anzieht. Statt in die Kanalisation im Wiener Klassiker geht es hier dann auf das Gerüst eines Neubaus und gekonnt verbindet Reed dabei auch Thriller und Liebesromanze, ehe ein ebenso abruptes wie hoffnungsloses Ende folgt, das wiederum "Gefährlicher Urlaub" mit "Der dritte Mann" und "Odd Man Out" ("Ausgestoßen", 1947), mit denen dieser Thriller eine inoffizielle Trilogie bildet, verbindet. Markant wird aber mit diesem Ende auch der englische Titel "The Man Between" auf den Punkt gebracht.
An Sprachversionen bietet die bei Pidax Film erschienene DVD, die mit gestochen scharfen Schwarzweißbildern überzeugt, die englische Originalfassung, zu der deutsche Untertitel zugeschaltet werden können, sowie die deutsche Synchronfassung. Die Extras beschränken sich auf eine Bildergalerie.
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