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Frankenstein (2025)

  • Autorenbild: Walter Gasperi
    Walter Gasperi
  • vor 15 Minuten
  • 4 Min. Lesezeit
"Frankenstein" (2025): Visuell überwältigende, romantische Schauergeschichte
"Frankenstein" (2025): Visuell überwältigende, romantische Schauergeschichte

Guillermo del Toro legt seine visuell grandiose Verfilmung von Mary Shelleys gleichnamigem Roman als romantische Schauergeschichte um wissenschaftliche Besessenheit auf der einen Seite und Ausgrenzung eines Außenseiters auf der anderen Seite an.


Die Verfilmung von Mary Shelleys 1818 erschienenem Roman ist seit vielen Jahren ein Wunschprojekt Guillermo del Toros . Schon 2007 äußerte er diese Absicht, doch erst 2023 ermöglichte Netflix die Realisierung. 120 Millionen Dollar wurden dafür locker gemacht und in jedem Bild sieht man den Aufwand, der hier betrieben wurde. Nur auf der großen Leinwand entfaltet dieser Film seine Kraft, doch gezeigt wird er nur in ausgewählten Kinos in Deutschland und der Schweiz, nicht aber in Österreich, ehe er ab 7. November beim Streaming-Giganten verfügbar sein wird.


Als prägende Kindheitserfahrung nennt der für "Shape of Water – Das Flüstern des Wassers" 2018 mit dem Oscar ausgezeichnete Regisseur James Whales Horrorfilme "Frankenstein" (1931) und dessen Fortsetzung "Bride of Frankenstein" (1935). Die Liebe zu diesen Klassikern ist in del Toros Film ebenso zu spüren wie zu Mary Shelleys Roman, dem der Mexikaner einerseits im Grundgerüst folgt, andererseits aber auch, beispielsweise durch die Hinzufügung der Figur des Waffenfabrikanten Heinrich Harlander (Christoph Waltz), verändert hat.


Grandiose Bilder, die an die Gemälde Caspar David Friedrichs erinnern, bietet schon der Einstieg mit einem im Polarmeer eingefrorenen Schiff. Als die Mannschaft auf der Eisfläche bei einem Feuer einen schwer verletzten Mann (Oscar Isaac) entdeckt, bringt sie diesen aufs Schiff, wird aber bald von einem riesigen Wesen im Pelzmantel (Jacob Elordi) angegriffen. Diese Angriffe veranlassen den Verwundeten dem Kapitän seine Geschichte zu erzählen.


Del Toro verlegt die Geschichte des Romans von 1818 in die 1850er Jahre und kann so lustvoll und mit ebenso prächtiger wie detailreicher Ausstattung (Production Design: Tamara Deverell) das Viktorianische Zeitalter beschwören. Der frühe Tod der geliebten Mutter (Mia Goth) weckt bei Victor Frankenstein, dessen Vorname ihn schon als Sieger und Bezwinger kennzeichnet, das Verlangen seinen als Chirurg tätigen kalten und strengen Vater, dem er die Schuld am Tod der Mutter gibt, zu übertreffen und sogar den Tod zu besiegen.


Im deutschen Waffenhändler Harlander findet er einen Finanzier für seine Pläne und ein Teufelspakt wird geschlossen, bei dem freilich auch Harlander Frankenstein schließlich um einen Gefallen bitten wird. Von der Universität wegen seiner Pläne scharf kritisiert, arbeitet Frankenstein in einem abgeschiedenen Turm an seinem Vorhaben. Zum wissenschaftlichen Interesse kommen aber auch Gefühle für Harlanders Cousine Elizabeth (Mia Goth), die aber schon mit seinem Bruder William (Felix Kammerer) verlobt ist.


Dass diese junge Frau ebenso wie Frankensteins Mutter von Mia Goth gespielt wird, verweist zwar auf Frankensteins Mutterkomplex, doch dieser Aspekt wird nicht weiterentwickelt. Der Fokus liegt vielmehr auf der Forschung, für die der besessene Wissenschaftler auf einem Schlachtfeld Leichenteile sammelt. Bildmächtig und in sichtbarer Anlehnung an James Whales "Frankenstein" wird diese Schöpfung bei einem heftigen Gewitter zum Leben erweckt, doch Frankenstein ist enttäuscht von seinem Werk, dem scheinbar jede Intelligenz fehlt…


Werden in diesem ersten Teil Fragen nach Forschertätigkeit und Grenzen der Wissenschaft aufgeworfen, so folgt bald ein Perspektivenwechsel, mit dem das Geschöpf ins Zentrum rückt. Wie schon in "Hellboy" (2004), "Pans Labyrinth" (2006), "Shape of Water"(2017) und dem großartigen Stop-Motion-Animationsfilm "Guillermo del Toros Pinocchio"(2022) erklärt der 61-jährige Regisseur dabei auch hier dem Außenseiter seine Liebe.


Bald ist nämlich keine Frage mehr, wer hier eigentlich das Monster ist, denn mit viel Gefühl wird gleichermaßen bewegend wie sentimental eine Entwicklungsgeschichte vom "Etwas" zum "Jemand" und von der Sehnsucht nach Zugehörigkeit und Freundschaft erzählt. Fragen der Menschlichkeit werden aufgeworfen, wenn der zarten Seele der Kreatur die Aggressivität der Menschen gegenübergestellt wird, die nur die abstoßende Hülle wahrnehmen und alles Fremde und Andersartige vernichten wollen.


Kein Zufall ist es so auch, dass nur ein alter Blinder und Elizabeth eine persönliche Beziehung zum namenlos bleibenden Geschöpf aufbauen. Unaufdringlich verwebt del Toro mit dem Mitgefühl Elizabeths für den Außenseiter auch die Geschichte von "Die Schöne und das Biest" in diesen "Frankenstein" und erzählt schließlich auch von der Schuld des Wissenschaftlers, der seine Schöpfung verstoßen und keine Verantwortung dafür übernommen hat, aber auch von Reue und Sehnsucht nach Erlösung.


So revolutioniert del Toro mit seinem Film weder die Frankenstein-Geschichte noch das Kino, bietet aber dicht erzählte und hochromantische Unterhaltung, bei der jedes Bild mit seiner Opulenz ein Fest für die Augen ist. Großartig rückt die Kamera des Dänen Dan Laustsen nicht nur die Eislandschaft am Beginn ins Bild, sondern auch das verschneite Schlachtfeld, idyllische Naturlandschaften oder eine einfache bäuerliche Welt bis hin zu noblen Festgesellschaften.


Das durch die Fenster flutende warme gelbe Licht, das das Innere des Turms wie eine Kathedrale illuminiert, sorgt ebenso für starke Akzente wie das tiefrote Kleid der Mutter oder das bald türkise, bald grüne, bald weiße Kleid Elizabeths. – Ein visueller Rausch ist dieser Film, der von der Musik von Alexandre Desplat großartig unterstützt wird, doch nie verkommt diese Oberfläche zum Selbstzweck, sondern dient immer der Beschwörung der ebenso romantischen wie mit der Arbeit mit Leichenteilen auch düster-blutigen und manche Zuschauer:innen vielleicht verstörenden Atmosphäre und damit auch dem Storytelling. Frankenstein USA 2025 Regie: Guillermo del Toro mit: Oscar Isaac, Jacob Elordi, Mia Goth, Christoph Waltz, Felix Kammerer, Lars Mikkelsen, Christian Convery Länge: 149 min.



Läuft derzeit in ausgewählten deutschen und Schweizer Kinos, z.B. im Skino Schaan.



Trailer zu "Frankenstein"



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