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AutorenbildWalter Gasperi

Filmbuch: Die 11 Erzählkonzepte


Philipp Knauss definiert den Begriff des Erzählkonzepts und stellt anhand zahlreicher Filmbeispiele die elf Erzählkonzepte vor, denen Spielfilme zugeordnet werden können. – Spannende und informative Lektüre nicht nur für Filmstudent*innen.


Als Lehr- und Anwendungsbuch für Filmstudierende, Profis aber auch für Filminteressierte, "die schon immer wissen wollten, warum es gute und schlechte Filme gibt" ist "Die 11 Erzählkonzepte" laut Klappentext angelegt. Einerseits werden dann auch für angehende Filmschaffende viele praktische Tipps geboten, andererseits werden auch Cineasten dank der vielen Analysen von Spielfilmen und der wiederholten direkten Ansprache der Leser*innen die 300, in lockerem Stil geschriebenen Seiten mit Interesse lesen und einiges daraus mitnehmen können.


Über die Definition des Erzählens und des Konzepts, aber auch der Erzähltheorie, der Erzähltechnik, der Begriffe Plot und Motiv sowie des Genres nähert sich der Dozent, Drehbuchautor und Produzent Philipp Knauss den elf Erzählkonzepten. Auf jeweils rund 20 bis 30 Seiten arbeitet er dabei anhand der Analyse von Ridley Scotts "Der Marsianer" und Michael Caton-Jones´ "Rob Roy" die Merkmale der "Gewusst-Wie-Geschichten" heraus.


Musterbeispiele für das Erzählkonzept der "Plausibilisierung", das sich vor allem im Horrorgenre, bei Mystery- und Science-Fiction-Filmen findet, sind für den Autor Alan Parkers "Angel Heart" und der Found-Footage-Film "Blair Witch Project", aber auch "The Ring" und David Finchers "Se7en".


Beim Erzählkonzept "Liebesgeschichte" arbeitet Knauss zunächst den Unterschied zwischen Filmen über Liebe, die nicht zu diesem Konzept gehören, und Liebesfilmen heraus, um anschließend ausführlich auf James Ivorys "Was vom Tage übrig blieb", Luca Guadagninos "Call Me By Your Name" einzugehen und anhand von Ang Lees "Brokeback Mountain" das Motiv der verbotenen Liebe zu behandeln.


Weitere Erzählkonzepte sind die "Hermetische Welt", das anhand der Golding-Verfilmung "Der Herr der Fliegen", Daniel Espinosas "Life" und Alex Garlands "Ex Machina" ausführlicher behandelt wird, sowie das "Worldbuilding", das durch die Schaffung fiktiver Welten wie sie sich vor allem in Fantasy- und Science-Fiction-Filmen finden, gekennzeichnet ist.


Als Meisterstück des "Whodunit" wird Ryan Johnsons "Knives Out" ausführlich gewürdigt, während bei der "Was wäre wenn-Prämisse" die Eastwood-Filme "Million Dollar Baby" und "Gran Torino", aber auch Danny Boyles "Yesterday" und David Cronenbergs "The Fly" analysiert werden.


Differenziert arbeitet Knauss auch die Merkmale des "Historischen Films" heraus, zu dem laut Autor zwar Mel Gibsons "Braveheart", aber nicht Ridley Scotts "Gladiator", der die Antike nur als Hintergrund benützt, gehört. Als Musterbeispiele für eine "Exploitative Geschichte", bei der mit der voyeuristischen Erwartungshaltung des Publikums gespielt wird, werden dagegen "Rambo", aber auch David Lynchs "Der Elefantenmensch" vorgestellt.


Aus dem Rahmen fällt das Erzählkonzept "Filme mit übergeordnetem Zweck", bei dem nicht das Erzählen einer Geschichte, sondern eine Botschaft von der Vermarktung eines Produkts bis zu politischer Propaganda im Zentrum steht, ehe ein Blick auf die "Synthetische Narration" den Abschluss bildet. Die Filme von Christopher Nolan dürfen in diesem Kapitel so wenig fehlen wie die Definition des Konzeptfilms. Mit spürbarer Begeisterung beschreibt Knauss aber vor allem Frank Darabonts "Die Verurteilten – The Shawshank Redemption" und dessen Twist, der ihn zu einem Musterbeispiel für synthetische Narration macht.


Weil Knauss immer nah an den Filmen bleibt, anhand der anschaulichen Schilderungen Merkmale der Erzählkonzepte herausarbeitet und nie ins Theoretisch-Abstrakte abgleitet und zudem den Leser mit direkter Ansprache immer wieder in seine Darstellung einbezieht und ihn zum Mitdenken auffordert, ist dies nicht nur eine sehr lehrreiche, sondern auch spannende Lektüre, die den Blick auf Filme zweifelsohne schärft und für Praktiker wichtige Tipps für Projekte bietet.


Philipp Knauss, Die 11 Erzählkonzepte. Narration von Filmen entwickeln und verstehen. UVK Verlag, München 2020, 314 S., ISBN 978-3-3-8252-5449-0, € 24,90

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