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AutorenbildWalter Gasperi

Filmbuch: Der Film im Nationalsozialismus


In 18 nicht chronologisch, sondern thematisch geordneten kurzen Kapiteln zeichnet Wolfgang Jacobsen im zweiten Band der bei Edition text + kritik erscheinenden Reihe "Filmgeschichte kompakt" ein in aller Knappheit bestechend vielschichtiges Bild des nationalsozialistischen Films, aber auch der Filmpolitik.


Während Kaya Adachi-Rabe im ersten Band der neuen Reihe "Filmgeschichte kompakt" chronologisch die Geschichte des japanischen Films nachzeichnete, nähert sich Wolfgang Jacobsen über thematische Aspekte seinem Thema. An markanten Filmen arbeitet der Filmhistoriker und Experte für den nationalsozialistischen Film (Filmbuch: "Nazis können nicht lieben - Drei Filme aus Deutschland") jeweils einen speziellen Aspekt der nationalsozialistischen Ideologie und Propaganda heraus. Auf berüchtigte Werke wie Leni Riefenstahls "Triumph des Willens" kommt er dabei ebenso erst spät – auf Seite 57 im Kapitel "Führer – Volk" zu sprechen – wie auf die antisemitischen Hetzfilme "Der ewige Jude" und "Jud Süß" (S. 81 im Kapitel "Hass – Mord").


Jacobsen arbeitet vor allem heraus, dass Propaganda und Manipulation gerade in den scheinbar harmlosen Unterhaltungsfilmen der rund 1000 Filme, die während der 12 Jahre des Dritten Reichs entstanden, erfolgte. Umgesetzt wurde hier vielfach die Forderung von Propagandaminister Joseph Goebbels, das Publikum so zu manipulieren, dass es die Manipulation nicht bemerkt.


Wie durch den Kompilationsfilm "Blutendes Deutschland" schon während der Weimarer Republik Stimmung gemacht wurde, zeigt Jacobsen ebenso auf, wie die Mobilisierung speziell der Jugend durch Filme, wie "Hitlerjunge Quex". Wie der "Blut und Boden"-Mythos propagiert wurde, wird anhand der Analyse der Verfilmung von Theodor Storms "Der Schimmelreiter" durch Hans Deppe / Curt Oertel und Kurt Skaldens Dokumentarfilm "Junges Blut" dargelegt.


Quer durch die Genres spannt Jacobsen den Bogen, bietet anhand von Komödien wie "Die Feuerzangenbowle", "Wenn wir alle Engel wären" oder "Kapriolen" Einblick in die "samtene und leise" (S.45) Indoktrination und anhand von Arztfilmen wie "Ich klage an" die Propagierung der nationalsozialistischen Rassenideologie. Prägnant arbeitet Jacobsen heraus, wie in historischen Filmen über "große Führungsgestalten" wie Friedrich der Große oder Bismarck die Gegenwart in der Vergangenheit gespiegelt und der Führerkult gepflegt wurde. Und auch wie die scheinbar dokumentarischen Wochenschauen zunehmend stärkeren propagandistischen Charakter erhalten und Spielfilmszenen ins dokumentarische Material einflossen, legt Jacobsen anschaulich dar.


Doch nicht nur auf den Filmen fokussiert der Autor, sondern er bietet auch Einblick in die Entwicklung der filmpolitischen Richtlinien, die Verstaatlichung der Filmförderung sowie die Gleichschaltung der Filmkritik, die zur "Filmbetrachtung" wurde.


Abgerundet wird diese ebenso kompakte wie vielschichtige Darstellung der Geschichte des Films im Nationalsozialismus, bei der zeitgenössische Zitate immer wieder einen Eindruck von der damaligen Stimmung und der Sicht anderer vermitteln, durch Quellenangaben, Literaturliste und ein Personenregister. Anstelle eines "Kanons des nationalsozialistischen Films", der sich für den Autor verbietet, verweist Jacobsen darauf, dass zahlreiche der analysierten Filme auf DVD vorliegen - allerdings nicht generell in kritisch begleiteten Editionen.


Wolfgang Jacobsen, der Film im Nationalsozialismus. Filmgeschichte kompakt Bd. 2, Edition text + kritik, München 2021. 136 S., € 19, ISBN 978-3-96707-528-1


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