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  • AutorenbildWalter Gasperi

Die unendliche Weite des Himmels - The Sanctity of Space


Die Kletterer Renan Ozturk und Freddie Wilkinson verzahnen den mehrmaligen Versuch einer extrem schwierigen Tour in Alaska mit einem Porträt des Landschaftsfotografen und Bergsteigers Bradford Washburn: Faszinierend in vielen Passagen, stört eine gewisse Weitschweifigkeit den Gesamteindruck.


Ein in den 1930er Jahren entstandenes Foto von Bradford Wasbhurn (1910 – 2007) motiviert die Kletterer Renan Ozturk, Freddie Wilkinson und Zack Smith die extrem schwierige Moose-Tooth-Traverse im Denali Nationalpark in Alaska in Angriff zu nehmen. Zwei Erzählstränge bestimmen damit den Film, bei dem Ozturk und Wilkinson auch selbst Regie führen.


Einerseits zeichnen sie mit Archivmaterial von Waschburn, seinen bestechenden Schwarzweißfotos und alten Interviews mit ihm sowie Statements seines Biographen ein Porträt dieses bedeutenden Bergsteigers, Fotografen und Kartografen, der von 1939 bis 1980 auch Direktor des Boston Museum of Science war und dieses zu einem der bedeutenden naturwissenschaftlichen Museen der USA ausbaute.


Seine Bedeutung für die Entwicklung der Luftfotografie, bei der er mit einer schweren Kamera, bei der alles von Hand eingestellt werden musste, gestochen scharfe Bilder lieferte, wird ebenso angeschnitten wie seine Erstbesteigung des Mount Lucania in Alaska 1937 und die Ehe mit seiner Frau Barbara, die als erste Frau 1947 den Mount McKinley bestieg. Aber auch Washburns traumatischer Unfall mit einem Wasserflugzeug, bei dessen Landung zwei Frauen ertranken, wird nicht ausgespart.


Auf der anderen Seite steht der große Traum des Klettertrios die große Moose-Tooth-Traverse, die Washburn auf einem seiner Fotos festgehalten und eingezeichnet hat, am Stück zu bewältigen. Über Jahre zieht sich dieses Projekt dahin. Nachdem sie beim ersten Versuch gescheitert waren, musste der zweite Versuch verschoben werden, als sich Ozturk bei einem Skiunfall schwer verletzte. Aber schließlich ging es dann doch nochmals los – wenn auch nur zu zweit.


Faszinierend und packend wird "Die unendliche Weite des Himmels - The Sanctity of Space" immer dann, wenn Ozturk und Wilkinson den Bildern und der Erzählung Zeit und Raum lassen, wenn sie mittels des grobkörnigen schwarzweißen Archivmaterials in das Leben Washburns eintauchen lassen oder mit ihrer Helm- bzw. Handykamera an ihrer gefährlichen Klettertour teilhaben lassen.

Deutlich kürzer gehalten als in den Kletterfilmen "Free Solo" oder "The Alpinist" sind diese Szenen zwar, doch dafür sorgt das Gegenüber von aktuellen Kletteraufnahmen und schwarzweißem Archivmaterial Washburns aus den 1930er Jahren für spannende Reibungen. Sichtbar wird dadurch nicht nur, wie sehr sich das Bergsteigen in den letzten 80 Jahren hinsichtlich Ausrüstung und Technik verändert hat, sondern auch die unterschiedliche Intention von Washburn und den beiden Regisseuren. Denn während Washburn Wissenschaftsabenteurer war, dem es bei seinen Touren immer auch um die Erweiterung der geographischen Erkenntnisse und genaue Erfassung des Landes ging, stehen bei Ozturk / Wilkinson der sportliche Aspekt und die Selbstbestätigung im Zentrum.


Allzu oft wird man allerdings aus dieser packenden Gegenüberstellung herausgerissen. Denn nicht nur zu viele kurze und nicht immer ergiebige Statements von unterschiedlichsten Interviewpartnern stören den Erzählfluss, sondern zu viel packt das Regie-Duo auch in seinen Dokumentarfilm. Statt sich auf die beiden Erzählstränge zu beschränken, kommt mit dem Unfall Renans auch noch das Thema der Gefährlichkeit des Kletterns ins Spiel, während Zack Smith über seine nach acht Jahren wegen des Kletterns zerbrochene Beziehung und seinen Rückzug vom Klettern spricht.


Unmotiviert wirkt auch eine kurze Szene von einer Expedition im Himalaya und auch die Kommentare eines Astronauten zu Washburns Bilder bis hin zu seinen eigenen – zweifellos grandiosen - Weltraumbildern mit der alten Kamera des Pioniers führen mehr zu einer Zerfaserung des Films als zur Weitung und Vertiefung des Bildes.


So fehlt teilweise eine klare Linie und erschlagen wird man nicht nur von dem fast durchgängigen Musikteppich, sondern vor allem von dieser Fülle an kurzen Szenen und Kommentaren. Keine Zeit das Gesehene und Gehörte zu verdauen lassen Ozturk und Wilkinson den Zuschauer*innen und ermüden sie dadurch stellenweise.


Aber die hautnahen Kletterbilder des Finales und die raumgreifenden Flugaufnahmen der grandiosen Gletscherlandschaft von Alaska sowie die fantastischen Schwarzweißbilder von Washburn wird man nicht so schnell vergessen. Das größte Verdienst des Films ist aber sicher, dass er mit Bradford Washburn einem zumindest in Europa wohl weitgehend unbekannten, bedeutenden Vertreter der Bergfotografie und Kartografie ein Denkmal setzt und ihn dem Vergessen entreißt.



The Sanctity of Space – Die unendliche Weite des Himmels USA 2021 Regie: Renan Ozturk, Freddie Wilkinson Dokumentarfilm mit: Renan Ozturk, Freddie Wilkinson, Zack Smith, Bradford Washburn, Barbara Washburn, David Roberts, Janet Wilkinson, Paul Roderick Länge: 101 min.


Läuft in den österreichischen und deutschen Kinos


Trailer zu "Die unendliche Weite des Himmels - The Sanctity of Space"


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