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  • AutorenbildWalter Gasperi

Wonka

Wie wurde Willie Wonka zum großen Schokoladenkönig? - Paul King erzählt mit viel Liebe zum Detail und Einfallsreichtum temporeich und in sicherer Balance von Witz, Spannung und Gefühl die Vorgeschichte zu Roald Dahls "Charlie und die Schokoladenfabrik": Ein zuckersüßes Vergnügen für die ganze Familie.


Wenn der junge Willie Wonka (Timothée Chalamet) nach siebenjähriger Weltreise mit einem Schiff im Hafen anlegt, ein Lied anstimmt, von Bord und durch die Straßen geht und schließlich in der Galerie Gourmet seine einzigartige Schokolade präsentiert, wird man schon auf den Zauber und die Leichtigkeit dieses Familienfilms eingestimmt.


Das leicht angeschneite Schiff, die märchenhafte Kulisse der Stadt des frühen 20. Jahrhunderts, die in warme Brauntöne getauchten Bilder, die dynamische Kamera von Chung Chung-hoon und der punktgenaue Schnitt von Mark Everson erzeugen einen Schwung und einen Fluss, die von Beginn an in den Film hineinziehen. Bruchlos entwickeln der "Paddington"-Regisseur Paul King und sein Co-Drehbuchautor Simon Farnaby die Handlung über 117 Minuten, halten sicher die Balance zwischen Witz und Spannung und lassen auch die Gefühle nicht zu kurz kommen.


Da mag Willie Wonka mit seiner Schokolade die Passanten noch so sehr begeistern, so treten doch auch sogleich mit drei geldgierigen Schokoladefabrikanten unversöhnliche Gegner auf, die den Konkurrenten ausschalten wollen. Unterstützt werden sie dabei von einem korrupten Polizeichef ebenso wie von schokoladesüchtigen kirchlichen Würdenträgern, unter deren Kathedrale die Kapitalisten ihr Vermögen lagern.


Der ebenso gutherzige wie leichtgläubige Chocolatier Wonka wird dagegen von einer geldgierigen Pensionsbesitzerin (Olivia Colman) übers Ohr gehauen und landet in deren Waschküche. Gemeinsam mit dem pfiffigen Waisenmädchen Noodle (Calah Lane) und vier weiteren Unglückseligen soll er nun für Jahre festgehalten werden und tagaus tagein Wäsche waschen. Wie dieses Sextett hier geknechtet wird, erinnert stark an Charles Dickens´ "Oliver Twist". Vorhersehbar ist freilich, dass Wonka und Noodle nicht nur die Pensionsbesitzerin bald austricksen, sondern schließlich auch die Schokoladefabrikanten besiegen werden.


Bis dahin ist es aber ein weiter Weg, doch mühelos gelingt es Paul King mit Einfallsreichtum und Liebe zum Detail "Wonka" am Laufen zu halten. Augenfutter bieten die Ausstattung von Nathan Crowley und die Choreographie der Tanzszenen, für Hörgenuss sorgen die Musik von Joby Talbot und die sieben Songs des irischen Singer-Songwriters Neil Hannon, die in die Handlung bestens integriert sind.


Witz erzeugt die markante Zeichnung von Wonkas Helfern ebenso wie der Kapitalisten, des Polizeichefs oder eines Priesters (Rowan Atkinson), der Pensionsbesitzerin (Olivia Colman) und ihres Helfers, aber auch kleiner Nebenrollen wie eines Zoobeamten. Und schließlich gibt es auch noch den nur etwa 20 Zentimeter großen Oompa Loompa (Hugh Grant). Dieser Pygmäe mit orangem Teint und grünen Haaren, der Wonka verfolgt, seit dieser ihm einige Kakaobohnen gestohlen hat, ist eine zwar kleine, aber hinreißende Glanzrolle für Hugh Grant.


Zentrum des Films ist aber ein bestens aufgelegter Timothée Calamet als Willie Wonka. Mit seinem jugendlichen Charme vermittelt der Jungstar überzeugend Wonkas Wunsch, allen Menschen nur Gutes tun zu wollen und sein unverbrüchliches Festhalten an seinen Träumen. Bestens harmoniert er aber auch mit der kleinen Calah Lane, die als Noodle entzückt.


Dazu kommt die schwungvolle Erzählweise Kings, die nie Leerlauf aufkommen lässt. Liebevoll wird so eine in Sepiatöne getauchte kurze Erinnerung Wonkas an seine Mutter eingefügt, während mit einer Zeichnung Noodles Traum von ihrer Mutter illustriert oder mit Grafiken ein Eindruck vom unterirdischen Versammlungsraum des verbrecherischen Schokoladekartells vermittelt wird. Nicht fehlen darf auch ein schwerer Rückschlag nach etwa zwei Drittel des Films, der dann das große und dramatische Finale einleitet.


So wird beste Unterhaltung für Jung und Alt geboten, die nie retortenhaft wirkt, sondern immer die Liebe spüren lässt, mit der hier gearbeitet wurde. Dunkle Töne fehlen bei diesem zuckersüßen Feelgood-Movie zwar, aber immerhin wird treffend mit Kapitalismus und Geldgier abgerechnet und – neben dem spielerischen Aufzeigen der Bedeutung der Lesefähigkeit – vor allem die Kraft von Träumen und der Wert der Freundschaft gefeiert, denn: "Es geht nicht um die Schokolade, sondern um die Menschen, mit denen man sie teilt."


Wonka USA 2023 Regie: Paul King mit: Timothée Chalamet, Calah Lane, Keegan-Michael Key, Paterson Joseph, Matt Lucas, Sally Hawkins, Rowan Atkinson, Olivia Colman Länge: 117 min.



Läuft derzeit in den Kinos


Trailer zu "Wonka"


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