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  • AutorenbildWalter Gasperi

Winchester 73

Aktualisiert: 22. Apr. 2019



Den Kampf um ein Gewehr und eine Rachegeschichte, in der James Stewart den Mörder seines Vaters jagt, verknüpfte Anthony Mann 1950 zu einem der großen Meisterwerke des Western. Bei WVG ist dieser zeitlose Klassiker auf Blu-ray erschienen.


Mit einem langsamen Schwenk folgt die Kamera zwei Männern, die im Bildhintergrund einen Bergkamm entlang reiten, während im Vordergrund der Vorspann abläuft. Die erste Großaufnahme wird keinem Menschen, sondern – wie auch die letzte Einstellung - einem Gewehr gelten. Preis eines Wettschießens, das am 4. Juli 1876 zur 100-Jahrfeier der USA in Dodge City stattfindet ist eine Winchester 73. Ein Insert bezeichnet es als „das Gewehr mit dem der Westen erobert wurde“ und zudem ist es noch eine Spezialanfertigung – „eines unter Tausend“.


Wie die Leute um das Gewehr stehen und es bestaunen, macht dessen Faszination aber auch die Waffenbegeisterung der Amerikaner erfahrbar, gleichzeitig verweist der Kampf, der um diese Waffe bald einsetzen wird und, dass die Handlung vor dem Hintergrund der 100-Jahrfeier spielt, auch auf die Gewalt als zentrale Komponente der US-Geschichte.


Unter das Publikum mischen sich bald auch die beiden Reiter Lin McAdam (James Stewart) und sein Freund „High-Spade“ Frankie Wilson (Millard Mitchell). Das Gewehr interessiert Lin aber nur insoweit, als es einen Mann in die Stadt locken wird, den er schon seit längerem wegen eines zunächst nicht näher bestimmten Verbrechens sucht. Aus Sicherheitsgründen müssen aber alle in der Stadt ihre Waffen abgeben.


Als Lin im Saloon auf den gesuchten Dutch Henry Brown (Stephen McNally) trifft, wollen beide sofort ihren Colt ziehen, müssen aber feststellen, dass sie ihn ja abgegeben haben. Spürbar wird schon in dieser Szene die Aggression, die Gereiztheit, der Hass. Beim Wettschießen werden sie sich einen sportlichen Kampf liefern, bei dem Lin zwar schließlich siegen wird, doch das Gewehr wird ihm Dutch Henry wenig später bei einem Überfall abnehmen.


Während auf der einen Seite nun Lin und „High Spade“ sich auf die Jagd nach Dutch Henry machen, verfolgt der Film auf der anderen Seite das Gewehr, das immer wieder die Besitzer wechselt, bald von einem Waffenhändler von Dutch Henry beim Spiel gewonnen, von einem Indianerhäuptling geraubt, von einem Farmer gefunden und wieder von einem Gangster geraubt wird, bis alle Fäden in Tascosa zusammenlaufen und es in den Felsen vor der Stadt zum langen Showdown zwischen Lin und Dutch Henry kommt.


Während einerseits mit der Geschichte des Gewehrs ein ganzer Katalog klassischer Westernszenen von den Gangstern über das Kartenspiel und ein Paar, das sich auf einer Farm niederlassen will, bis zum Indianerüberfall in meisterhaft verknappter Form durchgespielt wird, verdichtet sich der Film in der Rachegeschichte, in die der Zuschauer erst sukzessive Einblick gewinnt, im Finale zum elementaren Drama und die Geschichte Amerikas wird mit einer düsteren Familiengeschichte kurzgeschlossen.


Leicht könnte so ein Film in seine Einzelteile zerfallen, doch meisterhaft hält Anthony Mann in seinem ersten Western die Zügel in der Hand. Er erzählt, unterstützt vom Drehbuchautor Borden Chase, mit bestechender Ökonomie und Stringenz und verankert die Handlung mit Hilfe der großartigen Kameraarbeit von William H. Daniels brillant in der Landschaft. Die Landschaftstotalen machen hier immer wieder bewusst, welche Zeit es braucht, diese weiten Räume mit dem Pferd zu durchqueren, während die Felslandschaft des Finales kongenial mit der Härte der Konkurrenten korrespondiert.


Hier gibt es keine Sentimentalitäten, die Härte, die die schnörkel- und kompromisslose Erzählweise ausstrahlt, wird noch verstärkt durch die Charaktere. Spielte James Stewart bei Frank Capra in „Mr. Smith Goes to Washington“ und „Isn´t Life Wonderful“ noch den naiven und liebenswürdigen Durchschnittsamerikaner, so ist er hier ein neurotischer, von Rachedurst getriebener auch vor brutaler Gewalt nicht zurückschreckender Westerner.


Das ist kein strahlender Held und auch das Ende verheißt nichts Gutes. Da mögen sich zwar die Saloon-Sängerin Lola (Shelley Winters) und Lin (James Stewart) in die Arme fallen, doch die letzte Einstellung gilt eben der an der Satteltasche hängenden Winchester 73. Anzunehmen ist damit – bei diesem für Anthony Mann typischen offenen Ende -, dass der Kampf um dieses edle Gewehr – und damit wohl auch die gewalttätige Geschichte der USA - weitergehen wird.


An Sprachversionen bietet die bei WVG erschienene Blu-ray die englische Originalfassung, zu der deutsche Untertitel zugeschaltet werden können, sowie die deutsche Synchronfassung. Die Extras umfassen Textdokumente zu den Biografien der Hauptdarsteller und des Regisseurs, zwei achtminütige Super 8-Fassungen des Films, den deutschen und den originalen Trailer sowie eine Bildergalerie.


Trailer zu "Winchester 73"




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