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AutorenbildWalter Gasperi

Wer wir waren


Ausgehend von Roger Willemsens titelgebendem Buch lässt Marc Bauder in seinem Essayfilm sechs Wissenschaftler*innen über Zustand und Zukunft der Welt reflektieren und feiert gleichzeitig in großartigen Bildern den kleinen, aber vielfach schon zerstörten Planeten Erde.


Aus dem Off zitiert Manfred Zapatka Passagen aus dem unvollendet gebliebenen, titelgebenden Buch des 2016 verstorbenen Publizisten und Fernsehmoderators Roger Willemsen. Aus der Zukunft blickt der Autor darin auf eine zerstörte Erde zurück, auf der die Menschen zwar stets ihr Wissen vermehrten, aber keine Einsicht gewannen, um umzudenken.


Rückgrat von Marc Bauders Essayfilm sind die Gedanken Willemsens. Von ihnen ausgehend wendet er sich sechs Wissenschaftler*innen zu, die über ihre Sicht der Welt reflektieren. So blickt der Astronaut Alexander Gerst von der Raumstation ISS auf die Erde, erinnert daran, dass sich die ganze Menschheitsgeschichte auf diesem kleinen Planeten abspielte und wir nur diesen einen Planeten haben.


In assoziativer Montage wechselt Bauder zwischen Bildern der Schwerelosigkeit in der Raumstation und Blicken aus dem All auf die Erde, die auch erschreckend die fortschreitende Vernichtung des Regenwalds aufdecken, zur Meeresbiologin Sylvia Earle, die seit 65 Jahren die Tiefsee erforscht. Nicht nur in Worten, sondern mehr noch in Bildern von Tauchgängen mitten zwischen Fischschwärmen wird die Schönheit des Meeres erfahrbar, gleichzeitig klagt Earle aber auch darüber, dass man zwar für die Raumfahrt große Geldsummen investiere, kaum aber für die Erkundung der Tiefsee.


Wie Bauder geschickt zwischen den Polen Weltraum und Meer pendelt, so auch zwischen diesen Protagonist*innen und dem Wirtschaftswissenschaftler und Präsidenten der Global Solutions Initiative David Snower, der sich entschieden für globale Kooperation und gegen Individualismus einsetzt, denn nur gemeinsam könnten die globalen Probleme gelöst werden. Diese westliche Perspektive wird wiederum ergänzt durch die afrikanische Sicht, die mit dem Sozialwissenschaftler und Philosophen Felwine Sarr ins Spiel kommt, der auf die Folgen des Klimawandels für Afrika, im Speziellen für Senegal, aufmerksam macht und ein entschlossenes Handeln der Industriestaaten fordert, die Hauptverursacher des Problems sind.


Der buddhistische Mönch Matthieu Ricard plädiert wiederum für eine neue Spiritualität, während die Roboterethikerin Janina Loh angesichts der Zerstörungen am verseuchten Strand von Fukushima in Anlehnung an das Chorlied von Sophokles´ Tragödie "Antigone" an die ungeheure Macht des Menschen erinnert, der so viel erschaffen und gleichzeitig auch alles zerstören kann.


In stimmigem Rhythmus verbindet Bauder, der sich selbst zurücknimmt und den Raum ganz seinen Protagonist*innen überlässt, die Statements mit starken Bildern, die durch das Sounddesign noch intensiviert werden. Viel Raum zum Nachdenken lässt er dabei mit wortlosen Bildern der Schönheit und Einzigartigkeit dieses Planeten auf der einen Seite und Bildern der Zerstörung auf der anderen.


Diese Arbeit mit Antithesen bestimmt den ganzen Film. Denn da treffen eben nicht nur Schönheit der Erde und Zerstörung sowie Weltall und Tiefsee aufeinander, sondern eben auch Afrika und die reiche westliche Welt. Das Spiel mit Gegensätzen macht dabei auch bewusst, dass alles miteinander verbunden ist und dass ganz im Sinne Snowers nur ein Blick aufs Gesamte und Kooperation die Lösung des globalen Problems bringen kann.


Pessimistisch wird dieser Dokumentarfilm dabei nie, sondern macht mit dem Engagement der Protagonist*innen vielmehr Hoffnung, dass es noch nicht zu spät ist, zeigt aber auch klar auf, dass es an uns selbst liegt umzudenken und aktiv zu werden.


Läuft derzeit in den Schweizer Kinos, z.B. im Kinok St. Gallen und im Skino in Schaan


Trailer zu "Wer wir waren"


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