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Weapons – Die Stunde des Verschwindens

  • Autorenbild: Walter Gasperi
    Walter Gasperi
  • 17. Aug.
  • 3 Min. Lesezeit
"Weapons - Die Stunde des Verschwindens": Hochspannender Kleinstadthorror à la Stephen King
"Weapons - Die Stunde des Verschwindens": Hochspannender Kleinstadthorror à la Stephen King

Ausgehend vom mysteriösen Verschwinden von 17 Kindern einer Grundschulklasse folgt Zach Cregger den Wegen mehrerer Betroffener und Involvierter: Ein sehr clever konstruiertes, hochspannendes Drama, in das sich langsam Horrorelemente einschleichen.


Nach seinem Kinodebüt mit der Teenagerkomödie "Miss March" (2009) und der Mitarbeit an mehreren Fernsehserien gelang Zach Cregger 2022 mit "Barbarians" ein Überraschungserfolg. Im deutschsprachigen Raum kam der vielbeachtete Horrorfilm aber nie ins Kino, sondern wurde nur auf Disney+ zum Streamen angeboten. Nun legt der 44-jährige Amerikaner mit "Weapons – Die Stunde des Verschwindens" nach.


Alles ist im Grunde schon vorüber, wenn der an Romane Stephen Kings erinnernde Film einsetzt. Im Voice-over fasst eine sanfte Kinderstimme, die bis zum Ende niemandem zugeordnet werden kann, sondern einem Außenstehenden zu gehören scheint, die mysteriösen Ereignisse zusammen: In einer Kleinstadt in Pennsylvania haben in einer Nacht genau um 2:17 Uhr 17 Kinder einer Grundschulklasse ohne sichtbare Fremdeinwirkung ihre elterliche Wohnung verlassen und verschwanden spurlos. Nur ein Schüler (Cary Christopher) und seine junge Lehrerin Justine (Julia Garner) fanden sich am nächsten Tag wieder in der Klasse ein.


Das Voice-over wird von gleitenden Kamerafahrten durch die Kleinstadt begleitet, bereitet aber auch schon darauf vor, dass es letztlich keine Erklärung für die mysteriösen Ereignisse geben wird. Statt nun die mögliche Horrorebene zu bedienen, konzentriert sich Cregger in der Folge auf die realistische Schilderung des Alltags von sechs von den Ereignissen Betroffenen.


In brillant verschachtelter, aber immer übersichtlicher multiperspektivischer Erzählweise wird dabei in sechs Kapiteln, die mit dem Vornamen der jeweiligen Protagonist:in überschrieben sind, hintereinander erzählt, was in den Tagen oder Wochen nach dem Verschwinden der Kinder geschah. Scharnier bilden dabei als erstes und letztes Kapitel die Lehrerin und der einzige Schüler, der nicht verschwand, sich aber passiv verhält und lange eine Leerstelle bleibt.


Meisterhaft weitet sich mit den Perspektivenwechseln, bei denen kleine Überschneidungen für die Verzahnung sorgen, das Bild. Quasi in Kreisen nähert sich so der Film sukzessive dem Kern der Geschichte und zunehmend komplexer werden von Kapitel zu Kapitel die Figuren. Während nämlich die junge Lehrerin zunächst vor allem als nett und besorgt gezeichnet wird, bekommt dieses Bild ebenso bald Risse wie das des mit ihr befreundeten Polizisten Paul (Alden Ehrenreich), aber auch der zunächst cholerisch auftretende besorgte Vater Archer (Josh Brolin) oder der obdachlose James (Austin Abrams) gewinnen rasch an Profil.


Getragen von einem großartigen Ensemble zeichnet Cregger so ambivalente und vielschichtige Porträts, bietet in dichter und schnörkelloser Erzählweise aber auch Einblick in die unterschiedlichen Auswirkungen. Während nämlich gegenüber der Lehrerin eine Hetzjagd der Öffentlichkeit einsetzt, da ja ausnahmslos Schüler:innen aus ihrer Klasse verschwunden sind, versucht der betroffene Vater auf eigene Faust die mysteriösen Ereignisse zu klären.


Große Spannung entwickelt "Weapons – Die Stunde des Verschwindens" dabei durch die dichte Zeichnung der Beziehungsfelder ebenso wie durch die bewegliche Kamera von Larkin Seiple, die in langen Fahrten immer wieder in die Perspektive der unterschiedlichen Figuren versetzt. Aber auch die wunderbar variantenreiche Musik, für die Cregger zusammen mit den Brüdern Ryan und Hays Holladay verantwortlich zeichnet, trägt zur großen atmosphärischen Dichte, aber auch zur Verunsicherung bei.


Kommt echter Horror dabei zunächst nur mit Alpträumen sowie einigen verstörenden Details auf, so wird im Finale die Schraube diesbezüglich kräftig angezogen. Nachhaltig verstören kann diese Kleinstadtgeschichte dabei gerade durch die Reduktion der blutigen Szenen und vor allem durch das letztlich unerklärliche Böse, das im Finale, das Assoziationen an David Lynchs Kleinstadtbild in "Blue Velvet" weckt, in eine alltäglich-realistische und scheinbar heile Welt einbricht.


Das Wort "Witch", das vermutlich der aggressive Archer am Beginn auf das Auto der Lehrerin geschmiert hat, bekommt so vom Ende her gesehen ebenso eine ganz andere Bedeutung wie das Thema Parasiten, das die Lehrerin vor dem Verschwinden der Kinder im Unterricht behandelte.

 

 

Weapons – Die Stunde des Verschwindens

USA 2025

Regie: Zach Cregger

mit: Julia Garner, Josh Brolin, Alden Ehrenreich, Austin Abrams, Benedict Wong, Amy Madigan

Länge: 129 min.

 


Läuft derzeit in den Kinos, z.B. im Cineplexx Hohenems.


Trailer zu "Weapons - Die Stunde des Verschwindens"


 

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