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Was ist Liebe wert - Materialists

  • Autorenbild: Walter Gasperi
    Walter Gasperi
  • vor 4 Stunden
  • 4 Min. Lesezeit
"Was Liebe wert ist - Materialists": Leichthändige dramatische Komödie um das Spannungsfeld von Berechnung und Liebe
"Was Liebe wert ist - Materialists": Leichthändige dramatische Komödie um das Spannungsfeld von Berechnung und Liebe

Nach welchen Kriterien wählt man eine/n Partner:in? Lässt sich Liebe rational erklären? – Celine Song verhandelt in ihrem leichthändig zwischen Drama und Komödie pendelnden zweiten Spielfilm ebenso klug wie unterhaltsam Beziehungsfragen.


Selten sah man wohl einen Spielfilm, in dem so oft die Wörter "Wert", "wertvoll" und "wertlos" fielen? Wie eine Ware werden nämlich die Kund:innen bei einer New Yorker Elite-Partnervermittlung verhandelt. Größe und Vermögen bestimmt den Wert des Mannes, Alter und Aussehen das einer Frau. Selten sind so genannte Einhörner, also Männer, die alle Kriterien erfüllen.


Um den Marktwert zu steigern, unterziehen sich dabei nicht nur Frauen Schönheitsoperationen, sondern auch Männer lassen an sich, sofern sie über das nötige Kleingeld verfügen, eine schmerzhafte Beinverlängerung durchführen, um die optimalen 1,80 Meter zu erreichen.


Aufgabe einer Partnervermittlerin ist es für ihre Klient:innen das perfekte Match zu finden. Das ist nicht immer leicht und mag manchmal auch die eine Seite vom Gegenüber begeistert sein, so verzichtet vielleicht die andere Seite lieber auf ein zweites Date. Zudem kann die Agentur nie mit Sicherheit wissen, ob die Angaben der Klient:innen auch der Realität entsprechen oder geschönt sind.


Celine Song, die in ihrem großartigen Debüt "Past Lives" autobiographisch inspiriert von der Zerrissenheit einer Koreanerin zwischen alter Heimat und neuer Heimat Kanada / USA erzählte, kennt sich im Milieu der Partnervermittlungen aus, hat sie vor zehn Jahren doch selbst vorübergehend als Matchmakerin gearbeitet.


Genau ist ihr Blick auf ihre Protagonistin Lucy (Dakota Johnson). So sicher und top gestylt wie diese in schwarzem Minirock, schwarzer Jacke und hohen schwarzen Stiefeln durch die Straßen von Manhattan geht, so sicher und elegant ist "Was ist Liebe wert – Materialists" inszeniert. Hier kommt kein Leerlauf auf und perfekt greifen die Rädchen ineinander.


Die vierte Wand wird durchbrochen, wenn bald Männer und bald Frauen ihre Kriterien für den perfekten Mann direkt in die Kamera sprechen. Durch den Film zieht sich dabei das Schicksal von Sophie (Zoe Winters), die Lucy unbedingt vermitteln möchte. Im Grunde ist diese Kundin die perfekte Partnerin, doch ihr fehlt das Besondere oder gewisse Etwas.


Da mag sie von einem ersten Date noch so sehr begeistert sein, der betroffene Mann ist es nicht, während andererseits bei einem anderen Date der Mann zu weit geht und ihr Nein ignoriert. So kommen auch sexuelle Übergriffigkeit und Traumatisierung ins Spiel, dennoch bewahrt Songs Film Leichtigkeit.


Das Milieu der Partnervermittlung dient südkoreanisch-kanadischen Dramatikerin, Drehbuchautorin und Filmregisseurin nämlich vor allem als Hintergrund, um anhand der Geschichte von Lucy Kriterien für eine Beziehung zu diskutieren. Für diese Single-Frau beginnt sich nämlich bei der Hochzeit einer ihrer Klientinnen mit Harry (Pedro Pascal) der als Private Equity-Investor arbeitende wohlhabende Bruder des Bräutigams zu interessieren.


Ihm gegenüber steht Lucys Ex-Freund John (Chris Evans), der bei der Hochzeit als Aushilfskellner für die Catering-Firma arbeitet. Ihn hat Lucy verlassen, weil er als erfolgloser Schauspieler kein Geld hat, in einer chaotischen und schäbigen WG wohnt und eine Schrottkarre fährt.


Harry kann ihr dagegen alles bieten, ist eloquent und charmant, führt sie in Luxus-Restaurants und schließlich in sein zwölf Millionen Dollar teures Penthouse in Manhattan. Der Reichtum, der für Lucy immer oberstes Kriterium bei der Partnerwahl war, wird ihr nun geboten. Doch reicht das für eine Beziehung. Denn während Ex-Freund John sofort merkt, wenn es Sophie nicht gut geht, nimmt Harry das nicht wahr.


Wie die Protagonistin in "Past Lives" zwischen ihrem amerikanischen Ehemann und ihrem koreanischen Jugendfreund, für den sie immer noch Gefühle hegt, zerrissen ist, so steht auch Lucy zwischen zwei Männern. Was aber schematisch und klischeehaft klingt, wird dank Songs eleganter Inszenierung, bei der auch Popsongs immer wieder für Atmosphäre sorgen, und treffsicherer Dialoge zu einem ebenso leichthändigen wie stilsicheren Balanceakt zwischen Komödie und Drama. Mehr zum Schmunzeln als zum lauten Lachen regt der Film dabei an und natürlich darf auch die Romantik nicht zu kurz kommen.


Nie wird das aber billig, sondern klug werden Fragen nach den Grundlagen einer dauerhaften Beziehung aufgeworfen. Immer wieder stellt Song dabei der Berechnung die nicht erklärbare und unberechenbare Liebe gegenüber. Wenn die Gespräche zwischen Lucy und Harry bzw. John mehrfach in langen frontalen und distanzierten Einstellungen gefilmt werden und auf Schnitte und Großaufnahmen verzichtet wird, dann lässt Song damit den Schauspieler:innen nicht nur viel Raum und Zeit, sondern vermittelt auch über die formale Ebene die Bedeutung des Aushandelns und Berechnens in einer Beziehung.


Vorhersehbar ist zwar, in welche Richtung das Pendel am Ende ausschlagen wird, doch ist das mit so viel Geschmack und genau dem richtigen Tempo und Timing inszeniert, dass man sich daran kaum stoßen wird.


Zu verdanken ist das auch den drei blendend harmonierenden Hauptdarsteller:innen. Da brilliert Pedro Pascal als durchaus sympathischer Superreicher ebenso wie Chris Evans als armer Schlucker, der mit 37 Jahren immer noch von einem Durchbruch als Schauspieler träumt. Zwischen diesem Duo steht Dakota Johnson als kühle Lucy, die zwischen ihrem Traum von Luxus und ihren Gefühlen zerrissen ist.



Was ist Liebe wert - Materialists

USA / Finnland 2025

Regie: Celine Song

mit: Chris Evans, Dakota Johnson, Pedro Pascal, Marin Ireland, Zoe Winters, Dasha Nekrasova, Louisa Jacobson, Lindsey Broad, Sawyer Spielberg

Länge: 116 min.



Läuft derzeit in den Kinos.



Trailer zu "Was ist Liebe wert - Materialists"



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