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Vier Pfeifen Opium – The Quiet American (1958)

  • Autorenbild: Walter Gasperi
    Walter Gasperi
  • vor 4 Tagen
  • 4 Min. Lesezeit
"Vier Pfeifen Opium - The Quiet American": Melodramatische Dreiecks- und Kriminalgeschichte vor politischem Hintergrund
"Vier Pfeifen Opium - The Quiet American": Melodramatische Dreiecks- und Kriminalgeschichte vor politischem Hintergrund

Im Saigon des Jahres 1952 entwickelt sich eine Dreiecksgeschichte zwischen einem resignierten britischen Journalisten, einem Amerikaner und einer jungen Vietnamesin: Bei Explosive Media (Verleih: Plaion Pictures) ist Joseph L. Mankiewicz´ 1958 entstandene Verfilmung von Graham Greenes Roman "Der stille Amerikaner" auf DVD und Blu-ray erschienen.


Nur drei Jahre nach Erscheinen von Graham Greenes Roman "Der stille Amerikaner" (1955) folgte die Verfilmung. Doch Greene war mit dieser Adaption von Joseph L. Mankiewicz ("Die barfüßige Gräfin") überhaupt nicht einverstanden, sah er darin doch im Gegensatz zu seinem amerikakritischen Roman einen antikommunistischen Propagandafilm für Amerika.


Grund für diese Veränderung der Vorlage soll einerseits gewesen sein, dass der Hauptdarsteller Audie Murphie, sich zur Mitwirkung nur bereit erklärte, wenn die titelgebende Figur des namenlos bleibenden Amerikaners nicht negativ gezeichnet wird, und andererseits die Beteiligung des CIA-Agenten Edward Lansdale am Film. Dieser wurde - laut Greene zu Unrecht - als Vorbild für den Protagonisten angesehen und soll - dies scheint aber nicht zwingend belegt zu sein - großen Einfluss auf das Drehbuch genommen haben.


Während der Film für die deutsche Kinoauswertung um 17 Minuten gekürzt wurde, bieten DVD und Blu-ray die originale 122-minütige Fassung, in der die geschnittenen Szenen in Englisch mit deutschen Untertiteln enthalten sind. Dabei kommt es teilweise allerdings zu unsinnigen Verdoppelungen, wenn der Protagonist im Voice-over der gekürzten Fassung nochmals das erklärt, was zuvor schon in der in der deutschen Fassung geschnittenen Szene gezeigt oder gesagt wurde.


Nach Inserts mit Situierung der Handlung im Saigon des Jahres 1952 und zum politischen Hintergrund mit Kämpfen der französischen Kolonialmacht gegen kommunistische Truppen setzt der Film mit einem pulsierenden chinesischen Neujahrsfest ein. Abrupt bricht die ausgelassene Stimmung aber ab, als ein Toter am Ufer des Mekong gefunden wird.


Der französische Inspektor Vigot (Claude Dauphin) beginnt zu ermitteln und befragt den britischen Journalisten Thomas Fowler (Michael Redgrave) zu seiner Beziehung zum toten Amerikaner (Audie Murphie), hat dieser ihm doch seine junge vietnamesische Geliebte Phuong (Giorgia Moll) ausgespannt.


Ausgehend vom Krimiplot um die Ermordung des Amerikaners setzt so eine fast den ganzen Film umspannende Rückblende ein, in der sich Fowler an die Ereignisse in den vorangegangenen Wochen erinnert. – Alles ist so im Grunde kurz nach Filmbeginn vorüber und Fatalismus liegt damit über der folgenden Schilderung.


Im Mittelpunkt steht dabei die Dreiecksbeziehung, die sich mit der Ankunft des Amerikaners entwickelte und die wachsende Eifersucht Fowlers, der mit seinem Voice-over die Erzählperspektive vorgibt. Den halbherzigen Erklärungen Fowlers, dass er Phuong heiraten wolle, obwohl seine in England lebende katholische Frau eine Scheidung ablehnt, steht die echte Liebe des Amerikaners gegenüber, der Phuong in seine Heimat Texas mitnehmen will.


Gleichzeitig steht aber auch dem Bestreben Fowlers als Journalist stets neutral zu bleiben das offene Engagement des Amerikaners gegenüber, der angeblich für eine Hilfsorganisation arbeitet, in Wahrheit aber die sogenannte "dritte Kraft" unterstützt, die ein sowohl von Franzosen als auch von Kommunisten unabhängiges Vietnam will. Zunehmend wird so auch Fowler in die politischen Ereignisse hineingezogen und lässt sich schließlich aus persönlichen Gründen von den Kommunisten instrumentalisieren, um Phuong zurückzugewinnen.


Auffallend ist, dass Mankiewicz in dieser Graham Greene-Verfilmung, obwohl 1958 entstanden, nicht in kräftigen Farben die exotischen Settings attraktiv ins Bild rückt, sondern in Schwarzweiß gedreht hat. Mehr als an die großen Melodramen der 1950er Jahre erinnert "Vier Pfeifen Opium", dessen deutscher Titel wieder einmal völlig unsinnig ist, so sowohl durch die Präsenz von Europäern und Amerikanern an einem exotischen Ort als auch teilweise durch die Figuren an den Kultfilm "Casablanca".


So kann man im französischen Inspektor Vigot eine Variation von Claude Rains´ Louis Renault sehen, der Club Rendezvous, in dem die Protagonist:innen verkehren, weckt Erinnerungen an Rick´s Café und natürlich fehlt auch eine Dreiecksgeschichte nicht. Andererseits kann man im Kampf Fowlers um seine Geliebte auch eine Parallele zu dem ebenfalls von Graham Greene geschriebenen Klassiker "Der dritte Mann" sehen, in dem Holly Martins (Joseph Cotten) vergebens hofft, das Herz der Geliebten des verstorbenen Harry Lime (Orson Welles) zu gewinnen.


Während man freilich in Greenes Roman im französischen Inspektor eine Personifizierung der abdankenden europäischen Kolonialmacht, im Amerikaner einen Vorverweis auf das wachsende amerikanische Engagement in Südostasien und in Phuong ein Bild für die Rolle der einheimischen Bevölkerung sah, fehlt dieser politische Aspekt im Film weitgehend.


Dies liegt auch an der Zeichnung des Amerikaners als einem Gutmenschen, während der britische Journalist als zwielichtiger Intrigant erscheint, der nur eigene Interessen verfolgt. Mit dem bewusst blass bleibenden Audie Murphie und Michael Redgrave, der Fowler viel Ambivalenz verleiht, sind diese Hauptrollen stark besetzt.


Routiniert ist auch die Inszenierung von Mankiewicz, der nicht in Hollywood, sondern in den römischen Cinecittà-Studios sowie die Außenaufnahmen – angeblich als erste westliche Produktion – in Vietnam drehte. Mit Wendungen und dramatischen Zwischenfällen hält er den Film am Laufen, dennoch wirkt dieses Melodram insgesamt so distanziert und kühl wie Fowler, sodass es kaum mitreißende emotionale Kraft entwickelt. Randnote ohne Vertiefung bleiben auch die Verweise auf den Katholizismus, mit dem der Jude Mankiewicz im Gegensatz zu Greene wohl wenig anfangen konnte.


Spannend ist es aber diese Verfilmung mit der atmosphärisch dichten Neuverfilmung von Philipp Noyce aus dem Jahr 2002 zu vergleichen. In dieser werden nämlich nicht nur die politischen Aspekte der Vorlage stärker herausgearbeitet, sondern auch Bezüge zur US-Politik der frühen 2000er Jahre fehlen nicht (Rezension siehe unten).


An Sprachversionen bieten die bei Explosive Media (Vertrieb: Plaion Pictures) erschienene DVD und Blu-ray die englische Original- und die deutsche Synchronfassung sowie englische und deutsche Untertitel. Die Extras beschränken sich auf die deutsche Kinoversion, den originalen Kinotrailer und eine Bildergalerie.



Trailer zu "Vier Pfeifen Opium - The Quiet American"







 

 

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