Vier Mütter für Edward – Four Mothers
- Walter Gasperi
- 12. Juli
- 3 Min. Lesezeit

Ein aufstrebender irischer Autor steht unter doppelter Belastung, muss er sich doch einerseits um seine betagte Mutter kümmern und soll andererseits die Promotion seines neuen Buchs betreuen – und dann geben noch drei Freunde ihre Mütter für ein Wochenende bei ihm zur Pflege ab: Warmherzige Komödie, die dank der eigenwilligen Damen auch einigen Biss entwickelt.
Das Vorbild der italienischen Komödie "Pranzo di Ferragosto" ("Festmahl im August", 2008 - Rezension siehe unten), in der Gianni Di Gregorio von einem alleinstehenden Römer erzählt, der sich nicht nur um seine alte Mutter kümmert, sondern während der Ferienzeit auch noch drei Mütter von Bekannten in der Stadtwohnung aufnehmen soll, ist bei Darren Thorntons Film unübersehbar. Gleichzeitig haben der irische Regisseur und sein Bruder Colin Thornton, die zusammen das Drehbuch schrieben, aber auch persönliche Erfahrungen einfließen lassen.
Gewidmet haben sie ihre Komödie folglich auch ihrer Mutter Trish, bei der 2016 eine Erkrankung des motorischen Nervensystems diagnostiziert wurde. Bis zu deren Tod 2017 zogen die Brüder so wieder im Elternhaus ein und kümmerten sich gemeinsam mit anderen Familienmitgliedern um die Mutter. Parallel dazu gab es aber auch die Anfrage des Produzenten Jack Sidey bezüglich einer irischen Version von "Pranzo di Ferragosto".
Im aufstrebenden Autor Edward (James McArdle), der anlässlich der Veröffentlichung seines ersten Romans in den USA nicht nur Interviews per Zoom führen, sondern auch eine Leserreise durch die USA machen sollte, kann man so das Alter Ego von Regisseur Darren Thornton sehen, Edwards Bruder, der mit seiner Familie in London lebt, taucht dagegen im Film nie auf, ist nur hin und wieder Gesprächsthema.
Problematisch ist auch Edwards Beziehung zum jungen Pfleger Ref, der ab und zu bei der Mutter (Fionnula Flanagan) vorbeischaut, war Ref doch einst der Geliebte Edwards. Auffallend offensiv für einen Film aus dem streng katholischen Irland wird diese schwule Ebene im Film behandelt, denn neben Edward sind auch seine drei besten Freunde schwul.
Weil diese aber eine Pride Parade auf den Kanaren besuchen wollen, bringen sie kurzerhand ihre Mütter zu Edward, der sich nun um vier alte Frauen kümmern soll. Dabei ist schon die Betreuung seiner eigenen Mutter, die seit einem Schlaganfall nur noch via Tablet kommunizieren kann, nicht gerade einfach.
Ständig nörgelt diese Alma nämlich an Edward herum, hält ihn mit ihren Befehlen auf Trab, andererseits kann sich Edward ihr auch nicht entziehen, sondern fühlt sich stets verpflichtet zu helfen. Eine Panikattacke erleidet er so, als er ein Seniorenheim besucht, um zu prüfen, ob er die Mutter dort für die zehn Tage seiner Leserreise unterbringen kann. Lieber nimmt er sie folglich doch wieder mit nach Hause.
Noch stressiger wird das Leben aber mit den überraschenden Besucher:innen. Da fühlt sich seine eigene Mutter bald im Haus eingeengt und nörgelt wie gewohnt herum. Übers Frühstück gibt es ebenso Diskussionen wie über die Qualität der Betten, während Edward selbst aus Platzgründen im Auto schläft.
Die tiefkatholische Maude (Stella McCusker) möchte ihrem liebsten Hobby nachgehen und eine Beerdigung besuchen, Jean (Dearbhla Molloy) büxt aus, um in einem Pub bei einer Karaoke-Nacht den 1980er Jahre Hit "Wonderful Life" zu singen, der in bitterem Kontrast zum eingeschränkten Leben der betagten Frauen steht, und Rosey (Paddy Glynn) schließlich stellt per Internet den Kontakt zu einer Wahrsagerin her, zu der sie Edward bald fahren soll, obwohl diese sechs Stunden entfernt wohnt.
Hilflos ist Edward den Frauen ausgesetzt, versucht alle ihre Wünsche zu erfüllen, doch zu kurz kommt dabei sein eigenes Leben und seine Arbeit an der Promotion des Buches. Diese wird nämlich durch die Seniorinnen immer wieder gestört, bis er lernt auch auf sich selbst zu schauen.
Überraschungen bietet "Vier Mütter für Edward" kaum, sondern lebt ganz von seinem hinreißenden Ensemble. Da mag auch Edward im Zentrum der Handlung stehen, letztlich wird der Film doch getragen von den vier unterschiedlich gezeichneten, eigenwilligen Frauen, die von Fionnula Flanagan, Dearbhla Molloy, Stella McCusker und Paddy Glynn mit großem Vergnügen gespielt werden. Ihre Widerborstigkeit sorgt auch dafür, dass diese Komödie nie in Sentimentalität abgleitet, sondern immer gut geerdet bleibt.
Gern schaut man so auch dank des empathischen und spürbar von persönlichen Erfahrungen geprägten Blicks Edward und den vier Müttern zu und kann immer wieder schmunzeln. Den Charme von "Pranzo di Ferragosto - Festmahl im August" erreicht dieser irische Ableger allerdings nicht, bietet aber immerhin sehr menschliche und nette Unterhaltung.
Vier Mütter für Edward – Four Mothers
Irland / Großbritannien 2024
Regie: Darren Thornton
mit: James McArdle, Fionnula Flanagan, Dearbhla Molloy, Stella McCusker, Paddy Glynn
Länge: 89 min.
Läuft derzeit in den österreichischen und deutschen Kinos, z.B. im Cinema Dornbirn und im Kino GUK in Feldkirch.
Trailer zu "Vier Mütter für Edward - Four Mothers"
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