top of page

Trois amies

  • Autorenbild: Walter Gasperi
    Walter Gasperi
  • 28. Juni
  • 3 Min. Lesezeit
"Trois amies": Federleichte Tragikomödie über die Flüchtigkeit der Liebe
"Trois amies": Federleichte Tragikomödie über die Flüchtigkeit der Liebe

Emmanuel Mouret erzählt anhand von drei Freundinnen mal komödiantisch, mal bittersüß von der Flüchtigkeit und der Unberechenbarkeit der Liebe: Eine federleichte und dennoch tiefschürfende und bewegende, großartig gespielte und meisterlich inszenierte Tragikomödie.


Emmanuel Mouret gilt als Spezialist für leichthändige Beziehungsfilme und Liebeskomödien. Typisch französisch kann man seine Filme nennen, doch in der Raffinesse und Stilsicherheit der Inszenierung heben sie sich von den meisten der weit verbreiteten französischen Komödien doch deutlich ab. Zuletzt begeisterte der 1970 geborene Regisseur mit dem Liebesfilm "Chronique d’une liaison passagère" ("Tagebuch einer Pariser Affäre", 2022), mit "Trois amies" übertrifft sich Mouret jetzt aber nochmals selbst.


Schon der Einstieg beglückt und begeistert, wenn ein Off-Erzähler Lyon und verschiedene Örtlichkeiten der Stadt als Schauplatz und die drei Freundinnen Joan (India Hair), Alice (Camille Cottin) und Rebecca (Sara Forestier), die an einem Gymnasium unterrichten, als Protagonistinnen vorstellt.


Die Szene stimmt mit dem Blick auf die Stadt nicht nur auf einen in Lyon fest verankerten Film ein, sondern entwickelt durch die musikalische Untermalung mit Beethovens Piano Sonata No. 8 auch große Leichtigkeit. Durch Musikstücke unter anderem von Mozart, Bach und Mendelssohn wird sich diese Stimmung ebenso durch den ganzen Film ziehen wie durch die hellen, lichtdurchfluteten und in warme Farben getauchten Bilder.


Von diesem Ausgangspunkt blickt der Erzähler etwa ein Jahr zurück. Seine Beobachterposition spiegelt sich in der Inszenierung, wenn Mouret zumindest in der ersten Hälfte (weitgehend) auf Schuss/Gegenschussaufnahmen verzichtet und vielmehr in langen halbnahen Einstellungen, in denen die bewegliche Kamera von Laurent Desmet den Figuren folgt, das Geschehen filmt und auch die Zuschauer:innen mehr zu Beobachter:innen macht als sie ins Geschehen zu involvieren.


Bald wird die Stimme des Erzählers auch in Victor (Vincent Macaigne) verortet. Intakt scheint seine Beziehung zu Joan, mit der er auch eine achtjährige Tochter hat, doch während er seine Partnerin innig liebt, muss sie erkennen, dass ihre Liebe geschwunden ist. Berührend sind diese Szenen, weil sie so echt wirken und intensiv erfahrbar machen, wie unberechen- und unkontrollierbar die Liebe ist. Da mag sich Victor noch so liebevoll um Joan bemühen und dabei vielleicht sogar besitzergreifende Züge entwickeln, so wird sie sich schließlich doch unter Tränen von ihm trennen.


Auch dank des großartigen Spiels von India Hair ist Joan das emotionale Zentrum von "Trois amies", während die Geschichten um ihre Freundinnen Alice und Rebecca für komödiantische Töne sorgen und dieser Tragikomödie bei allem Ernst der Themen alles Schwere rauben.


Während Alice ihren Freundinnen gesteht, dass sie zu ihrem Mann Éric (Gregoire Ludig) zwar immer Zuneigung verspürt habe und jetzt auch noch verspüre, ihn aber nie geliebt habe, hat Éric selbst eine Affäre mit Rebecca. Aber auch Alice selbst lässt sich von einem Traum von einer Telefonnummer zu einem Abenteuer verleiten, während sich eine Online-Bekanntschaft Rebeccas als Enttäuschung erweist.


Mit beglückender Leichtigkeit und großer Stilsicherheit verbindet Mouret die Geschichten der drei Freundinnen. Getragen von einem herausragenden Ensemble lässt er seine Protagonist:innen bald in ebenso langen wie großartigen Dialogen über ihre Gefühle reden, rafft Szenen dann wieder in eleganten, nur von Musik begleiteten wortlosen Montagesequenzen.


In begeisternder Balance zwischen Witz und Drama und mit größtem Feingefühl erzählt der 55-jährige Franzose so von der Flüchtigkeit und Unkontrollierbarkeit der Gefühle, von aufflammender Leidenschaft und langsamem Schwinden der Liebe, von Freundschaft, die nicht zu Liebe wird, und von Zuneigung, die letztlich doch mehr Gewicht haben und stärker sein kann als ungestüme Leidenschaft.


Nie wirkt das verlogen, sondern berührt durch seine Wahrhaftigkeit, wirft zurück auf das eigene Leben und feiert auch dieses Leben, wenn der Erzähler Victor abschließend feststellt: "Leben heißt auch, sich Sorgen machen, traurig sein und verloren sein."



Trois amies

Frankreich 2024

Regie: Emmanuel Mouret

mit: Camille Cottin, India Hair, Sara Forestier, Damien Bonnard, Vincent Macaigne, Grégoire Ludig

Länge: 117 min.



Läuft derzeit in den Schweizer Kinos, z.B. im Kinok St. Gallen und im Skino Schaan.



Trailer zu "Trois amies"


Comments


bottom of page