Ein verheirateter Familienvater und eine alleinerziehende Mutter beginnen eine Affäre, die frei von allen Verpflichtungen sein soll: Getragen von den blendend harmonierenden Hauptdarsteller:innen Sandrine Kiberlain und Vincent Macaigne entwickelt Emmanuel Mouret einen federleichten, zwischen Romantik und Tragikomik pendelnden Liebesfilm.
Leuchtende Bilder vom nächtlichen Paris stimmen schon auf den warmen Look dieses Liebesfilms ein. Regen und Schmutz sind fern, in warme Farben sind alle Szenen getaucht, gepflegt sind die Schauplätze von Museen über eine Buchhandlung und einen Park bis zu einer modernen Villa.
Von Anfang an macht Emmanuel Mouret mit dem Insert "Freitag, 28. Februar" auch ernst mit dem Tagebuchcharakter seines elften Spielfilms. Inserts zu Wochentagen und Datum strukturieren "Tagebuch einer Pariser Affäre", manchmal wird mit Zwischentiteln wie "drei Wochen später" oder "zwei Monate später" auch mehr Zeit übersprungen.
Der Fokus liegt dabei ganz auf dem seit 17 Jahren verheirateten Simon (Vincent Macaigne) und der alleinerziehenden Mutter Charlotte (Sandrine Kiberlain). Wie in der ersten Szene, in der sie sich nach dem Kennenlernen auf einer Party in einer Bar wieder begegnen, wird Mouret auch im Folgenden Vincent Macaigne und Sandrine Kiberlain in langen Einstellungen immer wieder viel Raum lassen, um ihre Gefühle auszudrücken und ihren Figuren Profil zu verleihen.
Großartig versteht es dieses blendend harmonierende Duo diesen Raum zu nützen. In jeder Szene spürt man die Sympathie zwischen ihnen. Dem schüchternen Simon, der seine Frau noch nie betrogen hat und der immer ängstlich agiert, steht so die offene Charlotte gegenüber, die von Leidenschaft und Liebeskummer die Nase voll hat und nur noch unverbindliche Beziehungen eingehen will.
So schleppt sie Simon von der Bar in ihre Wohnung ab. Nach der ersten gemeinsamen Nacht sind beide einer weiteren Begegnung nicht abgeneigt. Man will sich miteinander vergnügen, tiefere Gefühle sollen dabei aber nicht aufkommen.
Schnell aufeinander folgen so eine Begegnung in einer Ausstellung, ein Spaziergang im Park, ein Date in der Wohnung eines Freundes von Simon, ein Badmintonspiel oder ein Ausflug aufs Land. Manchmal sind die Treffen auch sehr kurz, denn beide haben ja noch andere Termine und Verpflichtungen. Dennoch verliert man sich nicht aus den Augen. Hoch hält Mouret das Tempo nicht nur mit den schnellen Szenenwechseln, sondern auch mit den ebenso rasanten wie geistreichen Dialogen über ihre Beziehung und die Liebe.
Auf Sexszenen wird dagegen verzichtet. Man sieht das Paar nur bei den Gesprächen davor und danach im Bett liegen. Auch diese Zurückhaltung im Körperlichen verleiht diesem typischen französischen Film Charme und Esprit, macht ihn zu einem intelligenten und nie derben Vergnügen.
Ganz außen vor bleiben dabei die restliche Welt und der Alltag. Nie bekommt man die Familie von Simon oder die Kinder Charlottes, die sie erst spät und beiläufig erwähnt, zu Gesicht. Auch ihre Arbeit spielt abgesehen von einer kurzen Szene, die fast zum Bruch der Beziehung führt, keine Rolle. Nur kurz kommt auch Simons Freund ins Bild, verschwindet dann aber wieder aus dem Film.
Erst als das Paar per Internet Louise (Georgia Scalliet) datet, um mit ihr einmal einen Dreier auszuprobieren, gewinnt eine dritte Figur langsam an Gewicht. Davor liegt der Fokus ganz auf dem Liebespaar, das unbeschwert das Glück einer Affäre genießt, bei der sanft immer auch die Möglichkeit mitschwingt, dass jede Begegnung die letzte sein könnte.
Federleicht kommt so dieser Liebesfilm daher, entwickelt nicht nur durch das Spiel von Kiberlain und Macaigne, sondern auch durch den ausgiebigen Einsatz von Chansons und klassischer Musik sowie die lichtdurchfluteten Bilder viel Romantik, bis schließlich doch auch Melancholie ins Spiel kommt.
Tagebuch einer Pariser Affäre - Chronique d’une liaison passagère Frankreich 2022 Regie: Emmanuel Mouret mit: Sandrine Kiberlain, Vincent Macaigne, Georgia Scalliet Länge: 100 min.
Läuft in den österreichischen und deutschen Kinos, z.B. im Cinema Dornbirn und im Kino GUK in Feldkirch.
Trailer zu "Tagebuch einer Pariser Affäre - Chronique d’une liaison passagère"
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