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AutorenbildWalter Gasperi

Thelma - Rache war nie süßer

Eine 93-Jährige will sich das Geld zurückholen, das sie einem Enkeltrick-Betrüger überwiesen hat: Mit einer wunderbaren June Squibb in der Titelrolle entwickelt Josh Margolin eine warmherzige Action-Komödie, die beiläufig auch Probleme des Alterns thematisiert.


Josh Margolin ließ sich von seiner eigenen 103-jährigen Großmutter Thelma, der er "Thelma – Rache war nie süßer" auch gewidmet hat, zu seinem Langfilmdebüt inspirieren. Am Ende rückt er das Vorbild sogar selbst ins Bild, doch auch davor spürt man im warmherzigen Blick die große Sympathie für diese Seniorin und die genaue Kenntnis der Schwierigkeiten, die das hohe Alter mit sich bringt.


In Thelmas Enkel Danny (Fred Hechinger), der ein ziemlicher Chaot ist und sein Leben nicht auf die Reihe bringt, sich aber liebevoll um seine Großmutter kümmert, kann man so auch das Alter Ego von Josh Margolin sehen. Wenn dieser Mittzwanziger die 93-jährige Thelma gerade nicht in die Geheimnisse des Internets einführt, verbringt die immer noch rüstige Frau den Tag mit Sticken und Fernsehen oder sieht sich wehmütig Videos von ihrem vor zwei Jahren gestorbenen Mann an.


In zügiger Montage wird so der doch recht monotone und einsame Alltag in der ziemlich veraltet eingerichteten, aber geräumigen Wohnung geschildert, gleichzeitig kann man in Großaufnahmen des von tiefen Falten zerfurchten Gesichts die Spuren sehen, die das lange Leben hinterlassen hat.


Mit einer Fernsehausstrahlung von "Mission Impossible" wird aber auch schon eine Fährte gelegt, wohin es in "Thelma" gehen soll. In Gang kommt die Handlung mit einem Telefonbetrüger, der sich als ihr nach einem Unfall verhafteter Enkel ausgibt. Rasch müsse die Großmutter 10.000 Dollar überweisen, damit der Anwalt die Freilassung Dannys auf Kaution beantragen könne.


Thelma fällt auf den Enkeltrick herein und auch eine Anzeige bei der Polizei bringt wenig, sieht man dort doch keine Chance die Täter ausfindig machen zu können. Während ihre Familie die Zeit gekommen sieht, für die Seniorin einen Platz in einem Altersheim zu suchen, will Thelma selbst sich mit dem Verlust des Geldes nicht abfinden und wird aktiv.


Sie versucht Freund:innen zu kontaktieren, muss aber erfahren, dass die meisten schon gestorben sind und entwendet bald ihrem alten Bekannten Ben (Richard Roundtree) in einem Seniorenheim einen Elektroscooter. Der Bestohlene will Thelma aber nicht alleine ziehen lassen, sodass sie sich gemeinsam auf die Suche nach dem Betrüger machen, denn immerhin hat Thelma die Adresse des Postfachs, auf das sie das Geld überwiesen hat, in einem Mülleimer gefunden.


So entwickelt sich eine dem Alter der Protagonist:innen entsprechende entschleunigte Action-Komödie, bei der im Grunde kleine Probleme wie der Gang über eine Treppe und die Bergung einer auf einem Kasten liegenden Schachtel zu einer großen Herausforderung und einem echten Abenteuer werden. Statt mit rasanten Sportwagen gibt es eine Verfolgungsjagd mit Elektroscootern und das Bluetooth-Hörgerät wird mittels Smartphoneverbindung zur Kommunikation verwendet.


Großes Vergnügen bereitet, wie liebevoll Margolin dabei mit spektakulären Action-Krachern wie "Mission Impossible" spielt und dem durchtrainierten Tom Cruise, der seine Stunts selbst ausführt, die rüstige Seniorin gegenüberstellt. Getragen wird dieses Feelgood-Movie aber von der 93-jährigen June Squibb, die erst 1991 im Alter von 61 Jahren in Woody Allens "Alice" ihr Filmdebüt gab, 2014 für ihre Rolle in Alexander Paynes "Nebraska" für einen Oscar nominiert wurde und nun erstmals in einer Hauptrolle zu sehen ist. Mit sichtlichem Herzblut spielt sie diese Thelma, geht in der Rolle ganz auf und führte auch die meisten "Stunts" selbst aus.


Über die smarte Unterhaltung hinaus versteht es Margolin aber durchaus auch beiläufig Probleme des Alterns anzuschneiden. Bruchlos gehen dabei immer wieder witzige Szenen in berührende Momente über, wenn die Trauer über den Verlust des lebenslangen Partners wieder durchbricht, wenn im monotonen Alltag Einsamkeit sichtbar wird oder Thelma klar wird, dass die meisten Bekannten von früher inzwischen gestorben sind.


Gleichzeitig feiert dieses Feelgood-Movie, das das Zeug zum Crowd Pleaser hat, aber das Leben, wenn er der Langsamkeit und zunehmenden Gebrechlichkeit die Entschlossenheit und Wehrhaftigkeit seiner Heldin gegenüberstellt.


So ist "Thelma" bis zur Konfrontation mit dem Betrüger, die ein Wiedersehen mit "Clockwork Orange"-Hauptdarsteller Malcolm McDowell bringt, auch ein Plädoyer für Agilität und Selbstbestimmung trotz hohen Alters. Stimmig gespiegelt wird hier die Protagonistin am Ende in knorrigen Bäumen, die immer noch fest verwurzelt in der Erde stehen und trotz unübersehbarer äußerer Kennzeichen des Alters immer noch leben.


Thelma – Rache war nie süßer USA / Schweiz 2024 Regie: Josh Margolin mit: June Squibb, Fred Hechinger, Richard Roundtree, Clark Gregg, Parker Posey, Malcolm McDowell Länge: 99 min.



Läuft in den österreichischen Kinos. TaSKino Feldkirch im Kino GUK: 13.12. bis 16.12.

Kinothek Lustenau: 13.1., 18 Uhr + 22.1., 20 Uhr LeinwandLounge in der Remise Bludenz: Mi 19.2., 19 Uhr



Trailer zu "Thelma - Rache war nie süßer"




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