The Boy in the Woods – Überleben ist alles
- Walter Gasperi

- 9. Juli
- 3 Min. Lesezeit

Ein jüdischer Junge taucht während des Zweiten Weltkriegs in den polnischen Wäldern unter und muss sich allein durchschlagen: Rebecca Snows berührende Verfilmung der Memoiren des Holocaust-Überlebenden Maxwell Smart ist bei Lighthouse Home Entertainment auf DVD und Blu-ray erschienen.
Nachdem der 1930 in Ostpolen geborene Oziak Fromm nach dem Zweiten Weltkrieg nach Kanada emigriert und den Namen Maxwell Smart angenommenen hatte, schwieg er über Jahrzehnte über seine Erlebnisse während des Holocausts. Erst im hohen Alter brach er schließlich das Schweigen und 2018 erschien sein autobiographischer Roman "The Boy in the Woods: A True Story of Survival During the Second World War". Fünf Jahre später folgte die Verfilmung durch die Kanadierin Rebecca Snow, die Smart schon im Zuge der Arbeit an ihrem Dokumentarfilm "Cheating Hitler: Surviving the Holocaust" (2019) kennengelernt hatte.
Nach Pepe Danquarts Verfilmung von Uri Orlevs Roman "Lauf, Junge lauf" (2013), in dessen Mittelpunkt der jüdisch-polnische Junge Yoram Fridman steht, wird so ein zweites Mal vom Überlebenskampf eines auf sich gestellten Jungen während der NS-Zeit erzählt. Während Fridman dies gelang, indem er seine jüdische Identität verleugnete, überlebte Max (Jett Klyne) durch Flucht in die Wälder.
Inserts informieren über die Deportation der jüdischen Bevölkerung der damals polnischen und heute ukrainischen Stadt Butschatsch. Als auch Max mit seiner Mutter und seiner kleinen Schwester auf einen LKW verladen werden soll, flüchtet der zehnjährige Junge auf Drängen seiner Mutter. – Nur 100 der 15.000 Juden von Butschatsch überlebten den Zweiten Weltkrieg.
Über seine Tante findet Max Aufnahme bei einem polnischen Bauern, doch dieser schickt ihn weg, als ihm die Nazis zusetzen und den Verdacht äußern, dass er Juden verstecke. Beklemmend intensiv macht die an den Beginn von Quentin Tarantinos "Inglourious Basterds" erinnernde Verhörszene den Terror und die permanente Bedrohung spürbar.
Doch auch im Wald, in dem Max in einer Erdhöhle einen Unterschlupf findet, lauern Gefahren, machen doch auch Polen Jagd auf Juden. Immer wieder stellen sich so dramatische Szenen ein, doch den brutalen Jägern steht auf der anderen Seite auch wieder die Menschlichkeit einer Bäuerin gegenüber und im etwa gleichaltrigen Yanek (David Kohlsmith) findet Max auch einen Freund.
Ganz auf Augenhöhe mit dem von Jett Klyne stark gespielten Max erzählt Snow in ihrem Spielfilmdebüt. Emotionale Kraft und Dichte entwickelt ihr Film durch diese Fokussierung. Bewegend wird durch die Nähe der Wechsel zwischen Selbstvertrauen und Verzweiflung, aber auch die Glaubenszweifel und der Wunsch als Christ ein sicheres Leben zu führen spürbar.
Mit der Begegnung mit Yanek kommt auch die Kraft der Freundschaft als Thema ins Spiel. Denn da macht bald Max dem verzweifelten Yanek und dann wieder Yanek Max Mut. Erfahrbar wird so, welche Kraft nötig war, um in dieser verzweifelten Situation den Überlebenswillen nie zu verlieren.
So eindrücklich "The Boy in the Woods" im Blick auf Max und der zurückhaltenden Inszenierung aber auch ist, so sind doch auch gewisse Schwächen des in erster Linie auf ein jugendliches Publikum ausgerichteten Films nicht übersehbar. Während man über die konventionelle Erzählweise noch hinwegsehen kann, stören die allzu aufgeräumten Bilder und die vor allem am Beginn doch zu saubere und gepflegte Kleidung den Gesamteindruck.
Klischeehaft wirkt auch, wie mit der weitgehenden Reduktion der Farbpalette auf Grau- und Blautöne und mit kaltem Licht eine beklemmende Stimmung evoziert werden soll, während Erinnerungen an die Mutter kitschig in Gelbtöne und warmes Licht getaucht sind. Doch so sehr diese formalen Schwächen den Film beeinträchtigen, der jugendliche Protagonist und seine Geschichte sind doch so stark und berührend, dass sie für den Film einnehmen.
Bewegend beglaubigt Snow dabei die Authentizität des Erzählten, wenn sie den Film mit Dokumentaraufnahmen von einem Israelbesuch des alten Max im Jahr 2019 beschließt: Hätte er die alte Frau, die er dort besucht, damals nicht als Baby gerettet, hätte es die Familie, die sie nun umgibt, nie gegeben. – Von seiner eigenen Familie haben dagegen nur er selbst, eine Tante und ein Onkel den Holocaust überlebt, während alle anderen 68 Familienmitglieder von den Nazis ermordet wurden.
An Sprachversionen bieten die bei Lighthouse Home Entertainment erschienene DVD und Blu-ray die englische Original- und die deutsche Synchronfassung sowie deutsche Untertitel. Die Extras beschränken sich auf eine Trailershow zu weiteren bei diesem Label erschienenen Filmen.
Trailer zu "The Boys in the Woods - Überleben ist alles"




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