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Spider-Man: Across the Spider-Verse

  • Autorenbild: Walter Gasperi
    Walter Gasperi
  • 9. Juni 2023
  • 3 Min. Lesezeit

Blockbuster-Kino als rauschhafter künstlerischer Trip: Die Handlung ist in Joaquim Dos Santos, Kemp Powers und Justin K. Thompson Animationsfilm Nebensache, im Zentrum steht das schier atemlose und überbordende Spiel mit Animationstechniken, Bildgestaltung, Comic-Heften und kunstgeschichtlichen Vorbildern. – Ein Filmerlebnis wie ein Museumsbesuch ergänzt durch permanente Bewegung.


Fünf Jahre nach "Spider-Man: Into the Spider-Verse" erleben die Abenteuer des puerto-ricanischen Teenagers Miles Morales eine Fortsetzung. Er ist aber längst nicht der einzige Spider-Man in diesem Animationsfilm, sondern parallel dazu geht es auch um die Spider-Woman Gwen und später tauchen in einem Paralleluniversum schier zahllose Spider-Men von einer schwangeren afroamerikanischen Spider-Woman über einen indischen Spider-Man und einen punkigen Spider-Man bis hin zum klassischen, aber etwas gealterten Peter Parker auf.


Und nicht nur bei Miles, sondern auch bei Gwen geht es um eine Coming-of-Age-Geschichte, um eine Vater-Sohn/Tochter-Beziehung und um die Suche nach Identität. An die Stelle des Gefühls der Isolation aufgrund der vermeintlichen Einzigartigkeit tritt dabei durch die Begegnung mit den zahlreichen anderen Artverwandten die Einsicht, dass man nicht allein ist und andere die gleichen Probleme haben wie man selbst.


Auf der Höhe der Zeit ist "Spider-Man: Across the Spider-Verse" mit Spider-Woman Gwen, die fast gleichberechtigt neben Miles Morales steht und der Gegenüberstellung des klassischen Männlichkeitsbild, das die Väter repräsentieren, und dem verletzlichen jungen Miles.


Inhaltlich wirkt dieser Superhelden-Film mit seinen zahlreichen parallelen Figuren und der Spiegelung der Geschichten aber doch unnötig aufgeblasen und verwirrend. Doch die Handlung ist hier auch Nebensache, denn vom Vorspann an geht es vielmehr darum mit einem visuellen Overkill, einem Spiel mit Formen und künstlerischen Vorbildern das Publikum mitzureißen und zum Staunen zu bringen.


Direkt auf Leonardo da Vinci und dessen Bleistiftskizzen wird so Bezug genommen, wenn der Papiermann Vulture Miles angreift, während andere Szenen an Pop-Art-Kunstwerke von Andy Warhol oder Roy Liechtenstein und wieder andere an Street-Art erinnern. Den kräftigen Farben am Beginn stehen gegen Ende in blasse Farben getauchte Wasserfarbenbilder gegenüber und auch auf schwarzweiße Bleistiftzeichnungen reduzierte Szenen fehlen nicht.


Kurz kommen auch Lego-Figuren vor, das Gesicht eines Mädchens scheint von einem Animé inspiriert und selbst eine kurze Szene mit realen Schauspieler:innen fehlt nicht. Aber auch auf die Comic-Vorlage greift das Regietrio immer wieder zurück, wenn Comic-Covers in die Handlung integriert werden, Textinserts eingeblendet werden oder mit Splitscreen gespielt wird.


Ein rauschhafter, Film gewordener Comic, der die Augen in höchstem Maße fordert, ist dies. Denn keine Zeit wird hier dem Publikum gelassen, um in Ruhe diese großartigen Bilder zu betrachten, sondern in rasender Geschwindigkeit folgt hier eine optische Sensation auf die andere. Dieses Tempo behindert aber letztlich den Spannungsaufbau. Denn einerseits gibt es kaum ruhige Momente, um sich auf die Figuren und ihre Probleme wirklich einzulassen und eine Beziehung zu ihnen aufzubauen, andererseits verhindert das geradezu hektische Vorwärtsdrängen die langsame Steigerung einer Szene.


Was aber auf jeden Fall haften bleibt, ist sein visueller Reichtum, der durch den kraftvollen Soundtrack von Daniel Pemberton unterstützt wird. Seit Robert Rodriguez´ und Frank Millers "Sin City" (2005) gab es vielleicht keinen Animationsfilm mehr, der ein so neuartiges und aufregendes Seherlebnis bot.


Fies ist freilich, wie das Regietrio mit einem klassischen Cliffhanger den Film nach 140 Minuten enden lässt und schon die Fortsetzung "Spider-Man: Beyond the Spider-Verse", der 2024 in die Kinos kommen soll, vorbereitet. – Hoch liegt jedenfalls mit "Spider-Man: Across the Spider-Verse" die Latte für dieses Sequel.


Spider-Man: Across the Spider-Verse USA 2023 Regie: Joaquim Dos Santos, Kemp Powers und Justin K. Thompson Animationsfilm Länge: 141 min.



Läuft derzeit in den Kinos



Trailer zu "Spider-Man: Across the Spider-Verse"


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