
Anfang der 1980er Jahre treten zwei junge Männer in das Priesterseminar von Bratislava ein, doch die kommunistische Regierung versucht die katholische Kirche mit allen Mitteln zu zerschlagen. – In brillanten Schwarzweißbildern evoziert Ivan Ostrochovský eine dichte Atmosphäre der Verunsicherung und erzählt eindrücklich von der Erodierung des Vertrauens durch ständige Überwachung.
Beklemmung löst schon der Auftakt aus, wenn die Kamera einem langsam, auf einer nächtlichen Straße fahrenden Auto folgt. Brillant sind die Schwarzweißbilder von Juraj Chlpik, die mit hellen Straßenlampen und dunkler Umgebung einen starken Kontrast schaffen. Bald stoppt der Wagen und ein offensichtlich toter Mann wird aus dem Kofferraum gezerrt und vor einer Eisenbahnunterführung abgelegt.
Von diesem Einstieg blendet Ivan Ostrochovský 143 Tage zurück und wird erst etwa in der Mitte des 80-minütigen Films zu dieser Szene zurückkehren. Bekanntschaft machte man in dieser Szene aber schon mit Doktor Ivan Frantinek (Vlad Ivanov), einem Mitarbeiter der tschechoslowakischen Staatssicherheit, der bald auch im Priesterseminar von Bratislava zu ermitteln beginnen wird.
In dieses Seminar treten die beiden Freunde Juraj (Samuel Skyva) und Michal (Samuel Polakovic) ein und werden sogleich vom Priester, der für ihre Ausbildung zuständig ist, über den strikten Tagesablauf informiert. Distanzierte statische Einstellungen vermitteln nicht nur dicht diese strenge Ordnung im Seminar, sondern kennzeichnen den ganzen im engen 4:3 Format gedrehten Film und erzeugen ein Klima der Kälte und der Starrheit, die auch die Beklemmung spüren lassen, die die permanente Überwachung durch den Staat und die Angst vor dessen Zugriff auslösen.
"Wir sind nicht hier, um glücklich zu sein", wird der Priester gegen Ende feststellen und so ist auch jeder Moment des Glücks dem zweiten Spielfilm des 49-jährigen Slowaken förmlich ausgetrieben. Auch wenn die Seminaristen Tischtennis spielen, kommt keine gelöste Stimmung auf, Topshots vom Fußballspiel im engen Innenhof verstärken das beklemmende Gefühl einer Gefangenschaft und bei einer Schneeballschlacht steht übermächtig im Hintergrund ein kommunistisches Denkmal. Dazu kommen die karg ausgestatteten weißen Räume, der starke Schwarzweiß-Kontrast, mit dem Kameramann Chlpik und Ostrochovsky durchgängig arbeiten, und ein Soundtrack, der mit metallisch-atonalen Klängen die Beunruhigung immer wieder steigert.
Als im Seminar ein Flugblatt gefunden wird, in dem die Seminaristen aufgefordert werden, nicht mit der Regierung zu kooperieren, und der "Verein der katholischen Geistlichen Pacem in terris“ kritisiert wird, wird die Staatssicherheit aktiv und beginnt zu ermitteln. Diesen Verein hatte die kommunistische tschechoslowakische Regierung 1971 gegründet, um das Band zwischen katholischer Kirche und Vatikan zu zerschlagen. Um die Kirche gleichzuschalten, sollten alle Geistlichen in diese vom Staat kontrollierte Organisation eintreten.
So wird die Führung des Seminars bald zu willfährigen Helfern der Staatssicherheit, da ihr der Erhalt der Ausbildungsstätte über alles geht. Unter den Seminaristen gärt es dagegen und bald tauchen weitere Flugblätter auf. Der zunehmende Druck von außen erodiert aber auch das Vertrauen zwischen den beiden befreundeten Priesterseminaristen, die sich nicht mehr alles erzählen.
Eindrücklich arbeitet Ostrochovsky in diesem formal ebenso konsequenten wie strengen Drama nicht nur ein wenig bekanntes Kapitel der tschechoslowakischen Geschichte und der katholischen Kirche auf, sondern verhandelt auch packend zeitlose Fragen von Anpassung und bedingungslosen Einstehen für seine Position: Dass die Machthaber kein Erbarmen kennen und Letzteres tödlich enden kann, hat freilich schon die Auftaktszene dieses starken Dramas gezeigt.
Läuft derzeit in den Schweizer Kinos, ab 1.12. im Kinok St. Gallen
Trailer zu "Servants"
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