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AutorenbildWalter Gasperi

Selbstverwirklichung statt Rollenmuster: Kate Winslet


Von James Camerons "Titanic" über Sam Mendes´ "Revolutionary Road - Zeiten des Aufruhrs" bis zu Frances Lees "Ammonite". – Immer wieder spielte Kate Winslet Frauen, die sich nicht in Rollenmuster pressen lassen, sondern ihre eigenen Lebensträume verwirklichen wollen. Das Stadtkino Basel widmet der britischen Schauspielerin im Mai eine Filmreihe.


Zum Song "The Gypsy" lernen sich die Schauspielstudentin April (Kate Winslet) und der Hafenarbeiter Frank Wheeler (Leonardo DiCaprio) in Sam Mendes´ "Revolutionary Road – Zeiten des Aufruhrs" (2008) kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs kennen. Der Song verweist schon auf April als Zigeunerin, als Nicht Angepasste und Frau mit großen Träumen, während Frank ohne viel zu denken brav seinen Job macht.

Und noch ehe "The Gypsy" vorüber ist, sind die beiden verheiratet und ihre Schauspielträume nach einem Misserfolg auf der Bühne auch schon vorüber. Wenn sich dann April in der Garderobe abschminkt, dann zeigt das Mendes so deutlich und lange, dass klar ist, dass sie sich hier praktisch ihr ganzes Leben und all ihre Träume gleichzeitig mit dem Make-up abschminkt. Ein heftiger Ehestreit auf einem nächtlichen Highway folgt und man spürt, dass das sicher nicht der erste ist.


Wie der Titel "Revolutionary Road" so verweist auch der Frühlingsname "April" von Winslets Figur auf einen Aufbruch. Nicht fügen will sie sich ins Leben des visionslosen amerikanischen Kleinbürgertums der 1950er Jahre. Es gelingt ihr ihren Mann zu einem Neustart in Paris zu überreden, doch dann kommt eine Schwangerschaft dazwischen.


Wie hier unter der Regie ihres damaligen Mannes Sam Mendes hat die am 5. Oktober 1975 geborene Britin seit Beginn ihrer Karriere immer wieder Frauen gespielt, die sich nicht in die gesellschaftlich vorgegebenen Rollen fügen wollen, sondern ihren Gefühlen folgen, ihren eigenen Weg gehen und ihren Lebenstraum verwirklichen wollen.


Nachdem sie schon mit elf Jahren eine Rolle in einem Werbespot erhalten hatte, spielte sie 1994 in Peter Jacksons "Heavenly Creatures" ihre erste Kinorolle. Drastisch lehnt sie sich in diesem auf einem realen Fall im Neuseeland der 1950er Jahre beruhenden Thriller als Teenager gemeinsam mit ihrer Freundin mit einem Mord gegen die Eltern auf, die ihre lesbische Beziehung unterbinden wollen.


Eine Idealbesetzung war Winslet so auch für Ang Lees Jane Austen-Verfilmung "Sense and Sensibility" (1995), geht es bei der britischen Autorin doch immer wieder um den Konflikt zwischen Vernunft und Gefühlen sowie um gesellschaftliche Zwänge. Nicht weniger markant prallen diese Gegensätze aber auch in James Camerons Welterfolg "Titanic" (1997) aufeinander. Auch hier spielt Winslet mit Rose Dewitt Bukater eine junge Frau, die sich nicht in die gesellschaftlichen Vorgaben und die von der verwitweten Mutter eingefädelte Verlobung mit einem vermögenden Mann fügen will, sondern eine Beziehung mit dem mittellosen Jack beginnt.


Dieses Interesse an der Reibung von Frauen an der Gesellschaft und ihrem Kampf um ein selbstbestimmtes Leben ließ die Britin immer wieder in nicht so liberalen Zeiten spielenden Period Pieces mitwirken. In Todd Haynes Miniserie "Mildred Pierce" (2011) spielte sie so eine aufopferungsvolle Mutter, die versucht sich im Amerika der Weltwirtschaftskrise sich allein durchzuschlagen und ihr Lebensglück zu finden. In Woody Allens "Wonder Wheel" (2017) sehnt sie sich im New York der 1950er Jahre nach einem Ausbruch aus dem öden Alltag als Ehefrau eines Karussellbesitzers auf Coney Island und beginnt eine Affäre mit einem deutlich jüngeren Rettungsschwimmer.


In Frances Lees "Ammonite" (2020) kämpft sie schließlich als Mary Anning nicht nur um die Anerkennung als Fossiliensammlerin in der männlich dominierten Welt der Wissenschaften des frühen 19. Jahrhunderts, sondern auch um ihr persönliches Glück in einer leidenschaftlichen Beziehung.


Aber auch in Todd Fields in den USA der Gegenwart spielendem "Little Children" (2006) verstand Winslet zu begeistern. Differenziert und feinfühlig verkörpert sie hier eine von ihrem Mann kaum beachtete und von ihrem Hausfrauenalltag gelangweilte Frau, die die Sehnsucht sich noch einmal selbst zu finden in eine Affäre treibt.


Groß aufdrehen konnte sie auch in Roman Polanskis Verfilmung von Yasmina Rezas Theaterstück "Carnage – Der Gott des Gemetzels" (2011). Wie sich hier Jodie Foster, Christoph Waltz, John C. Reilly und Kate Winslet bei einem Abendessen, bei dem sie sich über einen Streit ihrer Söhne auf dem Schulhof aussprechen wollen, zunehmend in Rage reden, sorgt für ebenso wendungsreiche wie entlarvende Unterhaltung.


Zwölfmal wurde die 47-Jährige inzwischen für den Golden Globe nominiert und gewann ihn fünfmal ("Revolutionary Road", "The Reader" (2009); "Mildred Pierce"; "Steve Jobs" (2016), "Mare of Easttown" (2022)), siebenmal wurde sie für den Oscar nominiert und gewann die begehrte Statuette für ihre Verkörperung einer KZ-Wärterin in Stephen Daldrys Bernhard Schlink-Verfilmung "The Reader – Der Vorleser" (2008).


Doch trotz der zahlreichen Auszeichnungen lässt sich Winslet nicht auf Charakterrollen festlegen, sondern biegt dazwischen auch immer wieder mal zum Blockbuster-Kino ab. So übernahm sie in den Science-Fiction-Filmen "Die Bestimmung – Divergent" (2014) und "Die Bestimmung – Invergent" (2015) ebenso eine Rolle wie in dem Action-Thriller "Triple 9" (2016) und auch in James Camerons "Avatar 2" (2022) soll sie mitspielen. – Gespannt sein darf man aber auch schon auf das Biopic "Lee" (2022), in dem sie die Fotografin Elizabeth 'Lee' Miller spielt, die im Zweiten Weltkrieg Kriegsberichterstatterin für die Vogue war.


Weitere Informationen zur Filmreihe im Stadtkino Basel und Spieltermine finden Sie hier.


Trailer zu "Revolutionary Road - Zeiten des Aufruhrs"


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