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  • AutorenbildWalter Gasperi

Sechs schwarze Pferde

Weniger ist manchmal mehr: Drei Personen auf einem Ritt durch eine Halbwüste reichen Harry Keller in seinem 1962 gedrehten Western. Die äußere Gefahr durch Indianer ist dabei vorwiegend Katalysator, im Zentrum stehen die gruppendynamischen Prozesse. Bei Koch Media ist der wenig bekannte Western als 60. Titel in der „Edition Western-Legenden“ auf DVD erschienen.


Unvermittelt ist der Einstieg, wenn ein Mann (Audie Murphie) mit einem Sattel in einer Halbwüste unterwegs ist. Das Pferd scheint ihm irgendwie abhandengekommen zu sein. Lang wird er es in der Hitze nicht aushalten, doch dann sieht er sechs Wildpferde, von denen er eines mit dem Lasso einfangen kann. - Diese ungebundenen Pferde korrespondieren mit sechs eingespannten schwarzen Rappen am Ende des Films. Freiheit steht dabei nicht nur Domestizierung gegenüber, sondern Leben auch dem Tod.


Rund vier Minuten kommt "Sechs schwarze Pferde" ohne Wort aus, auch in der Folge wird er immer wieder von den Bildern und der von Maury Gertsmans Kamera prächtig eingefangenen kargen braunen Landschaft dominiert werden. Die Stadt wird kaum eine Rolle spielen, über weite Strecken sind die Protagonisten in der menschenleeren Wildnis unterwegs.


Scheint das Pferd zunächst für den Mann, der Ben heißt, die Rettung, wird es postwendend zu seinem Verhängnis, als eine Gruppe von Cowboys auftaucht und ihn als Pferdedieb hängen will. Einzig der ältere Frank Jesse (Dan Dureya) bewahrt ihn davor, macht sich damit aber die Cowboys zu Feinden. Frank und Ben spannen nun aber zusammen, scheinen sich zu verstehen und reiten gemeinsam in die nächste Stadt.


So kompakt und ökonomisch dieser Beginn inszeniert ist, geht es weiter, wenn Ben mit seinem Eingreifen bei einem organisierten Hundekampf seine Abneigung gegenüber Gewalt und seinen Einsatz für Schwache demonstriert, und das Duo bei einem folgenden nächtlichen Angriff seine Schießkünste unter Beweis stellt.


All das ist im Grunde aber Exposition, die Haupthandlung beginnt, als die blonde Kelly (Joan O´Brien) Ben und Frank bittet, sie gegen gute Bezahlung in eine andere Stadt zu bringen, in der ihr Mann aus sie warte. Da es dabei durch gefährliches Indianergebiet geht, zögern die beiden Männer zunächst, erliegen dann aber doch der Verlockung des Geldes und brechen, – ein Einzelfall für einen Western – begleitet vom Hund, den Ben rettete, auf.


Spannung entwickelt Harry Keller durch die Konzentration auf dieses Trio und das visuelle Wechselspiel von kleiner Gruppe und endlos weiter Landschaft. Zwielichtig erscheint hier bald Kelly, scheint Frank und Ben gegeneinander auszuspielen und auch diese verfolgen unterschiedliche Interessen, will doch Ben im Grunde nur seinen großen Traum vom Rückkauf der elterlichen Farm verwirklichen.


Die Bedrohung durch die Indianer und die Begegnung mit drei Skalpjägern sorgt zwar für gefährliche Momente und Spannung, aber im Grunde sind diese äußeren Bedrohungen vor allem Katalysator, um die gruppendynamischen Prozesse innerhalb des Trios in Bewegung zu setzen. Auch für den Zuschauer sind die Beziehungen und Absichten zunächst unklar, spannend ist es zuzusehen, wie Keller die Geheimnisse langsam lüftet, wie sich die Beziehungen verschieben, Misstrauen und Spannungen sich steigern, bis es zur offenen Konfrontation kommt.


Etwas abrupt ist dann das Ende des knapp 80-minütigen Films, der einige auffallende inhaltliche Parallelen zu Budd Boettichers "Ride Lonesome - Auf eigene Faust" aufweist, andererseits ist es gerade die Schnörkellosigkeit und Kompaktheit, die „Sechs schwarze Pferde“ zu einer kleinen Perle des Genres macht.


An Sprachversionen bietet die bei Koch Media als 60. Titel in der „Edition Western-Legenden“ erschienene DVD die englische Original- und die deutsche Synchronfassung, aber keine Untertitel. Die Extras beschränken sich neben einem Booklet auf den deutschen Kino-Trailer und eine Bildergalerie.

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