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  • AutorenbildWalter Gasperi

Prinzessin


Eine Prinzessin ist die vierjährige Nichte für ihren dem Alkohol verfallenen Onkel. 35 Jahre später hat sich das Blatt aber gewendet und der inzwischen abstinente Onkel macht sich auf, um der drogensüchtigen Nichte zu helfen. – Ziemlich grob gezimmert ist Peter Luisis Film im zweiten Teil, doch starke Hauptdarsteller*innen entschädigen teilweise für diese Schwäche.


Ziemlich am Ende ist der Mittvierziger Josef (Fabian Krüger). Wenn seine vierjährige Nichte Nina (Lia Hahne) feststellt, dass er stinke, kann man das auch förmlich riechen. Verdreckt ist nicht nur seine Wohnung, sondern auch seine halblangen Haare und sein Bart. Ganz dem Alkohol gibt er sich hin, Schnapsflaschen oder ein Flachmann sind sein ständiger Begleiter.


Selbst von Tod und Begräbnis seiner Mutter bekommt er nichts mit: Doch jetzt will Josefs Schwester das gemeinsam geerbte Haus verkaufen. Als er sich widersetzt, zieht die alleinerziehende Krankenpflegerin kurzerhand mit ihrer Tochter Nina im Erdgeschoss ein, während Josef im ersten Stock wohnt. So entwickelt sich ein Kontakt zwischen dem alkoholsüchtigen Onkel und dem kleinen Mädchen. Neuen Lebensmut entwickelt er, spielt auch Babysitter und geht mit Nina in den Zoo oder den Park. Abschwören möchte Josef deshalb dem Alkohol, doch das will ihm nicht gelingen und wird immer wieder rückfällig. Bald vergisst er so Nina im Park, später verletzt er sie im Vollrausch.


Nah dran ist Peter Luisi in diesem 1985 spielenden ersten Teil von "Prinzessin" an seinen Protagonist*innen. Atmosphärisch dicht vermittelt er Josefs Sucht und deren Auswirkungen auf sein Leben. Bauen kann Luisi dabei auch auf Fabian Krüger, der Josef mit Mut zum Hässlichen spielt. Ein Glücksfall für den Film ist aber vor allem die kleine Lia Hahne, die mit ihrem natürlichen Spiel ganz selbstverständlich vermittelt, wie ein kleines Mädchen einen Umschwung im Leben eines Erwachsenen bringen kann.


Mit einem Schnitt überspringt Luisi nach etwa 45 Minuten 35 Jahre und lässt den Film unter veränderten Vorzeichen neu einsetzen. Nun bricht der alte Josef (Matthias Habich), den die Erfahrungen mit der kleinen Nina zum Abstinenzler machten, zur Beerdigung seiner Schwester auf. Als er die Verwandten nach seiner Nichte Nina befragt, erfährt er, dass sie den Drogen verfiel und aus der Schweiz in die Ukraine floh, wo sie inhaftiert wurde. Aus Dankbarkeit dafür, dass Nina ihn einst – wenn auch unbewusst – vom Suff befreite, will er ihr nun in der Ukraine helfen und sie von der Sucht befreien.


So einfühlsam und menschlich bewegend der erste Teil von "Prinzessin" ist, so grob gestrickt und wenig glaubwürdig ist diese zweite Hälfte. Klischees von der Ukraine werden gepflegt, wenn Josef zunächst mittels Bestechung Nina aus dem Gefängnis befreien kann und sie dann wieder im ukrainischen Drogenmilieu suchen muss.


Wie schon in der ersten Hälfte, als die kleine, von Josef vergessene Nina ins Auto eines fremden Mannes stieg, um nach Hause gebracht zu werden, baut Luisi auch hier mit der Flucht aus dem Gefängnis, der Konfrontation mit Dealern oder schließlich der Rückfahrt nach Deutschland immer wieder ansatzweise Thrillermomente ein, spielt diese aber nicht voll aus.

Staffage bleibt hier auch die Ukraine, der Fokus liegt ganz auf den beiden Protagonist*innen.


Und wie im ersten Teil Fabian Krüger und Lia Hahne sind es nun Matthias Habich und Johanna Bantzer, die den Film tragen müssen. Habich ist nun der aufopferungsvolle und stets bemühte Onkel, der bedingungslos um seine Nichte kämpft, während Bantzer hinter dem rauen und kalten Auftreten der Drogensüchtigen, doch auch Verzweiflung spüren lässt.

So sind es die Schauspieler*innen und der empathische Blick, die Luisis sechsten Spielfilm am Laufen halten, und dafür sorgen, dass "Prinzessin" trotz der nicht überzeugenden Dramaturgie berührt und bewegt.



Prinzessin Schweiz / Ukraine 2021 Regie: Peter Luisi mit: Matthias Habich, Fabian Krüger, Johanna Bantzer, Lia Hahne, Anne Haug, Martin Huber Länge: 101 min.


Läuft derzeit in den Schweizer Kinos, z.B. im Kinok St. Gallen und im Skino in Schaan


Trailer zu "Prinzessin"


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