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AutorenbildWalter Gasperi

One from the Heart - Einer mit Herz

Ein Paar trennt sich, verbringt eine Nacht mit einem/einer neuen Traummann/Traumfrau und findet dann doch wieder zusammen. – So simpel die Story ist, so visuell übersteigert ist die Inszenierung von Francis Ford Coppolas 1982 entstandenem Musical, das bei Studiocanal in einem Mediabook in einer 2023 entstandenen Schnittfassung und der ursprünglichen Version mit vielfältigem Bonusmaterial auf Blu-ray erschienen ist.


Mit zwei Millionen Dollar waren zunächst die Produktionskosten von "One from the Heart" angesetzt, stiegen dann aber auf 25 Millionen, sodass Francis Ford Coppola am Ende Insolvenz anmelden musste. Denn nicht nur von den Kritiker:innen wurde der Film vor allem in den USA weitgehend zerrissen, sondern auch beim Publikum floppte er und spielte in den USA gerade einmal 630.000 Dollar ein.


Den Aufwand, den Coppola betrieben hat, sieht man in jeder Einstellung. Er ließ nicht nur einen Straßenzug und die Flughafenhalle von Las Vegas in seinen Zoetrope Studios in San Francisco nachbauen, sondern spektakulär sind auch die einzelnen Räume, die Production-Designer Dean Tavoularis entworfen hat. Großartig versteht Vittorio Storaro diese mit einer gleitenden Kamera in langen Plansequenzen ins Bild zu rücken und eine fulminante Licht- und Farbregie, die mit knalligem Rot und dunklem Blau immer wieder starke visuelle Akzente setzt, betont durchgängig die Künstlichkeit dieses Films.


Von Anfang an betont der Film auch den Bühnencharakter, wenn sich ein samtblauer Vorhang öffnet und am Ende wieder geschlossen wird. Aber auch die Protagonistin Frannie (Teri Garr) agiert quasi auf einer Bühne, wenn sie das Schaufenster eines Reisebüros dekoriert, und auch zahlreiche andere Schauplätze wie die Hauptstraße, ein leerer Tanzsaal mit einem Klavier oder ein "Friedhof der Neonlichter" sind wie Theaterbühnen und nicht wie realistische Schauplätze inszeniert.  


Gebrochen wird der Realismus aber auch durch eine durch und durch ironische Inszenierung. Statt plastische Figuren zu zeichnen, reduziert Coppola sein Paar auf Stereotype und auch ihre Zufallsbekanntschaften sind mit einem verhinderten Pianisten, der sich als Kellner durchschlägt (Raul Julia), und einer Zirkusartistin (Nastassja Kinski) reine Klischees. Sie wirken wie Marionetten des Regisseurs, die er als notdürftige Handlungsträger benutzt, um die Möglichkeiten des Kinos zu demonstrieren und mit visueller Opulenz zu begeistern: Der Zeit voraus war er dabei im Spiel mit dem Stil von modernen Musik-Videos.


In Parallelmontage folgt Coppola Frannie und Hank (Frederic Forrest), trennt sie damit einerseits, bindet sie andererseits mit Überblendungen, durch die sie gleichzeitig im Bild sind, obwohl sie sich an verschiedenen Orten befinden, doch wieder ebenso zusammen wie durch Straßenszenen, in denen sie sich fast begegnen, aber gegenseitig nicht wahrnehmen und so verpassen.


Als Wiederbelebung des klassischen Musicals hat Coppola "One from the Heart" angelegt. Statt in Breitwand hat er so den Film auch wie diese Vorbilder im 4:3-Format gedreht und hat mit Gene Kelly auch den berühmtesten Vertreter des Hollywood-Musicals der 1950er Jahre als Choreograph engagiert.


Im Gegensatz zu den Musicals der 1930er und 1940er Jahren singen die Figuren aber nur selten selbst. Sie drücken so nicht direkt ihre Gefühle aus, sondern vielmehr kommentieren aus dem Off scheinbar allwissend und göttergleich Tom Waits, der auch die Songs komponierte, und Crystal Gayle mit ihrem Gesang die Handlung und sorgen damit gleichzeitig für Distanz.


Einerseits wird so zwar eine klassische Hollywood-Liebesgeschichte erzählt, doch gleichzeitig dekonstruiert Coppola sie, indem er sie aufs Skelett reduziert und die Verpackung wichtiger als der Inhalt ist. So erzählt dieser Liebesfilm über seine Form auch von der Künstlichkeit der Gefühle, die keinen Bestand mehr haben, und einem Leben, das Kinobilder imitiert. Kein Wunder ist so auch, dass der Starregisseur als Schauplatz die Glitzerwelt des Spielerparadieses Las Vegas wählte, denn auch die Liebe erscheint als Glücksspiel, bei dem der Ausgang stets offen ist.


An Sprachversionen verfügen die beiden bei Studiocanal in einem Mediabook erschienenen Blu-ray über die englische Originalfassung und deutsche Untertitel. Bei der originalen Fassung von 1982 gibt es auch die deutsche Synchronfassung, bei der Schnittfassung von 2023 neben deutschen Untertiteln auch englische Untertitel für Hörgeschädigte.


Vielfältig sind die allesamt deutsch untertitelten Extras. Neben einem Audiokommentar von Coppola, der ausführlich auf Details und Hintergründe eingeht, gibt es das 17-minütige Feature "Der Look von 'One from the Heart'", das mit Interviews und Filmszenen einen starken Eindruck von der filmischen Gestaltung vermittelt, ein 22-minütiges Feature zur Besetzung des Films, in dem die Darsteller:innen über ihre Rollen sprechen, sowie ein 25-minütiges Feature zur Choreographie des Films, das neben Interviews mit den Choreografen Gene Kelly und Kenny Ortega auch Ausschnitte von den Proben bietet, einen Restaurationsvergleich und einen spannenden rund 25-minütigen Kommentar von Baz Luhrmann.


Dazu kommen auf der zweiten Blu-ray neben der ursprünglichen Fassung des Films ein Making-of und eine Sammlung geschnittener Szenen, Features zum Elektronischen Kino, zu Coppolas Studio und zu Tom Waits und seiner Musik sowie den Mitschnitt einer Pressekonferenz und die Kinotrailer von 1982 und 2003.


Trailer zu "One from the Heart - Einer mit Herz"



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