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AutorenbildWalter Gasperi

Official Secrets


2003 wurde die britische Übersetzerin Katharine Gun angeklagt, weil sie, um den Irakkrieg zu verhindern, ein Memo des NSA weitergeleitet hatte. – Gavin Hood erzählt Guns Geschichte mit einer starken Keira Knightley in der Hauptrolle als packenden Politthriller um Zivilcourage und die Macht der Presse.


Im Februar 2004 steht Katharine Gun (Keira Knightley) vor einem britischen Gericht und wird vom Richter gefragt, ob sie auf schuldig oder unschuldig plädiere. Die Antwort wird bis zum Filmende offen gelassen und der Zuschauer mit einer den Film umspannenden Rückblende aufgefordert, sich selbst ein Urteil zu bilden.


Als Übersetzerin des britischen Geheimdienstes GCHQ (Government Communication Headquarters) fällt Gun im Januar 2003 ein Memo des amerikanischen Geheimdienstes NSA in die Hände, in dem die britischen Kollegen aufgefordert werden, belastendes Material über mehrere kleine Staaten des UN-Sicherheitsrates zu sammeln. Damit sollen diese gezwungen werden eine UN-Resolution zu unterstützen, die einen militärischen Einmarsch im Irak legitimiert.


Gun ist entsetzt, mit welchen manipulativen Mitteln hier ein Krieg vom Zaun gebrochen werden sollt, und leitet trotz Verpflichtung zur Geheimhaltung das Memo über eine befreundete Friedensaktivistin an die Presse weiter. Als die Nachricht veröffentlicht wird, beginnt eine interne Ermittlung gegen die Übersetzerin, während weltpolitisch die UN-Resolution nicht durchgeht, die USA und ihre Verbündeten aber dennoch und trotz weltweiter Demonstrationen gegen einen Krieg im Irak einmarschierten. Die als Kriegsgrund angegebenen Massenvernichtungswaffen Saddam Husseins wurden bekanntlich nie gefunden und entpuppten sich als Erfindung der Kriegstreiber.


Der Südafrikaner Gavin Hood, der schon 2007 mit „Rendition – Machtlos“ einen packenden Politthriller über die Foltermethoden des CIA nach Terroranschlägen vorlegte, erfindet das Genre nicht neu, erzählt konventionell, aber packend. Souverän verknüpft er mehrere Problemfelder, hält aber den Faden immer sicher in der Hand. Geschickt erhöht er durch die Einbindung von TV-Material von Erklärungen des britischen Tony Blair oder den Schrecken des Irak-Kriegs auch den Authentizitätscharakter seines Films.


Steht zunächst Gun und ihr Dilemma, ob sie das Geheimhaltegebot brechen darf, um einen Krieg zu verhindern, im Zentrum, so gewinnt bald die journalistische Ebene an Gewicht. Akribisch zeigt Hood, wie wichtig, aber auch wie schwierig es für den „Observer“ und dessen Journalisten Martin Bright (Matt Smith) ist, das Memo auf Echtheit zu prüfen und wie schnell ein kleiner Fehler die Aktion in Frage stellen kann.


Dicht evoziert Hood dabei, welches Klima der Angst und Beklemmung sich bei diesen Aktionen, mit denen kriminelle Methoden der Regierung aufgedeckt werden sollen, selbst in einem scheinbar so freien und demokratischen Staat breitmacht. Dem geheimen Taktieren von Geheimdiensten und Regierung, stellt er die Zivilcourage von Gun, die sich als Übersetzerin nicht der Regierung, sondern dem britischen Volk verpflichtet fühlt, und die Bedeutung der Presse gegenüber.


Klassischer Journalismus-Film à la „All the President´s Man“ wird so mit Whistleblower-Filmen wie Oliver Stones „Snowden“ und Bill Condons Julian-Assange-Film „Inside Wikileaks – Die fünfte Gewalt“ verbunden. Aber auch an den jüngst in den Kinos gelaufenen „Red Joan – Geheimnis eines Lebens“, in dessen Mittelpunkt eine Britin stand, die während und nach des Zweiten Weltkriegs wissenschaftliche Geheimnisse an die Sowjets verriet, um durch ein Gleichgewicht des Schreckens einen Krieg der Supermächte zu verhindern, fühlt man sich erinnert.


Wie diese „Red Joan“ setzt sich nämlich auch Gun zum Wohle der Menschen über die beruflichen Vorschriften hinweg. Sie bezahlt dafür nicht nur mit Beschattung und einer Anklage, sondern muss auch erleben, wie der Staat gegen ihren türkisch-kurdischen Mann vorgeht und ihn abzuschieben versucht. Letzteren Aspekt hat Hood sicherlich aus filmischen Gründen dramatisch stark zugespitzt, packt aber natürlich gerade dadurch.


Auf große Action kann der 56-jährige Südafrikaner leicht verzichten, er baut auf starke und stark gespielte Figuren und die dicht entwickelte Handlung. Leerlauf kommt hier nie auf, auch wenn der Ausgang einerseits bekannt, andererseits natürlich allein schon aufgrund der Besetzung der Hauptrolle mit Keira Knightley absehbar ist. – Mitreißendes, intelligentes und engagiertes Polit-Kino, das am konkreten Fall zeitlos die schmutzigen Praktiken von Regierungen anprangert und den Widerstand dagegen feiert, ist das allemal.


Läuft derzeit in den Schweizer Kinos und im Skino Schaan. - Ab 22. November in den deutschen und österreichischen Kinos


Trailer zu "Official Secrets"



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