Alles andere als idyllisch ist die Arbeit auf der abgelegenen Tessiner Alpe d`Arena und dann kommt noch ein mysteriöser Todesfall dazu. Aldo Gugolz verbindet in seinem Dokumentarfilm die Schilderung des harten Älplerlebens mit einem Kriminalfall.
Ein Insert informiert darüber, dass die sterblichen Überreste eines Nordmakedoniers, der auf der in einem Seitental des Onsernonetals gelegenen Alpe d´Arena schwarz arbeitete, zehn Monate nach seinem Verschwinden im Mai 2017 aufgefunden wurden. Dieser Nicola und sein Tod ist das eine Zentrum von Aldo Gugolz´ Dokumentarfilm, das andere ist Fabiano Rauber, der mit seiner hochschwangeren Freundin Eva diese Alp betreibt.
Nicht nur am Beginn bestimmt heftiger Regen den Film, auch später sorgen Regen und nebelverhangene Bilder der Bergregion sowie die Erzählung eines Gehilfen Fabianos über einen Blitzschlag für gespenstisch-mystische Stimmung. Ungeschminkt schildern Gugolz und seine Kamerafrau Susanne Schüle auch das harte Älplerleben mit Melken der Kühe und Ziegen, Käseproduktion und der Arbeit von Eva und ihrer Mutter im Gemüsegarten.
Fern ist hier jede Zivilisation, Strom wird mit einem Generator erzeugt, einzig ein Fußweg führt in diese Abgeschiedenheit. Froh ist man jede Hilfskraft und so schaut Fabiano auch nicht so genau hin, wer sich anbietet und nimmt jeden auf. Derzeit werden Eva von zwei jüngeren Männern unterstützt, die für ein paar Monate mal aussteigen wollen, aber auf Dauer sich dieses Leben nicht vorstellen können.
Per Hubschrauber wird ein Fernsehteam eingeflogen, das Fabiano zum Verschwinden und Tod Nikolas interviewt. Als abgeschlossen wird dieser Fall bald zu den Akten gelegt, bis sich mit der Ergreifung eines Mörders doch wieder eine Spur zu ergeben scheint.
Verknüpft wird dieser bis heute ungeklärte Tod mit Alltag und Biographie Fabianos, der als Sohn Deutschschweizer Hippie-Eltern in den 1970er Jahren im Tal aufwuchs und früh mit Drogen und Alkohol in Kontakt kam. Dass er auch jetzt noch mächtig trinken kann, zeigt sich, wenn er an einem Abend eine ganze Flasche Whisky leert. Kein Wunder, dass er am nächsten Tag vom titelgebenden Traum von Kühen, die auf dem Dach tanzen, bis es einbricht, berichten kann.
Auf jeden Kommentar verzichtet Gulgoz, der die Alpe d´Arena schon vor 30 Jahren als junger Filmstudent kennenlernte. Er vertraut ganz auf die Beobachtung und auf eine Kamera, die in der Nähe zu Mensch und Tier auch das große Vertrauen zwischen Filmcrew und Protagonisten spüren lässt. Ruhig arbeitet er nicht nur heraus, wie Fabiano von seiner Kindheit geprägt ist, sich aber bewusst ist, dass er mit der Geburt seines Kindes Verantwortung übernehmen muss, sondern auch die wirtschaftlichen Schwierigkeiten dieses autarken Bauernlebens.
Schuldgefühle plagen Fabiano einerseits, weil er die Behörden nie über das Verschwinden Nicolas informiert hat, andererseits wird er deshalb auch von der Bevölkerung angefeindet und abgelehnt. Nur noch zu einem Spottpreis will man seinen Käse kaufen, sodass sich die prekäre finanzielle Lage der Kleinfamilie verschärft.
Eindrücklich und spannend erzählt Gulgoz so gerade durch die Konzentration auf dieses Einzelschicksal grundsätzlich vom Traum eines unabhängigen und naturnahen Lebens und dessen Schwierigkeiten in einer globalisierten Welt, aber auch von der Feindseligkeit einer dörflichen Gesellschaft gegen Aussteiger und Außenseiter wie Fabiano.
Läuft derzeit in den Schweizer Kinos. - z.B. im Kinok St. Gallen und im Skino in Schaan
Trailer zu "Kühe auf dem Dach"
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