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Jeanne du Barry - Die Favoritin des Königs

Autorenbild: Walter GasperiWalter Gasperi

Aus einfachen Verhältnissen stammend, erobert die Kurtisane Jeanne du Barry mit ihrem Charme und ihrem frechen und unkonventionellen Auftreten das Herz von Ludwig XV. Doch der Hofgesellschaft ist die nicht standesgemäße Geliebte des Königs ein Dorn im Auge: Prunkvoll ausgestatteter und rund erzählter, aber trotz weiblicher Perspektive konventioneller Historienfilm.


Schon vor mehr als 15 Jahren weckte die Figur der Jeanne du Barry (1743 - 1793) in Sofia Coppolas "Marie Antoinette" (2006), die Asia Argento als bösartige Intrigantin spielte, bei Maïwenn den Gedanken an einen Film über diese Kurtisane. Die erste ist die französische Schauspielerin und Regisseurin damit freilich nicht, denn schon 1919 widmete sich Ernst Lubitsch mit "Madame Dubarry" mit Pola Negri als Dubarry und Emil Jannigs als Ludwig XV. diesem Thema. Weitere Filme wie beispielsweise William Dieterles "Madame du Barry" (1934) oder Christian-Jacques "Madame Dubarry" (1954) folgten. Von Maïwenn durfte man nun eine entschieden feministische Version erwarten, doch ihre auf analogem 35-mm Film gedrehte 20 Millionen Euro-Produktion präsentiert sich überraschend klassisch.


Mittels eines Off-Erzählers rafft Maïwenn nicht nur die Kindheit der als uneheliche Tochter einer Näherin geborenen Jeanne Vaubernier, sondern auch später wird dieser Erzähler mehrfach kurz Ereignisse kommentieren oder zusammenfassen und er wird mit seinen Ausführungen auch den Film beschließen.


In diesem einleitenden Off-Kommentar wird schon deutlich, dass es Maïwenn darum geht das Porträt einer Frau zu zeichnen, die zwar ihren Körper einsetzt, aber auch über Bildung verfügt und stets danach strebt ihre Eigenständigkeit zu bewahren. So wird sie auch nach dem Ruf an den Hof von König Ludwig XV. (1710 - 1774) die Hofregeln brechen, wenn sie nicht wie vorgeschrieben mit kleinen Schritten rückwärts trippelnd sich vom König entfernt, sondern sich einfach umdreht und Ihrer Majestät den Rücken zuwendet oder es wagt, dem König direkt in die Augen zu schauen.


Doch gerade diese Unbekümmertheit Jeannes gegenüber dem strengen Hofzeremoniell scheint dem König zu gefallen und zu imponieren, sodass sie rasch zu seiner Favoritin aufsteigt. Den anderen Damen am Hofe, vor allem den Töchtern des Königs, ist der Einfluss der nicht standesgemäßen Geliebten, die nur durch eine Scheinhochzeit zum Adelstitel kam, aber ein Dorn im Auge. Sie beginnen gegen Jeanne zu intrigieren.


Maïwenn, die auch selbst die Titelrolle spielt, bietet großzügiges und rund erzähltes Ausstattungskino. Detailreich schildert sie die höfische Etikette mit genau geregeltem Ablauf des Tages und Verhaltenskodex. Die prächtigen Räume des Schlosses Versailles und dessen Park rückt Kameramann Laurent Dailland dabei ebenso ausgiebig ins Bild wie die spektakulären Kostüme und Perücken der Hofgesellschaft.


Zurückhaltend spielt Johnny Depp, der sich nach dem Prozess gegen seine Ex-Frau Amber Head auf der Leinwand zurückmeldet, Ludwig XV. als launischen und gelangweilten Monarchen, der durch den Charme und die Unkonventionalität der selbstbewussten Geliebten sichtlich aufblüht. Andererseits erscheint er aber auch so gefangen in den Regeln des Hofes, dass er gegen die intriganten Gegner:innen nicht entschlossen einschreiten kann.


Sehr gediegen ist das inszeniert, erzählt einerseits eine große Liebesgeschichte und bietet andererseits in der ausführlichen Schilderung einen treffenden Einblick in das Regelwerk und die Zwänge am absolutistischen Hof. Immer wieder starke Momente gelingen hier Maïwenn. Haften bleibt beispielsweise eine Szene, in der deutlich wird, dass der kurze und banale Satz "Heute ist viel los in Versailles" der jungen Marie Antoinette über die Anerkennung oder Ablehnung Jeannes entscheidet. Gänzlich ausgespart bleiben freilich politische Entscheidungen und Ereignisse, der Fokus liegt ganz auf dem Leben am Hof.


Mit der Perspektive der du Barry gibt es dabei zwar immerhin einen erfrischend weiblichen Blick, doch insgesamt bewegt sich dieser Historienfilm sehr in konventionellen Bahnen und lässt es an inszenatorischen Überraschungen vermissen. Dank der Schauwerte und der runden Erzählweise kommt zwar keine Langeweile auf, doch wirklich mitreißendes, aufregendes und modernes Kino, das man eigentlich von der Regisseurin von "Polisse - Poliezei" (2011) und "Mon roi – Mein ein, mein alles" (2015) erwartet hätte, wird hier nicht geboten.



Jeanne du Barry Frankreich / Großbritannien / Belgien 2023 Regie: Maïwenn mit: Maïwenn, Johnny Depp, Benjamin Lavernhe, Melvil Poupaud, Robin Renucci, Pierre Richard, Marianne Basler, Pascal Greggory Länge: 113 min.


Läuft jetzt in den Schweizer Kinos, z.B. Kinok St. Gallen - ab 24.8. in den deutschen und österreichischen Kinos


Trailer zu "Jeanne du Barry"


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